Für Politik- & Spionage-Geschichten kann ich mich ja immer begeistern, auch Weltkriegscomics sind ja bekanntermaßen eines meiner populärkulturellen Guilty Pleasures – Wenn dabei Nazis aufs Maul kriegen, umso besser ;-) Und wenn sich die Geschichte dann auch noch tatsächlich genau so zugetragen hat, dann ist mein Interesse natürlich umso größer! Daher scheint „Nacht über Brest“ wie gemacht für mich, denn rund um ein havariertes U-Boot entspinnt sich in dieser Graphic Novel ein interessantes Katz-und-Maus-Spiel. Mal schauen, ob ich wirklich so begeistert sein werde... Von 1936 bis 1939 tobt in Spanien der Bürgerkrieg zwischen der demokratisch gewählten Regierung und den putschenden Franco-Faschisten. Letztere haben schlussendlich gewonnen, im September 1937 sah es aber beispielsweise auf den Weltmeeren noch nicht nach einem Sieg aus, da ihnen eigene U-Boote fehlten. Da kommt die Havarie des C-2 gerade recht, welches in die Hafenstadt Brest zur Reparatur einläuft. Brest liegt jedoch im neutralen Frankreich, sodass allein das Einlaufen des C-2 bereits für diplomatische Verwicklungen sorgt. Aber man muss Gelegenheiten ja beim Schopfe packen, sodass Francos faschistischen Agenten versuchen, den Kapitän José Luis Ferrando zum Überlaufen zu bewegen. Doch einige seiner Matrosen, aber auch verschiedenste linke Gruppen innerhalb der französischen (Hafen-)Arbeiter, ahnen etwas von diesem Coup und bereiten sich auf den Kampf vor... An vorderster Front dieses antifaschistischen Widerstandes steht der Agent X-10, welcher es als eine Art bodenständiger 007 sowohl mit den Faschisten als auch mit den Frauen aufnimmt ;-) Als ich den Comic durchgelesen hatte, was dank 64 gezeichneten Seiten recht schnell ging, dachte ich mir „Ach ja, das ist eine nette Spionage-Story, aber das wirkt schon ein wenig konstruiert...“ - Und dann folgten 13 Seiten Bonusmaterial, welche die Geschichte historisch einordneten und die Hintergründe beleuchteten. Und mein Staunen war enorm, denn das ist wirklich passiert! Folglich kann ich nun natürlich wenig an der eigentlichen Handlung herummeckern, denn das hier ist alles tatsächlich geschehen – Inklusive der Heldentat eines mutigen Matrosen, nämlich Augusto Diego, der das U-Boot letztlich im Alleingang gegen das schwer bewaffnete, zahlenmäßig weit überlegene Enterkommando erfolgreich verteidigte! Nun klingt dieser Kampf in den tiefen Eingeweiden des U-Bootes, natürlich auch die Spionage im Vorfeld der Aktion, wirklich hochdramatisch. Und das ist es teilweise auch, aber nicht durchgehend – Denn die Geschichte wird sehr dialoglastig, aber leider auch ein wenig hüftsteif präsentiert. Da hätte man sicherlich ein wenig mehr Spannung herauskitzeln können. Das Kreativtrio Cuvillier, Galic & Kris (bekannt u.a. für die ebenfalls beim Autogestionsverlag „bahoe books“ – der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte – erschienenen „Ein Match für Algerien“ (Link) und „Ein Sack voll Murmeln“ (Link)) hält sich eng an die historische Vorlagen, etwa Zeitungsberichte & Gerichtsakten, was ich prinzipiell begrüße – Aber ein wenig mehr künstlerischer Freiheit und Dramatisierung hätte der Graphic Novel doch gut getan, dann wäre sie nicht einfach gut, sondern sehr gut geworden. Auch hätte sie gern etwas umfangreicher sein können, denn die verschiedenen Prota- & AntagonistInnen geben sich oftmals die Klinke in die Hand, ohne dass man viel von ihnen erfährt – Ja, das steht dann alles im Bonusteil, aber mit ein wenig mehr Hintergrundwissen hätte man beispielsweise besser nachvollziehen können, warum der republikanische Kapitän Ferrando dann doch überläuft... Aber letztlich sind das Kleinigkeiten, die aus einer guten Graphic Novel eine sehr gute Graphic Novel gemacht hätten – Aber gut ist ja auch irgendwie gut :-P Und gut ist auch noch ein schönes Stichwort (Sorry, dass ich jetzt repetitiv „gut“ schreibe ;-)), denn auch die Zeichnungen haben mir gut gefallen. Nicht alle sind perfekt gelungen, aber gerade dank der Sepia-Kolorierung kommt doch die passende Atmosphäre auf. Fazit: Die Graphic Novel „Nacht über Brest“ (Link), veröffentlicht als 80 Seiten dickes Hardcover für 19 €, zieht ihren Reiz besonders aus der Tatsache, dass diese Spionage-Geschichte tatsächlich so stattgefunden hat. Fiese Faschisten, ein heroischer Agent und eine undurchschaubare Femme fatale – Alle Zutaten für eine spannende Spionage-Story sind hier enthalten! Zwar gibt kleinere Schwächen, aber insgesamt wurde ich als Genre-Fan gut unterhalten :-)
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