Es gab dieses Jahr kaum ein Rollenspielprodukt, auf welches ich neugieriger gewartet habe als auf den Abschluss der „ABOREA: Der dunkle Fürst“-Spielbuch-Trilogie. Nicht etwa, weil ich so gespannt gewesen wäre wie die Geschichte ausgeht, denn so episch oder dramatisch war die Handlung in den ersten beiden Teilen „Im Großen Wald“ und „ Unter den Augen der Göttin“ nun wirklich nicht :-P (obwohl ich schon Aufklärung erhoffte, warum der Bösewicht im ersten Teil nur mal motivationslos aus der Höhle rausgeguckt hat, anstatt den sicheren Sieg einzufahren ;-)). Nein, mich interessierte viel mehr ob der Autor Sebastian Witzmann das gute Niveau des zweiten Teils halten oder sich qualitativ zum grottigen ersten Teil zurück entwickeln würde. Ich war sogar so gespannt, dass ich diesmal nicht erst das Erscheinen einer kindle-Version abwartete sondern mit gleich am Erscheinungstag die .pdf-Datei über den „13 Mann Verlag“-Shop kaufte. Und ohne jetzt schon das Fazit zu spoilern: „In der Falle“ hat mich mehr als einmal überrascht, sowohl im guten als auch im schlechten Sinne. Die Handlung der Solo-Spielbuchreihe wird konsequent fortgeführt: Im ersten Teil ging der Spieler auf der Suche nach von Kultisten Verschleppten in den großen Wald, lernte dort die supersüße und supertödliche Alina kennen und startete dann mit ihr eine Befreiungsaktion. Im zweiten Teil ging es in die Kleinstadt Felsbrunn, wo man eigentlich feiern wollt aber nebenbei eine Verschwörung aufdeckte. Die hing natürlich irgendwie mit den Kultisten aus dem ersten Teil zusammen, sodass die Helden nun im dritten Teil den Auftrag bekommen das gesamte Pack auszuräuchern. Und nebenbei noch den namensgebenden dunklen Fürst zu stoppen. Also eine Menge Arbeit :-) Ich will nun nicht zu viel von der Geschichte spoilern, die vom Prinzip her ein simpler Dungeon-Crawler ist: Helden bekommen Auftrag, Helden spielen Rambo im Kultisten-Versteck, Helden retten die Welt. So eine Handlung – auch wenn sie diesmal im Vergleich eine düsterere Tonart anschlägt – kann langweilig sein, aber der Autor Sebastian Witzmann hat sich mit dem Prolog einen spannenden Kniff ausgedacht der zumindest in der ersten Hälfte die Spielwelt scheinbar auf den Kopf stellt und beim Kenner der vorherigen Teile eine gespannte Erwartungshaltung auslöst. Die zweite Hälfte des diesmal wesentlich umfangreicheren Werkes (ca. 230 Seiten Story von 256 Seiten Gesamtwerk) steuert dafür ziemlich geradlinig auf das Ende zu und lässt dabei teils mit simuliertem Zeitdruck und zahllosen Kämpfen keine Langeweile aufkommen. Der Schwierigkeitsgrad zieht dabei, besonders im Vergleich zu den Vorgängern, merklich an und ich glaube gerade Einsteigercharaktere werden mehrmals durch ihren Tod das sofortige Spielende erleben. Wobei es sich sowieso lohnt, das Abenteuer mehrmals zu erleben da man alle Aspekte der Geschichte erst durch verschiedene Handlungspfade erfahren kann. Außerdem werden, gerade in den „Großkämpfen“, verschiedene Taktiken angeboten die sich auszuprobieren lohnen. So hatte ich schließlich, auch wenn beim mehrmaligen Spielen deutlich ersichtlich ist an welchen Punkten alle Fäden wieder zwangsweise zusammenlaufen, eher selten das Gefühl gegängelt zu werden. Der Text ist wieder gut lektoriert, auch am Schreibstil habe ich wenig auszusetzen. Die einzelnen Textpassagen beschreiben die Situationen und Lokalitäten mit angemessener Genauigkeit, der Übergang zwischen den einzelnen Abschnitten ist aber an manchen Stellen wieder etwas zu abrupt. Die Bilder sehen dafür wieder großartig und stimmungsvoll aus, allerdings hat sich neben der Landkarte und dem Titelbild nur ein weiteres ins Abenteuer verirrt :-( Preislich wie der Vorgänger bei 2 €, bekommt man also handwerklich gute Arbeit. Die Trilogie rund um den dunklen Fürsten ist dabei übrigens in sich abgeschlossen, bietet aber einen interessanten Cliffhanger. Ein paar Fragen blieben bei mir außerdem noch offen. Nichts Gravierendes, aber um die Trilogie und das Verhalten einiger Charaktere besser zu verstehen. Fazit: Bekanntermaßen war der erste Teil für mich eine große Enttäuschung, aber schon im zweiten Teil zeigte Autor Sebastian Witzmann was in ihm steckt! Mit dem dritten Teil liefert er auf spielerischer Ebene sein Meisterstück ab: Großer Umfang, viele Optionen. Erzählerisch kann er zwar nicht ganz an den zweiten Teil anknüpfen (was kein Vorwurf sein soll, denn sowohl die Geschichtskomplexität, Weltbeschreibung und auch gerade die Charakterentwicklung und emotionale Bindung zwischen Alina und dem Spieler sind in einem Dungeon-Crawler nicht so gut darstellbar wie in einem „offenen“ Stadtabenteuer) aber gerade mit dem Prolog-Kniff erzeugt er direkt vom ersten Moment an Spannung. Das Warten und die 2 € haben sich für mich wirklich gelohnt! PS: Jetzt gibt es alle drei Teile übrigens auch als 480 Seiten starke, gedruckte Gesamtausgabe (Link) für 12,95 €.