Dem 28 Jahre jungen Naturschutz-Studenten Micha (Link) ist gelungen, was nicht vielen Indie-Spieleentwicklern vergönnt ist: Er hat gleich mit dem ersten Projekt "Ecogon" (Link) einen bemerkenswerten Verkaufserfolg erzielt (vierstellig!) und zudem noch den GOLDENEN STEPHAN 2016 als bestes Bildungsspiel abgeräumt. Da war es natürlich Ehrensache, dass er auch noch zum Indie-Interview antreten musste :-) Hallo Micha, stell dich doch bitte mal den Lesern vor.
"Da fang ich doch am besten mal ganz vorne an: Es begann vor 28 Jahren in einem kleinen Dorf zwischen Nord- und Ostsee. Schon von klein auf begeistert von der Natur, hab ich mich auch im Berufsleben darauf konzentriert. Zuerst eine Ausbildung zum Biologisch-technischen-Assistenten, ein paar Jahre Arbeitserfahrung an Universitäten, dann das Naturschutz-Studium in Sachsen-Anhalt, an dem ich immer noch dran bin. Da man als Student ja sogar mal zum Nachdenken kommt, bin ich tatsächlich auf die Idee gekommen ein eigenes Brettspiel zu entwickeln :-) "
Magst Du auch Dein preisgekröntes Spiel "Ecogon" bitte kurz vorstellen?
"Bei "Ecogon" erschafft man zusammen mit seinen Mitspieler*innen ein Miniatur-Ökosystem aus sechseckigen Spielplättchen auf dem Wohnzimmertisch. Dabei stellen die Sechsecke jeweils eine Pflanzenart, Tierart oder einen Lebensraum da. Das Ziel ist es nun die zufällig gezogenen Plättchen so zu den bereits liegenden zu zu ordnen, dass alle Lebewesen überleben können. Auf den Plättchen stehen nämlich die einzelnen Bedürfnisse, die jede Art hat und durch direktes Anlegen erfüllt werden müssen. Dafür gibt es dann Punkte, die aber bis zum Ende des Spiels auch gehalten werden müssen. Es gibt nämlich diverse Ereigniskarten, die einem immer wieder etwas zerstören oder durcheinander bringen."
Zu welchem Genre gehört es und was macht es gegenüber vergleichbaren Spielen besonders?
""Ecogon" kann als Kooperatives Legespiel eingeordnet werden, ist aber noch viel mehr als das. Durch den Bezug zum heimischen Ökosystem lernen die Spielenden automatisch etwas über unsere Natur und somit kann Ecogon auch als Lehrmittel in z.B. Schulen eingesetzt werden. Nur das es nicht gleich als langweiliges Lernspiel rüber kommt. Zu erwähnen ist noch, dass es auch einen kompetitiven Modus in der Spielanleitung gibt. D.h. auch wenn es als Kooperationsspiel entwickelt wurde, kann es trotzdem gegeneinander gespielt werden."
Kam zuerst das Szenario oder hast du erst die Regeln entwickelt und dann ein passendes Szenario gesucht?
"Das ging eigentlich Hand-in-Hand. Ich wollte ein Spiel entwickeln, welches die Natur spielerisch begreifbar macht. Dann habe ich mir angeschaut wie Ökosysteme funktionieren und siehe da: Der Spielmechanismus liegt direkt vor meiner Nase."
Welche Entwicklungsstufe hat der Entwicklungsprozess durchlaufen? Im Vorgespräch zum Interview hattest Du mir verraten, dass es anfangs eher in die "Magic The Gathering"-Richtung gehen sollte?
"Ja, das stimmt. Die ersten Ideen führten zu einem viel komplexeren Spiel, welches nur für Intensivspieler geeignet war. Erst im laufe der 3 ½ Jahre bis zur Veröffentlichung hat es sich zu einem familienfreundlichen Brettspiel entwickelt. Das ist natürlich die Kehrseite von Wissen. Ich wollte es zuerst so naturgetreu und realistisch wie möglich halten, was aber dazu führte, das die einzelnen Karten viel zu überladen waren mit Informationen. Nach und nach wurde dann abgespeckt."
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, ein eigenes Spiel zu entwickeln? Und was ist das Wichtigste bei der Entwicklung?
"Das kann ich natürlich nicht pauschal sagen, aber in meinem Fall stand ein gesellschaftliches Problem am Anfang. Ich hatte mich gewundert, warum so viele Kinder alle Pokemon auswendig kennen, aber nicht mal den Vogel vorm Fenster beim Namen nennen können. Also wollte ich durch Spaß die Natur näher bringen und hab angefangen zu überlegen. Bei der Entwicklung eines Spieles sollte man auf jeden Fall immer wieder Feedback von verschiedenen Spielergruppen einholen. Je unterschiedlicher diese sind, desto besser! Auch sollte sich immer die Frage gestellt werden, was ist jetzt das Besondere an meiner Spielidee, wodurch unterscheidet sie sich von bisher erschienenen Spielen in der Richtung."
Arbeitest du bereits an einer Erweiterung oder einer Fortsetzung?
"Sogar parallel an mehreren :-) In Arbeit ist gerade eine Erweiterung die auch als Stand-Alone gespielt werden kann, zudem eine "Ecogon"-Version für Kinder unter 8 Jahren. Ein Großprojekt ist dann noch die Verwirklichung als digitales Sammelkartenspiel."
Wie ist die Resonanz der Spieler und der Presse? Und konnten die bisherigen Erwartungen erfüllt werden?
"Mit "Ecogon" scheine ich einen Nerv der Zeit getroffen zu haben. Ein umweltschonend produziertes Brettspiel, welches kooperativ gespielt wird und dann auch noch etwas über die Natur lehrt, kommt bei den Medien und den Spielern sehr gut an. Das Schöne ist aber auch die Vielfalt der Spieler. Von Großeltern, die begeistert berichten wie ihre Enkel das Spiel lieben bis hin zu Vielspielern, die "Ecogon" gerne als willkommene Abwechslung beim Spieleabend mitnehmen."
Das klingt wirklich sehr ambitioniert und sehr spannend! Wo kann ich Dein Spiel aktuell antesten? Bist Du auf Cons unterwegs? Und wo kann ich es kaufen, wenn ich will?
"Da ich noch im Studium bin, habe ich leider gar nicht so viel Zeit auf verschiedene Cons zu gehen, aber ich versuche in Essen und Berlin dieses Jahr dabei zu sein. Ansonsten fragt einfach in der "Ecogon"-Facebook-Gruppe (Link) nach Leuten aus eurer Gegend die das Spiel bereits haben. Erwerben könnt ihr das Spiel einfach unter www.ecogon.de/shop (Link)"
Nach so einem Erfolg: Was kommt als nächstes?
"Das ist das 'Problem' wenn man einmal 'Blut geleckt' hat. Jetzt sprudeln die Spielideen nur so und es kann sich auf etliche weitere Spiele gefreut werden, die naturverträglich hergestellt wurden und einem sogar noch ein bisschen was auf den Weg mitgeben. Immerhin hab ich nicht nur für ein einziges Spiel den Verlag "Gaiagames" gegründet ;-) "
Und zuletzt: Hast Du ein paar Tipps für aufstrebende Nachwuchsentwickler?
"Haltet alle Ideen sofort schriftlich fest, wenn sie kommen. Ihr könnt nie wissen, wann sie mal gebraucht werden. Und das wichtigste: Durchhalten, durchhalten, durchhalten. Es ist ein langer Weg von der Idee über die vielen Prototypen bis hin zum fertigen Spiel."
Ich danke Dir für das Interview und wünsche Dir weiterhin viel Erfolg für die Projekte. Sehr gerne verweise ich nochmal auf die Webseite (Link) sowie hier gezielt auf das Exkursions- und LARP-Angebot (Link) :-D
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