Ich will mich jetzt nicht als besonders mutig bezeichnen, aber doch, eigentlich schon ;-) Denn bei „Die letzte Reise der Schmetterlinge“ handelt es sich um einen Manga, welcher Prostitution thematisiert. Und was waren meine schlimmsten beiden Comic-Leseerfahrungen und dementsprechend Comic-Verrisse bisher? Genau, der bisher einzige Manga (Link) und ein Prostitutionscomic (Link) :-P Aber ich bin halt mutig, also habe ich mich doch mit dem neusten Werk der Mangaka Kan Takahama auseinandergesetzt…
Nagasaki zum Ende der Edo-Zeit: Die bildschöne Kicho wurde schon als Kind an ein Bordell verkauft und muss dort nun als Kurtisane arbeiten. Dabei ist sie extrem gut in dem, was sie da so tut, deshalb fallen ihr die Männer reihenweise zu Füßen und sind bereit, enorme Preise für ein erotisches Stelldichein zu bezahlen. Zu ihren Verehrern gehört der niederländische Arzt Thorn, welcher für sie den todkranken Gen behandelt und dessen Sohn zu einem Studienplatz an der Medizinischen Lehranstalt verhilft. Was Doktor Thorn nicht weiß: Kicho hat ein großes Geheimnis und ist mit Gen tiefer verbunden, als er wahrhaben will…
Mehr will ich von der Geschichte eigentlich gar nicht erzählen. Denn der Manga zieht einen besonderen Reiz daraus, dass man erst im Verlauf der Geschichte die verschiedenen Verflechtungen der einzelnen Figuren herausfindet. Zur Etablierung der Figuren und des Settings braucht er dabei zwar ein wenig länger, als vielleicht notwendig gewesen wäre – Doch erst dadurch entfaltet sich die melancholische Atmosphäre, die dem Manga eine ungeahnt emotionale Wucht verleiht und dem Leser begeistert zurücklässt. Die Autorin ist gar nicht genug dafür zu loben, dass sie Kicho, die ja eigentlich eine klassische Opferrolle einnimmt, hier charakterlich in dicken Grautönen zeichnet. So gelingt es ihr, dass man als LeserIn die teils unmoralischen Handlungen der Protagonistin verstehen, wenn auch nicht gutheißen kann. Auch die Nebenfiguren – von denen keine einzige zu viel ist – handeln durchweg nachvollziehbar. Ich kann es nicht anders sagen, die Geschichte ist wirklich gut durchdacht.
Durch detaillierte Zeichnungen – welche ob der Thematik trotzdessen nie explizit sind, sodass die Altersempfehlung von „ab 14“ voll in Ordnung geht – gelingt es dem Manga, die LeserInnen in die damalige Zeit eintauchen zu lassen. Gerade die feinen Mimik-Zeichnungen transportieren dabei gut die Emotionen der einzelnen Figuren. Bis auf sehr wenige Seiten sind die Panels (welche Manga-typisch von hinten nach vorn und rechts nach links gelesen werden) dabei in einem bedrückenden schwarz-weiß-grau gehalten, was der Atmosphäre sogar wesentlich zuträglicher ist als die wenigen bunt kolorierten Seiten. Für den in gewohnter Druckqualität veröffentlichen, 160 Seiten starken Manga in Klappbroschur verlangt der „Carlsen Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsmuster zur Verfügung stellte) angemessene 14,90 €.
Fazit: „Die letzte Reise der Schmetterlinge“ (Link) ist eine melancholische Liebesgeschichte der etwas anderen Art, welche ich ausdrücklich weiterempfehlen möchte.