Ein Börsencrash, also ein extremer Kursverlust an der Börse und das Platzen einer Spekulationsblase, ist kein ausschließlich modernes Phänomen. Denn bereits 1637 verspekulierten sich viele Holländer mit Optionsscheinen auf Tulpenzwiebeln. Dieses historisch bedeutende Ereignis verarbeitet Rocky Bogdanski in seinem 2-Personen-Spiel "Amsterdam 1637". Hallo Rocky. Stell Dich doch bitte erstmal den LeserInnen vor.
"Hallo, mein Name ist Rocky Bogdanski, Jahrgang 1989, und ich komme aus dem schönen Ruhrgebiet – genauer gesagt Dortmund. Ich bin Lehramtsstudent an der TU Dortmund und arbeite nebenberuflich als Croupier in der Spielbank Hohensyburg."
Wie kamst Du dazu, nun auch selbst als Brettspiel-Autor eigene Spiele zu entwickeln? Und wie verlief Deine Brettspiel-Karriere?
"Angefangen hat alles mit simplen Hausregeln für diverse Spiele. Diese Regeln etablierten sich so gut, dass ich bald von Freunden und Bekannten vermehrt gefragt wurde, ob ich es nicht selber mal versuchen wollte Brettspiele zu entwickeln. Das war der Startschuss für dieses tolle Hobby, welches ich zusammen mit meinem Cousin Kai Wetzel gemeinsam 2014 begonnen habe. Seitdem haben wir zusammen 4 originelle Spielideen entwickelt, wovon eine kleine Spielidee „SIGNS“ im letzten Jahr über die Spieleschmiede im Crowdfunding realisiert wurde. Ein kleiner feiner Erfolg. 2016 war ich auch für den Nachwuchsförderpreis für Spieleautoren der Jury „Spiel des Jahres“ nominiert und war schon ziemlich stolz, dass ich da unter die letzten fünf Teilnehmer gekommen bin. Mittlerweile entwickele ich auch vermehrt alleine Ideen, weil mein Cousin bedingt durch sein Medizin-Studium sehr eingespannt ist."
Stell Dein Spiel "Amsterdam 1637" doch bitte mal den LeserInnen vor.
"Aktuell arbeite ich viel an meinem komplexeren 2-Personen-Spiel „Amsterdam 1637“. Mit diesem Spiel wird die historisch einzigartige Tulpenmanie spielerisch inszeniert. Zudem schafft es diese Spielidee den Klassiker „Mühle“ mit Spielelementen des „Worker-Placements“ modern zu interpretieren. Die Spieler schlüpfen dabei in die Rolle eines Händlers zur Hochphase der Tulpenmanie und versuchen zu dieser Zeit den meisten Gewinn zu erwirtschaften oder dafür zu sorgen die direkte Konkurrenz vom Markt zu verdrängen."
Wie funktionieren die Regeln?
"Grundsätzlich müssen die Spieler in einer Spielrunde immer abwechselnd einen Zug im Mühlefeld machen und anschließend einen der 3 Kegel „Worker“ auf dem Spielfeld platzieren. Dabei muss man sich gut überlegen, welche der zahlreichen Möglichkeiten man auf dem Spielfeld nutzt. Man kann seine Strategie auf viele Tulpenzwiebeln auslegen, dann sollte man aber das Auktionshaus gut im Auge behalten, denn bricht dieses zusammen verlieren alle Zwiebeln augenblicklich ihren Wert. Wer zu diesem Zeitpunkt auf den Verkauf von Tulpenpflanzen gesetzt hat, ist auch nach einem „Börsencrash“ ein gemachter Mann. Etwas mehr Sicherheit bietet dagegen die einzigartige blaue Tulpenzwiebel, die hohe Kunst der Züchtung, denn sie besteht aus allen fünf Zwiebelfarben und behält auch nach dem „Crash“ einen Großteil ihres Wertes. Doch all die Pläne können zunichte gemacht werden, wenn sich der Gegner im Tulpenfeld (Mühle) den Großgrundbesitz ermöglicht (Mühle-Sieg) und damit seine Konkurrenz vom Markt verdrängt."
Und welche Zielgruppe hattest Du bei der Entwicklung im Blick?
"Ganz klar Paare die hauptsächlich zu zweit spielen. Ich finde es gibt wenige komplexere 2-Personen-Spiele, die sowohl Männer als auch Frauen ansprechen. Es gibt oftmals nur die Möglichkeit ein Mehrspieler-Spiel auf 2 Spieler runterzubrechen, was dann im Endeffekt mehr schlecht als recht funktioniert. „Amsterdam 1637“ ist seit jeher als 2-Personen-Spiel gedacht gewesen und so funktioniert es auch am besten. Darüber hinaus konnte ich feststellen, dass viele ältere Spieler, die „Mühle“ schon kennen eher dazu geneigt waren sich die Regeln zu diesem Spiel erklären zu lassen, als es bei anderen modernen Spielen der Fall war."
Was kam bei der Entwicklung zuerst: Die Regeln oder das Setting?
"Wenn ich ein Spiel entwickle, dann stelle ich mir immer eine Herausforderung und bei diesem Spiel war es die Aufgabe einen Spieleklassiker modern zu interpretieren. Als ich mich für Mühle entschieden hatte, war ich gedanklich auch ganz schnell bei den Niederlanden. Somit kann man sagen, dass sich Thema und Spiel bei dieser Idee sehr simultan entwickelt haben. Deswegen wirken Mechanismus und Thema auch ganz gut zusammen, weil sie einfach von Anfang an sich gegenseitig bereichert haben."
Welchen aktuellen Entwicklungsstand hat Dein Spiel?
"Das Spiel hat sich seit seiner Entwicklung Anfang 2017 kaum spürbar verändert. Es wirkte immer schon extrem ausgeglichen. Aktuelle mache ich mit diesem Spiel authentische Testspiele. D.h. ich gebe das Spiel Paaren mit und lasse sie es ohne weitere Information von mir nur anhand der Anleitung testen. Durch die ausgefüllten Fragebögen und Anregungen, die ich dadurch erhalte, kann ich noch weitere Kleinigkeiten optimieren. Ich will zur Spielemesse in Essen diesen Jahres mal mit Verlagen in Kontakt treten."
Wie kann ich Dein Spiel mal antesten? Bist Du auf Spielemessen & Autorentreffen unterwegs?
"Ja, wer Interesse hat kann sich immer gerne bei mir melden. Testspieler kann man schließlich nie genug haben. Einfach eine Mail (rocky.bogdanski@web.de) an mich oder über Facebook Kontakt aufnehmen. Ansonsten bin ich rund um Dortmund recht aktiv beim Spielkult.de-Spielertreff in Witten und habe dort des Öfteren auch mal einen Prototypen mit. Aber auch auf diversen Autorentreffen und Messen bin ich natürlich anzutreffen."
Zuletzt: Hast Du für andere NachwuchsautorInnen ein paar Tipps & Tricks?
Schwer zu sagen, alles was ich weiß hab ich mir auch angelesen oder über diverse Workshops angelernt. Was ich auf jeden Fall empfehlen kann, ist das Buch „Leitfaden für Spieleerfinder“ von Tom Werneck. Das war ebenfalls meine Einstiegsdroge und wie man sieht, hat es mir nicht geschadet. Wie bei so vielen Dingen im Leben gilt auch bei der Spieleentwicklung: Probieren geht über studieren und nicht gleich bei der ersten Kritik gleich die Flinte ins Korn werfen. Denn glaubt ihr selbst nicht an eure Idee, dann werden es eure Testspieler bzw. die Verlage erst recht nicht tun.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit "Amsterdam 1637" :)
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