Es ist nun sicherlich kein großes Geheimnis, dass Liebesgeschichten nicht zu meinen präferierten Comic-Genres zählen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Die deutsche Weltkriegs-Lovestory „München 1945“ von der ganz frisch preisgekrönten Autorin/Zeichnerin Sabrina „Iru“ Schmatz hatte es mir, besonders des Zeichenstils wegen, schon vom ersten Band an angetan. Nun ist der dritte Band „Zweifel“ erschienen und ich war natürlich gespannt, ob sich die Liebesgeschichte, welche sich in diesem Band auf die nationalsozialistische Vergangenheit der Figuren fokussiert, mit der schwierigen Thematik etwas übernehmen würde... Die Geschichte von „Zweifel“ beginnt dort, wo „Konstanze“ (Link) endet: Die bildschöne Münchnerin Konstanze hat Gefallen am US-Soldaten Daniel gefunden. Langsam, ganz langsam (manche mögen sagen zu langsam, ich finde es genau richtig so) nähern die beiden sich an, während Konstanzes Umfeld darauf oft mit Hass, zumindest aber mit Vorurteilen reagiert. Auch manche Kameraden von Daniel sind mit der sich anbahnenden Romanze nicht einverstanden, ist Fraternisieren doch eigentlich streng verboten... Davon lassen sich die beiden Turteltäubchen aber nicht abhalten, daher treffen sie sich zu Beginn von „Zweifel“ zum romantischen Picknick zwischen den Münchner Ruinen. Als Daniel jedoch beginnt, Fragen zur Nazi-Vergangenheit zu stellen, kippt die Stimmung plötzlich... In der zweiten Hälfte des Buches muss sich Konstanze wieder mal mit der Ablehnung ihrer Beziehung mit Daniel auseinandersetzen. Zudem muss sie erleben, dass nicht alle amerikanischen Soldaten so tugendhaft und liebevoll wie Daniel sind. Das Leben der Figuren in der NS-Zeit ist das zentrale Thema dieses dritten Bandes. Dabei konzentriert sich die Geschichte, auch wenn sie die Vergangenheit der Nebenfiguren anreißt, natürlich primär auf Konstanze, welche an einer Stelle auf Daniels Frage antwortet: „It's not that simple. And I don't know if I got the answer you are searching for.“ (die Dialoge sind wieder landestypisch, daher die Amerikaner sprechen englisch, die Deutschen deutsch oder häufig auch bayrisch – sehr gut für die Atmosphäre :-D). Autorin Sabrina „Iru“ Schmatz begeht dabei glücklicherweise nicht den Fehler, ihre Protagonistin als moralisch einwandfreie Musterfrau darzustellen, sondern porträtiert sie als zwar nicht unbedingt begeisterte, aber doch opportunistische Mitläuferin. Geprägt von einem regimekritischen Vater, um welchen sie sich große Sorgen macht, aber umgeben von einem verblendeten sozialen Umfeld, versucht sie irgendwie über die Runden zu kommen. Das opportunistische oder angstgetriebene Mitlaufen, besser vielleicht sogar das Geschehenlassen, obschon man von den Verbrechen des Nazi-Regimes weiß oder es zumindest ahnt, ist dabei ein zentrales Element in der Vergangenheit der handelnden Figuren. Durch diesen notwendigen Schritt, dem bisher recht blütenweißen Charakter Konstanze einen (leichten) grauen Anstrich zu verpassen, bekommt die Protagonistin endlich ein wenig mehr Tiefe :-) Sicherlich könnte die Handlung auch aus geschichtlicher Perspektive etwas tiefer gehen, aber primär handelt es sich bei „München 1945“ ja immer noch um eine Liebesgeschichte. Ich hoffe einfach mal, dass es noch ein Hintergrundkapitel zum Nazi-Antagonisten Roman geben wird, welches dann nebenbei auch gut Daniels Frage beantworten würde ;-) Leider wird das aber dauern, denn der vierte Band kommt erst 2018. Aber ich möchte der Autorin/Zeichnerin Sabrina „Iru“ Schmatz alle Zeit der Welt geben, damit sie ihre Comic-Reihe weiter verbessern kann :-) Zeichnerisch ist sie mit ihrem skizzenhaften Bleistiftstil, der eine gute Prise Manga beinhaltet, wieder über alle Zweifel erhaben (auch wenn man einigen wenigen Panels bemerkt, dass die Deadline immer näher rückte). Besonders aber erzählerisch hat sie gerade zum Auftaktband „Die Befreier“ (Link) große Fortschritte gemacht, das Erzähltempo und auch die Gewichtung der Handlungsebenen klappt nun wesentlich besser. Auf dem gleichen hohen Niveau ist die Druckqualität vom Verlag „Schwarzer Turm“ geblieben, sodass man 8 € für eine 64 Seiten starke Klappbroschur bedenkenlos ausgeben kann. Fazit: Die Weltkriegs-Lovestory „München 1945: Zweifel“ (Link) hält das qualitative Niveau des Vorgängers :-) Die eigentliche Liebesgeschichte geht diesmal zwar kaum voran, doch ist der diesmalige thematische Fokus einfach notwendig gewesen, damit die Serie in ihrer Gesamtheit all das Potential an Tiefe und emotionaler Wucht entfalten kann, welches in ihr schlummert.
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