Ein Termin, auf den ich mich schon sehr lange gefreut habe, ist die „ApoCon“ in Coburg. Diese Veranstaltung ist im Prinzip ein auf drei Tage aufgeblasener „Spieletreff“, der sonst regulär immer einmal im Monat einen Nachmittag/Abend lang am ersten Samstag des Monats in der „CoJe“ stattfindet. Hier treffen sich dann Rollenspieler, Tabletopler und Sammelkarterspieler um gemeinsam dem Hobby zu frönen. Wie gesagt, die „ApoCon“ ist dasselbe in groß: Vom 8. bis zum 10. August konnte diesmal gespielt werden. Insgesamt war ich zwei Tage vor Ort und möchte euch im ersten Teil von meiner „Roanoke“-Spielsession am Freitag Abend berichten. Die führte meine Mitspieler und mich nämlich, wie man auf dem Bild schon erahnen kann, in den überraschend grausamen Wilden Westen… Pünktlich um 18:30 war ich zur Spieleverteilung des Abends anwesend. Für die an diesem Tag rund 20 Spieler waren ganze 5 RPG-Runden und ein Cthulhu-Brettspiel im Angebot (zu den „normalen“ Spieletreffs sind es leider oft viel zu wenige Spielleiter für zu viele Spieler). Ich entschied mich für das von „meinem“ Christian angebotene „Roanoke“. Von diesem Spiel und auch den dahinter stehenden „Wushu“-Regelwerk hatte ich zwar noch nie was gehört, aber ich wusste dass ich bei Christian gute Qualität erwarten würde (und um mal vorzugreifen: Ich wurde nicht enttäusch!). Der Ort des Geschehens war das noch ungezähmte Amerika im Jahr 1847. Die Story: Ein Treck von Siedlern macht sich auf den Weg zum Pazifik und gerät dabei in Schwierigkeiten. Ausgelegt war das Abenteuer für 3 – 5 Abenteuer, wobei wir Glück hatten und „mit Müh und Not“ neben Verena und mir noch den Thomas als dritten Spieler anwerben konnten. So war die alte, gut harmonierende Truppe von Christians Zombie-RPG Anfang des Jahres fast wieder komplett und Spaß konnte losgehen! Die Regeln des auf dem „Wushu“-System basierenden Spiels waren überraschend einfach, wie man auch anhand des sehr übersichtlichen Charakterbogens erkennen konnte: Gespielt wurde mit einem Pool aus W6 in jeweils 2 Farben, wobei man den Fähigkeitenwert nicht überschreiten durfte. Insgesamt 3 Fähigkeiten (eine mit Wert 5, eine mit Wert 4, eine mit Wert 3) mussten relativ frei bestimmt werden sowie eine Angst (Wert 1). Alle anderen Proben wurden mit Wert 2 abgehandelt. Das Geniale an dem System ist nun, dass man die Anzahl der zur Verfügung stehenden Würfel durch die Qualität der eigenen Aussage beeinflussen konnte. Je genauer, umfangreicher und kreativer die beschriebene Aktion, umso mehr Würfel standen zur Verfügung. Außerdem konnte die Menge der Würfel dann auf Angriffs- und Verteidigungswürfel aufgeteilt werden und es gab „Gummipunkte“ – Oder waren es Lebenspunkte? So genau hab ich das dann doch nicht verstanden ;-) Mein Charakter hieß „Berschku Nickel“ und war ein gescheiterter Zirkus-Dompteur, der sich in der neuen Welt ein besseres Leben erhoffte. Als besondere Fähigkeiten hatte ich „Zaubern mit Chemie und Geschick“ (z.B. Feuerwerk, Kartenspielertricks, Kaninchen im Hut verschwinden lassen), „Tiere bändigen“ und „Akrobatik“ ausgewählt – Was man so im Zirkus alles brauchen könnte! Angst hatte mein Charakter vor der Ordnungsmacht, also Polizisten und Soldaten. Ein im späteren Spielverlauf doch ziemlich großer Makel, wie ich feststellen musste :-( Verena spielte eine Zigeuner-Dame (darf man das noch sagen heutzutage?) und Thomas einen Indianer. Nachdem sich unsere kleine Gruppe einem Treck in Georgetown angeschlossen hatte, mit dem Ziel beim Californischen Goldrausch dabei zu sein, zogen wir auch schon los. Die ersten Monate verliefen relativ ereignislos, außer dass sich noch ein paar Zuzügler anschlossen. Als wir schließlich die Sierra Nevada erreichten und es dort schon im Oktober schneite, versuchte uns ein Ortskundiger von einer Abkürzung zu überzeugen. Hätten wir die mal besser genommen, denn so steckten unsere Planwagen plötzlich irgendwo bei Sturm und Schnee fest. Zwar konnte die Gruppe und auch das mitgeführte Vieh in einer Höhle Schutz finden, doch an eine Weiterreise würde erstmal nicht zu Denken sein… Die Vorräte gingen langsam zur Neige und so versuchte unser kleiner Trupp trotz mannshohen Schneewehen auf die Jagd zu gehen. Als wir zurück kamen, sahen wir das Unglaubliche: Ein großer Kessel mit leckerem Gulasch köchelte! Leider war da dann aber kein erlegtes Tier drin, sondern einer der Mitreisenden… Ja, und das mit der tiefen Stimme von Christian bei schummrigen Licht erzählt – Da geht der Horror im Kopf so richtig los ;-) Hier war dann eine moralische Entscheidung fällig: Hungern oder Essen? Thomas entschied sich für das Fleisch, Verena und ich hielten uns erstmal zurück und zehrten an einer Notration Texas Chili. Der nächste Tag brach an und wir gingen diesmal erfolgreich auf die Jagd. Das Fleisch schmeckte dann Verena und mir auch erstmal ganz gut, nur bemerkten all die kannibalischen Fleischesser (also auch Thomas) dass es einfach mal viel kräftigender und leckerer ist die Mitmenschen aufzuessen… In der Not frisst der Teufel bekanntermaßen Fliegen, und so schien es für all die Anderen irgendwie selbstverständlich dass nach jedem unserer täglichen Jagdausflüge ein weiterer Siedler plötzlich im Kochtopf gelandet war… So ging es dann bis Ende Januar, die Anzahl unserer Siedler-Gruppe verringerte sich immer mehr, und Verenas und mein Charakter hungerten sich mehr schlecht als recht durch den Winter. Es war schon Januar, als wir mit letzter Kraft einen Bären in einem dramatischen Kampf erlegt hatten. Als aber auch dessen Fleisch aufgebraucht war, probierte mein Charakter dann vom „verbotenen“ Fleisch. Und in der Tat, man fühlte sich gleich viel besser! Auf zu neuen Taten! Also haben wir gegen den Gruppenanführer intrigiert und ihn nach einem dramatischen Kampf auch in den Kochtopf geworfen. Der hatte dann glücklicherweise eine Karte bei sich, auf der ein nur 4 Tagesmärsche entfernter Außenposten vermerkt war. Den haben wir dann trotz aller wetterbedingter Widrigkeiten auch erreicht und prompt wurde uns Hilfe gewährt. Ein vierköpfiger Stoßtrupp ging mit Thomas und mir zurück zur Höhle, während Verena im Außenposten blieb und erfolglos versuchte, den Kommandanten vor unserer Gruppe zu warnen… Aber es kam natürlich, wie es kommen musste: Die Kannibalen konnten beim Anblick des Frischfleisches nicht an sich halten und zogen, angelockt von so viel „köstlicher“ Nahrung, zum Außenposten um ihn zu „ernten“. Verenas Charakter konnte im allerletzten Moment fliehen und so endete die Geschichte doch so offen, dass ich eine Fortsetzung der Geschichte erhoffe: Während es sich unsere Kannibalen nun im Fort bequem machten und als Soldaten verkleidet arglose Reisende anlocken und überfallen konnten, musste sich Verenas sichtlich ausgehungerter Charakter durch die Wildnis zur Zivilisation vorkämpfen. Wird sie es schaffen? Und wir ihr dort jemand glauben? Ich gebe zu, auch wenn die Geschichte auf einer wahren Begebenheit (Link) beruht ist sie doch sehr makaber gewesen. Aber eben auch unfassbar spannend und durch Christian sehr atmosphärisch herübergebracht worden. Und durch das „Wushu“-System gelang es auch eher zurückhaltenden Spieler wie mir packende Szenen zu beschreiben – Kurz: Christian, ich will mehr davon!!!