Dass ich die „Black Hammer“-Comics (Link) für die wichtigste Superhelden-Reihe (mindestens) des letzten Jahrzehnts halte, ich ja nun kein Geheimnis. Ganz so begeistert war ich von den dazugehörigen SpinOff-Titeln nicht immer, denn neben vielen echten Goldstücken (z.B. zuletzt das grandiose „Skulldigger + Skeleton Boy“ (Link)) gab es leider auch ein paar Geschichten, die ganz offensichtlich nur dazu gemacht waren, um aus der florierenden Marke noch ein paar Dollar mehr herauszuquetschen (z.B. „Black Hammer #45“ (Link) & "Straßen von Spiral City" (Link)). Man möge mir also nachsehen, dass ich bei „Barbalien: Roter Planet“ etwas skeptisch war, trat der rote Marsianer in der Hauptreihe doch gegenüber den handlungsvorantreibenden ProtagonistInnen oft zurück... „Barbalien: Roter Planet“ konzentriert sich auf eine Geschichte, deren Grundzüge in der Hauptreihe bereits thematisiert wurden: Eigentlich soll der gestaltenwandlerische Marsianer, der auf der Erde unter dem Decknamen Mark Markz operiert, nur die Erde ausspionieren. Aber aufgrund seiner friedliebenden Art will er den Menschen lieber helfen, was er in Menschengestalt als Polizist und in seiner eigentlichen Gestalt als Superheld Barbalien tut. Und auch wenn er das richtig gut tut und viel Dankbarkeit erfährt, fühlt er sich doch einsam, denn seine Homosexualität ist sowohl auf dem Mars als auch in den USA der 80er Jahre (gerade auch deshalb, weil die noch unerforschte AIDS-Epidemie um sich greift) ein Tabu. Doch ausgerechnet in der queeren Untergrund-Szene Spiral Citys findet er die Zugehörigkeit, die er immer gesucht hat, in der Form des queeren PoC-Aktivisten Miguel. Die beiden werden ein Liebespaar, doch die Lage wird immer kritischer, als die Polizei immer repressiver gegen die queere Szene vorgeht. Und zu allem Überfluss macht auch noch ein marsianischer Kopfgeldjäger (der sich auch noch die Identität eines verfeindeten Kollegen stiehlt) Jagd auf den legendären Barbalien... Ich will gleich mit der wichtigsten Information beginnen: „Barbalien: Roter Planet“, gemeinsam geschrieben vom „Black Hammer“-Erfinder Jeff Lemire und dem queeren Autor Tate Brombal, ist das bisher beste „Black Hammer“-SpinOff! Und ich glaube fast, das wird auch in absehbarer Zeit so bleiben :-D Denn die Liebes- & Leidensgeschichte von Mark Markz ist nicht einfach nur eine Superhelden-Story, bei der ein Superheld gegen einen Superbösewicht kämpfen muss, auch wenn das (sozusagen als Tribut an das Genre) natürlich vorkommt. Nein, hier handelt es sich vielmehr um eine Mischung aus liebevoller Coming-of-Age-Story (Barbalien wird, was seine sexuelle Identität und seine Gefühle angeht, „erwachsen“) und einem Sittengemälde einer queerfeindlichen Epoche, in welcher die Szene durch staatliche Repressionen und durch die AIDS-Epidemie stark unter Druck geriet, in welcher sie aber auch selbstbewusst gegen ihre Diskriminierung aufbegehrte (Ähnlichkeiten mit den „Stonewall“-Unruhen, auf die hier auch direkt Bezug genommen wird, sind zweifelsohne gewollt). Es wird ja immer mal wieder diskutiert, ob Superhelden-Comics politisch seien (haben wir im Podcast (Link) letztens übrigens auch :-D), aber dieser hier es zu 110 Prozent!!! Und das ist gut so, egal ob (beispielsweise beim amerikanischen Amazon) von konservativen Comiclesern sehr viel über die SJW-Agenda geschimpft wird ;-) Die gesamte „Black Hammer“-Reihe war ja immer schon eine Dekonstruktion des Superhelden-Genres, knallige Kämpfe großbusiger Frauen gab es hier nicht zu bewundern, stattdessen standen die Figuren mit all ihren Schwächen im Vordergrund. Und ich persönlich mag diese Ausrichtung der Reihe und deswegen mag ich auch „Barbalien: Roter Planet“. Schön, dass der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) diese Reihe eingedeutscht hat und auch schön, dass sie offenbar nicht nur bei uns KritikerInnen, sondern auch bei den Lesenden so gut ankommt :-) Man muss diesen SpinOff-Band nicht zwingend gelesen haben, um die „Black Hammer“-Reihe zu verstehen, aber man wird hier sehr viel Lesefreude haben, die ihre 22 € für 136 Seiten im Hardcover definitiv wert ist! Fazit: Ich wiederhole mich, aber man muss es einfach noch einmal schreiben „Barbalien: Roter Planet“ (Link) ist das bisher beste „Black Hammer“-SpinOff!
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