Wie die meisten Comic-Lesenden, die nicht bereits den dritten Verlagswechsel der dystopischen Near-Future-Reihe „Golden City“ mitgemacht haben, war auch ich bei der Lektüre des 10. Bandes „Niedrige Erdumlaufbahn“ (Link) und sogar noch mehr beim Nachfolger „Die Flüchtigen“ (Link) hart verwirrt: Die schwimmende Großstadt gibt es nicht mehr, beziehungsweise unter gleichem Namen als Weltraumstation, und deren Chef Harrisson ist plötzlich ein afrikanischer Freiheitskämpfer, über dessen Verbleib selbst seine Co-ProtagonistInnen nicht wissen. Was zum Teufel ist da denn schief gegangen??? Vor allem, weil es doch immer ziemlich gut aussah, denn Milliardärssöhnchen Harrission Banks war ein echtes Stehaufmännchen. Immer wieder überlebt er jede Intrige und jeden Anschlag, auch mit Hilfe der „Strandpiraten“, einem Anarcho-Grüppchen mit dem Herz am rechten Fleck. Aber in der nunmehr dritten Gesamtausgabe, welche auf 144 Seiten die Kapitel beziehungsweise Einzelbände 7-9 zusammenfasst, scheinen die Bösen irgendwie doch zu gewinnen! Denn – und ich zähle das nicht als Spoiler, weil der 10. Band ja bereits 2016 erschienen ist, da hatte jede(r) genug Zeit sich die Infos zu holen :-P – die „Golden City“ versinkt auf den Meeresboden! Eine fiese Söldnertruppe, die eigentlich nur vier Ratsmitglieder entführen soll, zwingt die schwimmende Stadt erst zu einem Tauchgang in 3000 Meter Tiefe (das hält die Konstruktion problemlos aus), bevor ein Torpedo ein riesiges Loch in die Hülle reißt (das hält die Konstruktion dann leider nicht mehr aus). Schock! Also ganz unironisch, wenn man diese Comic-Reihe in der richtigen Reihenfolge liest, ist das schon ein echter Schreckensmoment! Dabei geht der Autor Daniel Pecqueur ziemlich schlau vor, denn während man die zerstörte Stadt bereits zu Beginn des 8. Kapitels sieht (und der Angriff bereits im 7. Kapitel thematisiert wird), erfährt man erst ganz zum Schluss des 9. Kapitels, was überhaupt zum Untergang geführt hat. Selten haben ich mich da so rasch durch einen Comic gefräst, um herauszufinden, das denn nun passiert ist ;-) Leider musste ich mich dabei auch durch ein paar parallel laufende B-Plots kämpfen, die einerseits für sich genommen durchaus solide waren und auch ein paar mehr Hintergrundinfos zu den Strandpiraten brachten, die andererseits jedoch das immer wiederkehrende Erzählkonzept der „Golden City“-Saga aufzeigten. Langsam bleibt mir eigentlich nichts anderes übrig, als mich über Pecqueuer lustig zu machen, auch wenn das etwas respektlos ist. Denn man muss ihm zugestehen, dass er spannende Szenarien mit unerwarteten Story-Twists entwirft. Aber das hält ihn nicht davon ab, vor diesem Hintergrund in einem JEDEM! EINZELNEN! BAND! immer und immer wieder die gleiche Entführungsgeschichte zu erzählen, bei dem irgendwelche Strandpiraten erst von fiesen Leuten entführt werden, nur damit dann die anderen Gruppen-Mitglieder (mal mit, mal ohne Harrisson eine Rettungsmission starten und dabei plötzlich ihre Killerinstinkte erwecken. Und dann ist das Kapitel zu Ende, schön war's, aber im nächsten Kapitel passiert eine nahezu identische Geschichte. Der einzige Unterschied ist jeweils nur, ob ein Mann oder eine Frau entführt wird, denn im letzteren Fall wird gleich noch ne Vergewaltigung angedroht... Das klingt jetzt negativer, als es eigentlich gemeint ist, denn nach wie vor unterhalten mich die „Golden City“-Comics ganz hervorragend. Und bei den „regulären“ Einzelausgaben, welche der kleine Augsburger Verlag „Bunte Dimensionen“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) in schöner Regelmäßigkeit aller 1 – 2 Jahre publiziert, fällt das dann auch nicht groß auf. Wenn man aber mehrere Bände am Stück liest, vielleicht sogar die Gesamtausgaben (die ja immer drei Einzelbände bzw. Kapitel enthalten), dann springen den Lesenden die Kritikpunkte deutlich ins Auge ;-) Viel Spaß macht diese dystopische Comic-Reihe aber trotzdem, denn das eigentliche Near-Future-Setting ist ein interessantes Gedankenspiel, die Action ist knallig und die Zeichnungen sind sehr stylisch. Fazit: Die „Golden City: Gesamtausgabe #3“ (Link) zeigt einmal mehr die zahlreichen Stärken und wenigen Schwächen dieser dystopischen Comic-Reihe. Wer die anderen Bände mochte, wird auch die hier enthaltenen Kapitel 7-9 mögen :-)
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