Ich habe tatsächlich noch immer nicht alle deutschen Indie-RPG-Entwickler abgegrast und um ein Interview gebeten ;-) Oder es kommen schneller neue Projekte nach als ich hinterherkomme :-P Wie dem auch sei, diesmal bin ich auf ein vielversprechendes Fantasy-SciFi-Rollenspiel gestoßen und hab den Autor gleich mal Rede und Antwort stehen lassen! Und gleich dazu noch ein paar Infos zu einem geplanten Space-SciFi-Projekt aufgeschnappt! Hallo Tobias. Magst Du Dich den Lesern kurz vorstellen?
"Hallo, ich heisse Tobias Heimann, bin 32 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Kinder. Seit circa zehn Jahren arbeite ich als Autor an meinem eigenen Rollenspiel und illustriere dieses auch. An dem Thema Rollenspiele war ich schon sehr früh interessiert. Das erste mal überhaupt war in der fünften Klasse mit dem Klassiker DSA. Seit dieser Zeit kamen unzählige Rollenspiele hinzu und ich kann behaupten, dass ich in dem Genre mittlerweile recht bewandert bin."
Die Illustrationen sehen ja schon vielversprechend aus. Kannst Du Dein System bitte kurz vorstellen?
"„Tales of Theluria“ ist ein Fantasy-Science-Fiction Rollenspiel in einer Welt Namens Theluria. Sie wird von 10 humanoiden Völkern bewohnt die allesamt spielbar sind. Diese Rassen teilen sich das prachtvolle Land und die tiefen Ozeane mit einer Vielzahl phantasievoll gestalteter Tiere. Die Welt bzw. das Universum wird von mehreren Göttern regiert. Diese Götter sind real in Theluria und die Völker beten zu ihnen. Wenn ein Charakter stirbt ist dies nicht das Ende, denn der Charakter kann durch verschiedene schwierige Aufgaben versuchen, in die reale Welt zurück zu gelangen. Magie und Technologie teilen sich die Welt und somit ist es nicht außergewöhnlich, wenn eine Abenteuergruppe, bestehend aus einem Hexer der Prakthan (das Maschinenvolk), einem Barbar der Taro (Pflanzenvolk), einer Assassine der Aldravil (Meeresvolk) und einem Gelehrten der Zodiacs (halb Mensch, halb Tier) durchs Land zieht. Der Hauptplot besteht darin die Dämonen, die im ersten Zeitalter den Planeten infizierten, zu vernichten. Die Gestaltung der Dämonen, also in ihrem Erscheinen und ihrem Charakter (wenn man das so nennen kann), wurden stark an die Dämonen der asiatischen Mythologie angelehnt. Der Kontakt, der Handel und die abgeschlossenen Allianzen zwischen der Über- und Unterwasserwelt steht auch im Focus des Settings. Wenn ich die Welt (rein optisch) mit etwas Bekanntem vergleichen sollte, dann fällt mir da direkt die Final Fantasy Reihe ein. Den Vergleich mache ich aber eigentlich ungern, da dann der bittere Beigeschmack von einem kindischen Japan-Pop-Rollenspiel mit einher geht. Und so ist es ganz und gar nicht. Natürlich hat jeder so seine Inspirationen und gewiss kann man einige Mangas oder Animes hier wiederfinden, das liegt allerdings an der enormen Vielfalt von der Welt von „Tales of Theluria“."
Welche Regelmechaniken nutzt du?
"Ich wollte ein schnelles System schaffen. Ich fand es in vielen Rollenspielen sehr störend, wenn man für einen einfachen Hieb, besonders in einer Kampfsituation, drei unterschiedliche Würfelarten und Seitenweise Listen durch forsten muss, nur um zu bestimmen ob der Charakter trifft. Also habe ich mich für ein System entschieden welches zum Spiel und seiner Welt passt. Viele werden sicherlich das P&P zu „Legend of the five Rings“ kennen. Mein System ist sehr ähnlich jedoch noch leicht verändert. Im Prinzip folgen alle Würfelproben folgender Formel: Attribut + Fähigkeit (falls vorhanden) gegen Element. Natürlich gibt es hier auch die ein oder andere Spezifizierung. Genauer wird’s im Grundregelwerk erklärt."
Was macht "Tales of Thuleria" im Vergleich zu anderen Systemen besonders?
"Meiner Meinung nach ist das gesamte Paket besonders und hebt sich so schon von der Masse hervor. Es gibt allerdings drei große Einzigartigkeiten die ich gerne in den Focus stellen möchte. 1. Die innovativen Völker: Zehn unterschiedliche Rassen um alle Charaktervorstellungen umzusetzen. Natürlich wird der eine oder andere sagen: „Der sieht doch aus wie..., oder die gibt’s so ähnlich schon bei...“ doch gibt es diese Völker in dieser Zusammenstellung garantiert noch nicht. Wie bereits erwähnt ist die Charaktererschaffung darauf ausgelegt alle Vorstellungen um zu setzen. Ich spiele das Spiel seit circa 7 Jahren aktiv und in jeder Gruppe konnten die Wünsche des Spieler umgesetzt werden. Auch die darauf folgende Entwicklung der Charaktere ist völlig offen und kann den Wünschen und Vorstellungen der Spieler angepasst werden. Bei der Erstellung wird der Spieler sich zwar für eine Art Klasse entscheiden müssen die hat allerdings nur regeltechnische Hintergründe und beeinflusst nicht die Spielweise oder gar einzelne Entscheidungen des Charakters. 2. Das Unterwasserreich und seine Völker. Zwar ist das Unterwasserreich bei der Landbevölkerung noch weitestgehend unentdeckt, doch wird durch die gerade geschlossenen Allianzen immer mehr des geheimnisvollen Reiches der Tiefe erforscht. Eine Welt die so noch nie in einem Rollenspiel thematisiert wurde. Ich spreche hier nicht nur von U-Booten und abgeschotteten Unterwasserstädten, sondern von frei im Wasser lebenden Individuen und offenen Städten. 3. Das schnelle Zusammenspiel von Regeln und Spielfluss. Dadurch, dass die Regeln während des Spielens entstanden sind, harmonisieren diese beiden Bereiche sehr gut miteinander."
Wie kamst Du auf die Idee, ein eigenes Rollenspiel zu entwickeln?
"Ich habe schon sehr früh damit angefangen meine eigene Welten für ein P&P Rollenspiel zu erschaffen oder zumindest zu erdenken. Meist war es dann so, dass ich mit Freunden einen Film oder Serie geguckt hab oder ein Videospiel gespielt habe und uns das Setting so gut gefiel, dass wir uns dann ein Regelwerk als Grundlage bereitgelegt haben und dann in unserer Welt gespielt haben. Ich weiß noch dass wir das mit der Welt von "Dragonball", die dann von uns sehr extrem mit der mythologischen chinesischen Welt vermixt wurde und so unsere erste eigene Rollenspielwelt erschufen. Nach jahrelangem Zocken habe ich mich dann dazu entschieden ein komplettes System zu erschaffen. Nach zwei misslungenen Anläufen kam dann „Tales of Theluria“ dabei heraus."
Diese Spielwelt ist ja ziemlich weg von generischem Fantasy. Was hat Dich zu diesem speziellen Setting gebracht? Und hast Du die Regeln gezielt darauf hin entwickelt, oder kamen erst die Regeln und dann die Spielwelt?
"Ich bin ein großer Fan von Fantasy und Science Fiction. Außerdem kann man mein großes Interesse an die chinesische und japanische sowie die nordischen Mythologie nicht verleugnen. Dass ich selber Jahrelang Kampfsport betrieben habe und ein Fan der Asia-Movies bin, gibt es aus der Richtung garantiert auch großen Einfluss. Dass ich das alles unter einen Hut bringen wollte, auch um den Kern des Spielidee zu stärken (Freiheit für den Spieler), ist am Ende dies dabei raus gekommen. Wie oben schon erwähnt haben sich die jetzigen Regeln während des Spielens entwickelt. Natürlich gab es schon vorher eine Grundidee sonst wäre das Testspielen ja nicht möglich gewesen."
Plaudere doch mal aus dem Entwickler-Nähkästchen. Wie kann ich mir die Entwicklung eines Rollenspiels so vom Arbeitsablauf und Arbeitsaufwand vorstellen?
"Also ich kann Dir gar nicht sagen ob es der richtige Weg war, bzw. ob es überhaupt einen richtigen Weg gibt. Doch habe ich mich während der Entwicklung stets wohl gefühlt und ich glaube das dass das Wichtigste ist. Zunächst habe ich mich an die Geschichte der Welt gemacht. Dabei habe ich Fragen wie: Wie ist die Welt entstanden? Welche Religion Gibt es? Wie sehen die Völker aus? Wie sieht die Flora und Fauna aus? Und jede Menge mehr. Danach habe ich mich an den Charakterbogen und seinen Hintergrund gemacht(Welche Fähigkeiten? Welche Attribute? Welche übernatürliche Gaben? Usw...). Naja und dann kamen viele viele Kleinigkeiten. Die Meisten auch wirklich während des Spielens. Da ich Berufstätig bin und einen Familie mit zwei kleinen Kindern habe, ist da am Ende des Tages nicht viel Zeit, von da her habe ich immer nach Lücken für das Schreiben gesucht. Da ist es nicht verwunderlich dass ich schon zehn Jahre daran arbeite. Was sich im Endeffekt als sehr positiv herausgestellt hat, da ich alle meine Vorstellungen ganz in Ruhe in meinen Spielrunde ausprobieren konnte."
Da möchte ich gleich noch nachhaken: Was würdest Du zu jemandem sagen, der selbst ein Rollenspiel entwickeln möchte?
"Ganz wichtig: Macht erst mal Euer Ding! Schafft Eure Welt, Euer System, Eurer Regeln nach Euren Vorstellungen. Ich finde das hat Priorität und nicht die Frage gab es das schon? Oder: Was muss mein Spiel haben um auf den Markt zu kommen? Das Andere ist: Nehmt Euch viel viel Zeit und testet alles was Ihr Euch überlegt in einem Testspiel. So ein Projekt alleine zu stemmen ist schwierig aber machbar. Ich hatte allerdings auch Hilfe und viel Unterstützung von Freunden und meiner Frau, worüber ich sehr glücklich bin.
Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand?
"„Tales of Theluria“ ist ein fertiges Spiel. Ich bin zwar immer noch auf der Suche nach einem Verlag, habe allerdings schon viele Stationen auf dem Weg dort hin abgehakt. So ist z.B. der gesamte Text schon durch einen professionellen Lektor gegangen.Auch ist das Werk mit unzähligen Illustrationen versehen, da ich den Vorteil habe sowohl Autor als auch Illustrator des Spieles bin. Also ein abgeschlossenes Gesamtpaket."
Und wie ist die Resonanz der Spieler?
"Bis lang habe ich nur positives Feedback bekommen. Die Spieler waren besonders von der Freiheit in dieser Spielwelt begeistert. Auch die Zeichnungen waren immer ein beliebtes Thema der Spieler, da sie sich so noch mehr in die Welt rein fühlen konnten. Zudem fanden Rollenspiel-Neulinge und erfahrene Spieler es gleichermaßen spannend und gut spielbar. Bislang gab es noch keine negative Kritik, die aber bestimmt kommen wird, da man es ja niemals jedem Recht machen kann."
Wie wird die Zukunft aussehen? Was erwartet uns nach dem Regelbuch? Und hast Du noch andere Projekte?
"Ich hoffe doch, dass in nicht all zu fernen Zukunft ein Verlag darauf aufmerksam wird. Und es dann bald in den Ladenregalen stehen wird ;-) Im Moment schreibe ich an vier Quellenbüchern für das System. Zusätzlich arbeite ich gedanklich auch schon an einem Meisterschirm, der dann mit dem ersten Quellenbuch kommen soll. Da ich auch sehr gerne zeichne und die Welt von „Tales of Theluria“ liebe, arbeite ich parallel (immer wenn ein bisschen Zeit ist und die Inspiration stimmt) an einen Comic, der von der ersten Spielgruppe und ihren Abenteuern handelt. Es brodelt immer in meinen Kopf vor Ideen und dadurch habe ich auch schon die ersten Züge eines neuen P&P Rollenspiels vollzogen. Diesmal wird es ein Space-Science-Fiction-Spiel in einer fiktiven Galaxie. Logo und Galaxiekarte sind schon fertig, aber viel mehr als ein erstes Brainstorming gab es noch nicht. Ich freue mich schon auf dieses neue Projekt!"
Tobias, ich danke Dir für das Interview und wünsche Dir mit dem aktuellen und dem zukünftigen Projekt viel Erfolg!
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