Na, wer hat nicht schon mal darüber nachgedacht, ob er nicht auch genau so knifflige Fälle wie Sherlock Holmes lösen könnte? „Pegasus Spiele“ macht dies nun mit der deutschen Übersetzung der französischen “La BD dont vous êtes le héros“-Reihe möglich. Dabei handelt es sich von der Spielmechanik her zwar um ein klassisches Spielbuch, jedoch wird dieses nicht wie sonst üblich in reiner Textform präsentiert, sondern in Form eines Comics. Damit macht der Krimi-Comic von der Präsentation her natürlich eine ganze Menge her, aber kann er auch inhaltlich mithalten?
Wie im Buchtitel angekündigt, gilt es für den Spieler insgesamt vier Fälle zu lösen. Den Auftakt bildet „Die Katze aus der Baker Street“, welche in die Spielmechaniken einführt. Dr. Watson soll die verschwundene Katze seiner Vermieterin, welche nebenbei Opfer eines Angriffs wird, wiederfinden. Ist dieser kurze Fall gelöst, beginnt die eigentliche Geschichte: Moriarty, der ewige Erzfeind, hat Sherlock Informationen zu drei Fällen zukommen lassen, welche er lösen soll: In „Die Lebenslinie“ wurde eine Wahrsagerin von einem ihrer Kunden getötet, in „Der Gedächtnislose im Wald von Highgate“ sucht ein Folteropfer nach seiner Identität und in „Der Skarabäus aus dem British Museum“ wird eben jenes wertvolle Sammlerstück gestohlen.
Gleich ist all diesen Fällen, dass sie innerhalb eines recht begrenzten Schauplatzes spielen und somit die Anzahl der Verdächtigen mit vier bis sechs recht überschaubar bleibt. Am Ort des Geschehens erledigt der Spieler dann im Rahmen der Spielbuchmechanik (Wählst Du Option X, dann lies weiter bei Abschnitt Y) klassische Detektivarbeit: Man muss den Tatort genau untersuchen, um aus den vorhandenen Spuren erste Schlüsse zu ziehen (z.B. welche Waffe die Wunde des Opfers verursachen könnte?). Dann muss man die Verdächtigen nach und nach befragen, um letztendlich anhand ihrer Aussagen und der Beweise eine Indizienkette zu erstellen. Dies kann man sowohl in der Rolle als Meisterdetektiv Sherlock Holmes als auch in der Rolle seines Assistenten Dr. John Watson erledigen. Der grundlegende Fall bleibt dabei gleich, jedoch hat es Dr. Watson etwas einfacher, da er Verdächtigen eine Frage mehr stellen darf (4 statt 3) sowie ab und an einen Ratschlag von Sherlock erhält. Dafür bekommt der Spieler in dieser Rolle letztendlich aber weniger Punkte, welche sich auf die Gesamtwertung niederschlagen. Ein wenig kann man die Gesamtwertung immerhin damit verbessern, indem man einige knifflige Zahlenrätsel löst, welche Moriarty an den Tatorten hinterlassen hat.
Zur Lösung der Fälle reicht bloßes Abklappern der verschiedenen Abschnitte nicht aus, man muss sich unbedingt Notizen machen, Bilder ganz genau anschauen und logische Rückschlüsse ziehen. Der Schwierigkeitsgrad der Kriminalfälle ist nämlich mitunter durchaus knackig – Ich möchte behaupten, für das auf der Verlagswebseite empfohlene Mindestalter von 8 Jahren zu knackig. Auch ist die Thematik (Stichwort Folter), wenn sie durch die Comicgrafik auch harmlos dargestellt wird, meiner Meinung nach eher weniger für Kinder im Grundschulalter geeignet.
Die Zeichnungen an sich sind sehr zweckmäßig gehalten, aber gefällig. Die Druckqualität des 324 Abschnitte umfassenden Hardcovers gefällt mir ebenso, sodass der Preis von 14,95 € durchaus in Ordnung geht.
Fazit: Der spielbare Comic „Sherlock Holmes: Die vier Fälle“ (Link) hat mich positiv überrascht. Denn hinter der kindgerechten Aufmachung verstecken sich vier durchaus fordernde Kriminalfälle, an welchen auch ältere Spielbuch-Fans ihre Freude haben werden.