Was haben Rollenspiele und asiatische Actionfilme gemeinsam? Beide haben ein enthusiastisches, aber im Verhältnis doch eher nischiges Publikum. Wer sich aber für beide Themen begeistern kann, sollte sich mal das cineastische Action-Rollenspiel „New Hong Kong Story“ anschauen, in welchem man sich als asiatischer Schauspieler sowohl in verschiedensten Filmen als auch auf dem roten Teppich beweisen muss… Am Beginn der Schauspielkarriere steht natürlich die Erschaffung des Charakters: Natürlich braucht man einen coolen Künstlernamen und ein kinotaugliches Aussehen, doch letztendlich läuft es von der Spielmechanik her doch auf eine Punkteverteilung auf verschiedene Attribute und Fähigkeiten hinaus. 125 Starruhmpunkte (+ 15 Extrapunkte nur für Martial Arts) und 200 Fertigkeitspunkte wollen verteilt werden, dann leitet man verschiedene Sekundärwerte wie Trefferpunkte ([Ausdauer + 4] x 10) und Fernkampfangriff ([Geschick x 2 + Chi] / 3) ab und kauft sich Vor- & Nachteile. Die Erschaffung dauert beim ersten Durchlauf ein wenig, letztendlich hat man dann aber seinen ganz eigenen Asia-Filmstar, den man vom C-Promi-Nachwuchsschauspieler bis hin zum gefeierten Filmpreisgewinner auflevelt. Hierzu muss man jeweils verschiedenste Filme abdrehen, daher einzelne Abenteuer bestehen; vom (pseudo-)historischen Kostümschinken bis hin zur modernen Gangsterballade ist alles möglich! Eine Kampagne ist dann sozusagen die Karriere der SchauspielerInnen, bestehend aus der Filmografie und eventueller Filmfest-Auszeichnungen & Preisverleihungen. Mit jedem neuen Film und jeder neuen Auszeichnung erhält man dann neue Starruhmpunkte, mit denen den Charakter weiter verbessern kann, was wiederum zu besseren Filmrollen führt :-) In einem spannenden Film müssen sich die SchauspielerInnen natürlich verschiedensten Herausforderungen stellen, was über einen recht einfachen Probenmechanismus abgehandelt wird: Mit einem W20 würfelt man gegen die Summe aus Attribut + Fertigkeit oder, wenn es die entsprechende Fertigkeit nicht gibt, auf Attribut + 4. Hat man den Zielwert erreicht oder unterwürfelt, ist das ein Erfolg. Eine 1 & 2 sind kritische Erfolge, eine 19 & 20 kritische Misserfolge. Das ist eigentlich gar nicht schwer, trotzdessen wirkt der erste Blick ins 334 Seiten dicke Regelwerk recht einschüchternd. Einerseits hätte man die Regeln und die Charaktererschaffung noch ein wenig strukturierter präsentieren können, andererseits wird man fast schon erschlagen von allen möglichen Vor- & Nachteilen, Fähigkeiten und Kampftechniken (alles zusammen komme ich auf deutlich über 200) – „New Hong Kong Story“ ist ein Liebhaberprojekt für rollenspielende Asiafilm-Nerds und das zeigt es auch unverhohlen auf jeder einzelnen Seite. Und das ist gut so, denn wenn man die erste Einschüchterung überwunden hat, merkt man erst einmal, wie viel Herzblut hier eigentlich drin steckt. Spannende Informationen zur asiatischen Filmwelt, deren Drehorte und zu verschiedensten Material Arts-Techniken sowie über 100 Filmbesprechungen runden den positiven Gesamteindruck ab. Auch positiv sehe ich das einfache, aber klare Layout und die gute Produktionsqualität des 25 € kostenden Softcovers, welches zeigt, dass man auch als Eigenverlag (der mir noch dazu ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) qualitativ gute Produkte veröffentlichen kann :-) Gefehlt hat mir jedoch ein Einstiegsabenteuer (kann man aber downloaden (Link)) und eine gesonderte Regelübersicht. Fazit: Ich bin ehrlich beeindruckt, was man mit viel Herzblut so alles auf die Beine stellen kann :-D „New Hong Kong Story“ (Link) ist ein anfangs etwas einschüchterndes und ziemlich klassisches, letztendlich aber sehr spaßiges Action-Rollenspiel für Filmnerds!