Es war im Bereich der Solo-Spielbücher eine kleine Überraschung: Das eigentlich als Bonus gedachte "Einsamer Wolf"-Abenteuer "Die Jünger der Finsternis" war nicht nur überraschend gut, sondern (Zitat meiner Rezension) "auch nicht schlechter als das was Altmeister Joe Dever so auf Papier gebracht hat" ;-) Da der Autor Alexander Kühnert mit seinem Werk nun auch für den Leserpreis nominiert ist (und dort gegen den Serienschöpfer antreten muss), hab ich ihn mir mal zum Interview geschnappt :-) Hallo Alexander. Stell Dich doch bitte erstmal den Lesern vor.
"Ja, ich bin Alexander Kühnert, lese schon seit meiner frühesten Jugend fasziniert Fantasyromane und Spielbücher und arbeite jetzt seit etwa 7 Jahren als freiberuflicher Übersetzer, Lektor und seit jüngstem auch Autor. Ich habe den Großteil der Neuauflage des „Einsamen Wolfs“ durch den "Mantikore Verlag" übersetzt sowie das „Game of Thrones Rollenspiel“ und die Reihe „Legenden von Harkuna“, die manche aus den 1990er Jahren vielleicht noch als „Sagaland“ kennen."
Wie kamst Du zum Rollenspiel?
"Ich muss ehrlich gestehen, dass ich gar kein richtiger Rollenspieler bin, zumindest was Pen-und-Paper und Tabletop betrifft. Ich habe zwar irgendwo in meinem Schrank noch eine DSA-Abenteuer-Basis-Box stehen, meine größten Steckenpferde waren aber immer schon Romane, Spielbücher und Videospiele. Ich wurde Anfang der 1980er Jahre geboren, den größten Spielbuch-Boom habe ich damals also verpasst. Zudem bin ich in der DDR aufgewachsen, wo – zumindest meiner lückenhaften Erinnerung nach – Fantasyromane oder Spielbücher nie wirklich groß existiert haben. Erst durch mehrere Umzüge nach der Wende bin ich in der örtlichen Bibliothek auf einen großen Fundus an Fantasy-Literatur und auch vereinzelt Spielbücher gestoßen. Da fand ich mein erstes Spielbuch, „Schlacht über den Gräbern“, der 4. Band der "Einsamer Wolf"-Reihe. Von da an war ich von Spielbüchern so fasziniert, dass ich mir meine eigene "Einsamer Wolf"- und "Fighting Fantasy"-Sammlung angelegt habe, was Mitte und Ende der 1990er aufgrund der schrumpfenden Verfügbarkeit dieser Bücher gar nicht mehr so einfach war."
Und wie wurdest Du Autor?
"Ich denke, seit ich meinen ersten Fantasy-Roman gelesen hatte – das war „Das Schwert von Shannara“ von Terry Brooks – ist in mir insgeheim der Wunsch gewachsen, dass ich auch einmal Schriftsteller werden will. Ich kannte bis dahin, was Fantasy betrifft, eigentlich nur Grimms Märchen, wenn man so will, daher waren "Shannara" und auch "Einsamer Wolf" regelrecht eine Offenbarung für mich. Da wurde mir schlagartig klar, dass es beim Schreiben quasi keine Grenzen für die eigene Fantasie gibt, dass hier im Grunde alles möglich ist. Und trotz einiger beruflicher Umwege ist dieser Schriftsteller-Wunsch immer in meinem Hinterkopf geblieben, und am Ende war es dann wieder "Einsamer Wolf", der mir den Weg gewiesen hat. Durch eine Internet-Suche nach "Einsamer Wolf" bin ich, das war 2009, auf den "Mantikore Verlag" gestoßen. Bei einem Blick auf die Internet-Seite habe ich dann gesehen, dass man dort noch Übersetzer und Lektoren sucht. Zuerst hatte ich Zweifel, ob so ein Verlag jemand so Unerfahrenen wie mich – ohne irgendwelche Übersetzungs- oder Lektoratserfahrung – gebrauchen kann. Ich muss an dieser Stelle dazusagen, dass ich Ende der 1990er Jahre ein Auslandsschuljahr in den Vereinigten Staaten verbracht habe. Und da die meisten Autoren, die ich bis dahin gelesen hatte, ohnehin englischsprachig waren, bin ich damals auf die englischen Originalbücher umgestiegen und habe mir dann über die Jahre hinweg durchs Lesen unweigerlich einen entsprechenden Englisch-Wortschatz angeeignet. Und jetzt hatte ich also den "Mantikore Verlag" entdeckt und mir ging folgende Überlegung durch den Kopf:
"Ich habe noch keine praktische Erfahrung beim Übersetzen, gut. Aber mein Englisch ist recht ordentlich und ich kenne mich mit "Einsamer Wolf" und auch Spielbüchern im Allgemeinen gut aus. Was ist also das Schlimmste was passieren kann? Dass man mir „Nein danke“ zurückschreibt. Viel schlimmer wäre es doch, wenn ich in 20 Jahren dasitze und mich frage, was gewesen wäre, wenn ich damals den Verlag angeschrieben und der „Ja“ gesagt hätte."
Also habe ich eine Mail geschrieben und bekam von Nicolai Bonczyk, dem Verlagschef, eine Probeseite zugeschickt, die ich übersetzt habe. Und schon kurz darauf saß ich an der Übersetzung für "Einsamer Wolf 3: Die Grotten von Kulde“. Inzwischen habe ich für den Verlag über 30 Bücher übersetzt und lektoriert, während ich die Zeit auch genutzt habe, um mich sozusagen in schreiberischer Hinsicht weiterzubilden, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich irgendwann mein eigenes Buch schreiben will. Dass „Die Jünger der Finsternis“ dann meine erste Veröffentlichung wurde, war eigentlich mehr ein Zufall."
Ich wittere die ganz große Story :-D Wie das?
"„Die Jünger der Finsternis“ habe ich eigentlich schon 2013 geschrieben, auch wenn das Abenteuer damals noch anders hieß. Das war zu dem Zeitpunkt, als "Mongoose Publishing", der Verlag, der die englische Neuauflage des „Einsamen Wolfs“ veröffentlicht hat, die Weiterführung der Reihe einstellte. Die englischen Rechte wechselten zum "Mantikore Verlag" und wir waren damals unsicher, wie sich das auf die Bonusabenteuer in den Büchern auswirken würde; ob wir für die deutsche Veröffentlichung – zu diesem Zeitpunkt stand Band 13 an – weiter die originalen Bonusabenteuer konnten. Also schlug ich Nic, dem Verlagschef, vor, dass ich ein kurzes Bonusabenteuer schreiben könnte. Das war „Die Jünger der Finsternis“. Wie sich dann herausstellte, konnten wir die ursprünglichen Bonusabenteuer doch benutzen, da die Rechte dafür mit an Joe Dever übergegangen waren. Also verschwand meine Geschichte erst mal in der Schublade. Nachdem der "Mantikore Verlag" letztes Jahr mit „Das Auge des Abyssus“ von Karl-Heinz Zapf ein eigenständiges Solo-Abenteuer veröffentlicht hatte, kam die Idee, dass wir das dieses Jahr ja wieder machen könnten. Und Nic erinnerte sich an meine Geschichte. Ich habe das Abenteuer hervorgeholt und noch einmal überarbeitet, vor allem was den Einstieg und die Regeln betrifft, da es ja als eigenständiges Abenteuer funktionieren sollte. Die tollen Illustrationen von Stephanie Böhm hatten wir schon 2013 zeichnen lassen. Und so hat „Die Jünger der Finsternis“ seinen Weg von einem ehemals "Einsamer Wolf"-Bonusabenteuer zu einer eigenständigen Veröffentlichung gefunden. Ich kann mich also nicht beklagen."
Worum geht es in „Die Jünger der Finsternis“?
"Wer mein Abenteuer mit dem Bonusabenteuer von "Einsamer Wolf 13" vergleicht, wird vielleicht merken, dass die Ausgangssituation nicht ganz unähnlich ist. In beiden Abenteuern spielt man einen jungen Charakter, der den Auftrag erhält, in die Finsteren Länder zu reisen, um bei der Rekultivierung zu helfen. Allerdings kommt man dort bei "Einsamer Wolf 13" nie an und das Abenteuer schwenkt in eine völlig andere Richtung. Obwohl das im Kontext des Hauptabenteuers Sinn ergibt, fand ich das damals etwas schade, weil ich eben gern wissen wollte, wie das mit der Rekultivierung der Finsteren Länder jetzt genau ist. Und so war die Ausgangsidee für mein Abenteuer geboren. In dem Abenteuer selbst spielt man Tessa, eine junge Frau, die durch den Krieg gegen die Schwarzen Lords nach Süden fliehen musste. Nach dem Krieg nehmen sie die Kräuterdruiden von Bautar bei sich auf, bis sie überraschend die Aufgabe erhält, den jugendlichen Ralain in die Finsteren Länder zu eskortieren. Am Ziel angekommen, wird aber schnell klar, dass die Rekultivierung der Finsteren Länder nicht nur eitel Sonnenschein ist, sondern äußert mühsam und auch gefährlich. Und die Geschichte von Tessa und Ralain nimmt dann dementsprechend auch eine dramatische Wendung, die ich hier aber nicht verraten will."
Wie groß ist die Schnittmenge mit „Einsamer Wolf“, sowohl von den Spielmechanismen als auch von der Spielwelt?
"Das Abenteuer spielt zwar in der Welt des Einsamen Wolfs, funktioniert aber auch eigenständig, ohne dass man zwingend Vorkenntnisse benötigt. Wer den Einsamen Wolf noch nicht kennt, wird sich vielleicht an einigen Stellen wundern, was genau hinten den vielen Namen steckt, die da überall auftauchen. Für das Spielen und Erleben des Abenteuers selbst ist die Kenntnis der genannten Personen und Orte aber nicht entscheidend. Da, wo es notwendig war, habe ich die Sachen kurz erklärt, z. B. was ein Giak ist. Jemand, der den Einsamen Wolf kennt, wird natürlich auch mit den ganzen Namen, die am Rande fallen, etwas anfangen können, wodurch sich einige Hintergrundzusammenhänge sicherlich besser erschließen. Auch die Regeln des Abenteuers folgen dieser Devise. Veteranen können quasi nach zwei Minuten mit dem Abenteuer loslegen, weil sie hier abgesehen von Tessas neuen Fähigkeiten bereits mit allem vertraut sind. Und für Neueinsteiger sind die Regeln gegenüber der Hauptreihe bewusst einfach, kurz und verständlich gehalten. Aber das war eben eines der wichtigsten Kriterien für diese Veröffentlichung als eigenständiges Abenteuer, dass es auch für sich allein funktioniert und auch Leute anspricht, die sich vielleicht von den 500 Seiten dicken Büchern der Hauptreihe abgeschreckt fühlen, während es für Veteranen der Serie ein netter Bonus ist."
Hattest Du schon Autorerfahrung im Spielbuch oder auch Rollenspielbereich? Und wie hat sich diese auf „Die Jünger der Finsternis“ ausgewirkt?
"Ok, jetzt kommen wir wahrscheinlich zum Nerd-Teil des Interviews. Was meine Erfahrungen mit der Struktur und dem Aufbau von Spielbüchern angeht, so habe ich schon als 12-jähriger detaillierte Baumdiagramme von Spielbüchern angefertigt, natürlich alles von Hand. Die müsste ich sogar alle noch besitzen, irgendwo in einer Kiste. Dadurch kenne ich all die üblichen Mechanismen der Spielbücher, die aber teils sehr unterschiedlich sein können. Ein „Einsamer Wolf“, bei dem eine lineare Geschichte mit festem Ende erzählt wird, sieht da eben völlig anders aus als ein „Legenden von Harkuna“, wo man sich frei in einer Fantasy-Welt umherbewegen kann. Und trotzdem finde ich, dass hier noch endlos Raum für Weiterentwicklungen und Neuerungen ist, wie ja in jüngster Zeit „DestinyQuest“, „Reiter der Schwarzen Sonne“ oder „Metal Heroes“ bewiesen haben. Was ich faszinierend finde, ist herauszufinden, welche Dinge man zum Beispiel aus Computerspielen übernehmen und in Spielbücher einbauen kann, welche ja, was die Spielmechaniken betrifft, deutlichere Grenzen haben als Computerspiele. Prozesse, die bei einem Computerspiel im Hintergrund ablaufen, lassen sich nicht so einfach in ein Spielbuch übernehmen, wo man immer auf die Mithilfe des Lesers angewiesen ist. Hier die richtige Balance und die richtigen Kniffe zu finden, damit der Leser nicht das Gefühl bekommt, er verbringt mehr Zeit mit der Datenverwaltung als mit dem eigentlichen Spielen des Abenteuers, ist eine interessante Herausforderung. Ich finde zum Beispiel auch, dass Todesabschnitte, wenn sie ohne jegliche Vorwarnung kommen oder keine Möglichkeit für einen schnellen Wiedereinstieg bieten, ein Relikt der 80er sind, was Spielbücher für mögliche Neueinsteiger eher unaktraktiv macht. Viele mögen den Spielbuch-Markt für tot oder einen Nischenmarkt halten, aber ich denke, mit den richtig konzipierten Büchern kann man hier auch völlig neue Leser erreichen, die mit Spielbüchern oder Rollenspielen bisher eigentlich nichts am Hut hatten. Was das Schreiben selbst angeht, so habe ich mir in den letzten Jahren mein eigenes Fachwissen angeeignet. Literatur zum Thema Schreiben gibt es wie Sand am Meer, vor allem wenn man den englischen Buchmarkt mit einschließt. Das Wichtigste ist dann halt, die Spreu vom Weizen zu trennen, zu erkennen, was ein wirklich hilfreiches Buch ist, das entsprechend in die Tiefe geht und für mich und meine Arbeit praktisch anwendbar ist, und was nur oberflächliche Ratgeber sind, die sich eher an Freizeit-Autoren richten. Hm, so formuliert, mag das jetzt vielleicht etwas herablassend klingen, aber ich bin selbst immer wieder überrascht, wie stark man die Wirkung eines Textes durch das Verändern winzigster Details beeinflussen kann. Mit jedem Jahr an Erfahrung, das ich auf dem Gebiet dazugewinne, verstärkt sich irgendwie mein Eindruck, dass ich in Wirklichkeit gar nichts über das Schreiben weiß, dass ich gerade mal die Spitze der Spitze des Eisbergs kenne. Das sind natürlich alles Erfahrungen von denen ich beim Schreiben meines Abenteuers profitiert habe. Zudem hatte ich inzwischen ja auch mehrere Bücher von Joe Dever übersetzt. Das heißt, dass sich Joes Schreibstil so in mein Hirn eingebrannt hatte, dass ich meist schon am Anfang eines Satzes von ihm erkenne, wie der Satz endet. Dementsprechend habe ich mich für „Die Jünger der Finsternis“ natürlich stark an Joes Stil orientiert, sowohl was die Erzählweise als auch die Abenteuerstruktur betrifft, weil es mir eben leicht fällt und weil es ja in derselben Welt spielt. Wer da also Ähnlichkeiten entdeckt, so wie du in deiner Rezension auch, der liegt also nicht falsch."
Wie schwer war es, ein Solo-Abenteuer für diese Lizenz zu schreiben? War der große Name eher einengend oder inspirierend?
"Das Abenteuer ging mir eigentlich überraschend leicht von der Hand, nachdem ich den Handlungsverlauf erst einmal ausgearbeitet hatte. Und da ich die Welt von Einsamer Wolf seit meiner frühen Jugend kenne und dort in den letzten Jahren ja auch einige Bücher übersetzt habe, habe ich mich ziemlich sicher gefühlt, mich dort umherzubewegen. Und wer die "Einsamer Wolf"-Spielbücher mit offenen Augen liest, wird dort an fast jeder Ecke Ansätze für mögliche Abenteuer entdecken. Es muss ja nicht immer gleich darum gehen, die Welt zu retten. Ich denke, ein Abenteuer in einer bereits existierenden Welt zu schreiben, wenn man diese Welt gut kennt, ist hundertmal leichter, als sich dafür eine komplett neue Welt ausdenken zu müssen – außer natürlich diese Welt ist Tolkiens Mittelerde, Variante 4.821. Das wäre dann natürlich wieder einfach."
Findest Du es persönlich einfacher oder schwieriger, umfangreichere Solo-Spielbücher zu schreiben?
"Schwer zu sagen. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Das Offensichtlichste ist natürlich der größere Zeitaufwand, wenn man ein langes Spielbuch schreibt. Ich denke, die größte Hürde für neue Autoren ist es, den Willen und die Disziplin zu finden, ein Buch bis zum Ende durchzuschreiben. Insofern wäre meine Empfehlung, immer erst mal zwei oder drei kleinere Geschichten zu schreiben, um so Sicherheit zu finden, bevor man sich an etwas Größeres wagt. Man durchschwimmt ja auch nicht gleich beim ersten Mal den Ärmelkanal, sondern übt vorher auch auf kleineren Strecken, um sich die nötige Ausdauer anzutrainieren und sich mit den unvermeidlichen Hürden eines solchen Projekts vertraut zu machen. Der größte Vorteil von größeren Spielbüchern ist in meinen Augen, dass man natürlich eine umfangreichere Geschichte mit mehr Tiefe und Nebenpfaden erzählen kann und dass man mehr Spielelemente darin einbauen kann. Bei einem kurzen Spielbuch muss man die Dinge gezielter dosieren. In „Die Jünger der Finsternis“ stehen zum Beispiel nur sechs Fähigkeiten zur Auswahl statt bis zu sechzehn wie teilweise bei "Einsamer Wolf". Man muss ja alle Fähigkeiten irgendwie sinnvoll in das Abenteuer einbauen, und je kürzer das Abenteuer ist, desto weniger Gelegenheiten bekommt man dafür. Es macht wenig Sinn, den Spieler am Anfang eine Fähigkeit wählen zu lassen, die dann im Spiel überhaupt nicht vorkommt oder kaum spielerische Relevanz hat. Große Spielbücher bieten hier mehr Möglichkeiten und damit auch mehr Freiraum für Experimente."
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen Dir, dem „Mantikore Verlag“ und eventuell dem Lizenzgeber Joe Dever (und weißt der überhaupt davon ;-))?
"Wir sind da alle eigentlich schon ein eingespieltes Team. Am meisten habe ich natürlich mit Nicolai Bonczyk, dem Verlagschef, zu tun und mit Karl-Heinz Zapf, der das Layout und auch Lektorat für fast alle Projekte macht, an denen ich beteiligt. Man kennt sich und weiß, wie der jeweils andere arbeitet. Insofern war die Arbeit an „Die Jünger der Finsternis“ relativ reibungslos, zumal es ja im vertrauten Einsamer-Wolf-Buchkosmos spielt und wir mit dem ähnlich aufgemachten „Banedons Auftrag“ auch schon eine gute Vorlage hatten, an der wir uns orientieren konnten. Mit Joe Dever selbst hatte ich betreffs des Abenteuers kaum Kontakt, da es ja damals, als ich es geschrieben habe, ja auch gleich wieder in der Schublade verschwunden ist. Für die jetzige Veröffentlichung hat Nic alles Rechtliche geklärt, und Joe mir nur hat seinen Segen gegeben, ohne das Abenteuer selbst gelesen zu haben – was bei den Bonusabenteuern in den englischen Einsamer-Wolf-Büchern natürlich anders ist. Die werden von Joe und seiner quasi rechten Hand, Vincent Lazzari, genau inspiziert und bei Bedarf angepasst. In dem Zusammenhang ist es vielleicht ganz interessant, dass die Schweden für ihre Veröffentlichung von Einsamer Wolf teils die originalen Bonusabenteuer ignorieren und ihre ganz eigenen schreiben. Wenn ich mich nicht irre, funktioniert die Lizenz so, dass wir in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen eigene "Einsamer Wolf"-Sachen machen können, die keiner inhaltlichen Abnahme durch Joe bedürfen, aber nur dann, wenn sie auch nur auf Deutsch erscheinen. Im englischen "Einsamer Wolf"-Universum wird natürlich alles von Joe kontrolliert. Es ist ja auch seine Schöpfung."
Ich war von Deinem Spielbuch ja sehr angetan, aber wie wurde es von anderen Kritikern und natürlich den Spielern aufgenommen?
"Tja, leider habe ich außer deiner Rezension (Link) noch nicht allzu viele Rückmeldungen erhalten – was man ja als optimistisch veranlagter Mensch auch positiv interpretieren kann. Auch auf der Amazon-Seite zu meinem Abenteuer herrscht noch gähnende Leere, was sich gerne ändern darf. Es muss ja kein Roman sein, ein kurzes, konstruktives Feedback würde mich schon freuen. Und wenn es nur eine kleine Nachricht via Facebook ist. Keine Angst, ich bin ganz lieb und beiße nicht."
Wird es von Dir weitere „Einsamer Wolf“-Spielbücher geben? Oder geht es jetzt in ein ganz anderes Genre?
"Persönlich hätte ich nichts dagegen, weitere kleine Abenteuer in der Welt von Einsamer Wolf zu schreiben, die dann vielleicht in einem ähnlichen Format erscheinen wie „Die Jünger der Finsternis“. Konkret geplant ist da momentan aber noch nichts. Wem mein Abenteuer gefallen hat, der darf sich aber gern auf den kommenden Band von „Einsamer Wolf“ bzw. „Die Neuen Kai-Krieger“ freuen, wie die Weiterführung der Reihe jetzt heißt. Das Bonusabenteuer zu „Die Piraten von Shadaki“ habe ich nämlich zusammen mit Vincent Lazzari verfasst. Und es könnte vor allem für Silberstern-Fans interessant sein, da es ein Wiedersehen mit bekannten Charakteren aus der Silberstern-Reihe gibt. Ansonsten schreibe ich jetzt an meinem ersten eigenen Roman. Ja, richtig: Kein Spielbuch, sondern ein Roman. Es soll der erste Teil einer dreibändigen Fantasyreihe werden, die in ihrer eigenen, von mir entworfenen Welt spielt. Wichtig ist mir dabei, dass es keine mitteralterliche, europäische Ritter-und-Burgen-Fantasy wird. Stattdessen wollte ich meine Finger mal in andere Gefilde ausstrecken und bin sehr zufrieden mit den Ideen, die ich über die letzten Jahre gesammelt und zusammengeführt habe. Die Reihe wird also in vielerlei Hinsicht mit gängigen Fantasy-Klischees brechen, sich in ihrem Kern aber trotzdem wie Fantasy anfühlen. Zur Veröffentlichung kann ich aber leider noch nichts Genaues sagen, da ich eben noch mitten im Schreibprozess bin. Ein Projekt, das ich gerne noch verwirklichen würde, wäre ein eigener Blog, wo ich mein Wissen übers Schreiben im Allgemeinen und über das Schreiben von Spielbüchern im Speziellen teile. Ich habe schon fleißig Ideen für Blog-Beiträge gesammelt, weiß aber noch nicht, wie und wann ich das Ganze realisieren kann. Aber spätestens im Rahmen meiner Roman-Veröffentlichung möchte ich das gern umgesetzt haben."
Hast Du jetzt vielleicht noch ein paar Tipps & Tricks für angehende Nachwuchsautoren?
"Wie ich schon sagte: Fangt nicht gleich mit eurem Magnum Opus an, sondern versucht euch erst mal an kleineren Projekten, um ein Gefühl fürs Schreiben zu bekommen und eure eigene Stimme zu finden. Das anfängliche Imitieren eines Autors, dessen Bücher und Schreibstil ihr toll findet, ist absolut in Ordnung. Kein Mensch wird als Schriftsteller-Genie geboren. Schreiben ist zu gleichen Teilen Kunst und Handwerk und beide gehen fließen ineinander über. Egal wie genial die Ideen sind, die man hat, man kommt nicht umhin, sich auch mit den handwerklichen Aspekten des Schreibens auseinanderzusetzen, zumindest nicht, wenn man vorhat, seine Werke irgendwann auch zu verkaufen. Ein hilfreicher Tipp für diejenigen, die es schwierig finden, Zeit zum Schreiben zu finden, ist es, sich einen festen, wöchtenlichen Schreibtermin zu suchen, quasi als würde man in der Zeit zum Volleyball gehen. Viele sagen sich immer, ich schreibe einfach dann, wenn es sich ergibt, nur um dann festzustellen, dass es sich nie ergibt. Sucht euch also einen festen Termin in der Woche und besprecht mit eurer Familie oder den betreffenden Leuten, dass ihr in dieser Zeit für zwei oder mehr Stunden nicht zur Verfügung steht. Schließt euch ein, schaltet das Smartphone aus und arbeitet gezielt an eurem Schreibprojekt, ohne euch von irgendetwas ablenken zu lassen. Zwei Stunden pro Woche klingt jetzt nicht viel, aber wenn ihr das über einen Zeitraum von drei oder vier Monaten durchzieht, werdet ihr erstaunt sein, wie viel Text dabei zusammenkommt. Für ein kleines Einstiegsprojekt, wie ich es empfohlen habe, sollte das reichen. Und durch den festen und wiederkehrenden Rhythmus stellt sich für den Geist nach zwei bis drei Wochen häufig auch eine Art Routine ein, die es leichter macht, gezielt in eine Schreibstimmung zu verfallen. Und das Wichtigste: Nehmt die Tipps, die ich gerade gegeben habe, nicht als absolute Wahrheit hin. Das Gleiche gilt für allen anderen Ratschläge und Weisheiten, die ihr zum Thema Schreiben findet. Schreiben ist keine Mathematik, und selbst in der Mathematik gibt es häufig verschiedene Wege zum Ziel. Fachliteratur kann vor allem am Anfang sehr hilfreich sein, um zu sehen, welche vielfältigen Schreibtechniken es gibt, was die gängigsten Stolpersteine sind und welche Möglichkeiten es gibt, sie zu vermeiden. Aber beißt euch nicht daran fest, dass ihr es genauso machen müsst, wie es dort geschrieben steht, auch wenn der ein oder andere Ratgeber euch genau das weißmachen will. Jeder Autor hat eine andere Herangehensweise und eine andere Technik, und was für den einen funktioniert, sorgt bei dem anderen vielleicht nur für Frust. Der eine fertigt einen genauen Fahrplan für seine Geschichte an und hält sich streng daran, der andere hat nur eine interessante Ausgangsidee und fängt einfach an zu schreiben, um zu sehen, wohin sie führt. Beides sind völlig valide Herangehensweisen, und der Raum dazwischen ist ein riesiges, stufenloses Spektrum. Probiert die Tipps, die ihr findet, also unbedingt gerne aus, scheut aber nicht davor zurück, sie bei Bedarf zu ignorieren, wenn sie für euch nicht funktionieren."
Lieber Alexander, ich danke Dir für das umfangreiche und sehr informative Interview (und das zur Verfügung gestellte Bildmaterial). Gerne verweise ich noch einmal auf Dein Spielbuch (Link) und auf die bis 25. Oktober laufende Leserpreis-Abstimmung (Link), bei der Du gegen Altmeister Joe Dever antrittst :-D
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