Stell dir vor, du hättest genau jetzt, in diesem Moment, einen Wunsch frei. Und du könntest dir wirklich ALLES wünschen – Egal ob unermesslichen Reichtum, phantastische Superkräfte oder den Tod eines verhassten Mitmenschen. Was würdest du dir wünschen?
Genau diese Frage muss sich die Erdbevölkerung in dieser mit 284 Seiten sehr dicken, aber zu keinem Zeitpunkt langweiligen Graphic Novel stellen. Denn genau in dem Moment, als die Weltbevölkerung die Schwelle von 8 Milliarden erreicht, erscheinen 8 Milliarden Dschinns – Für jeden und jede Person einer, der dann auch genau einen einzigen Wunsch erfüllt. Wobei sich die Dschinns dabei zugegebenermaßen ein paar Schlupflöcher erlauben, wenn man seinen Wunsch nicht hieb-und-stichfest formuliert, beispielsweise indem sich gleiche Wünsche gegenseitig canceln – Will etwa jemand, dass es für immer Nacht ist, und jemand anderes, dass es für immer Tag ist, dann bleibt halt alles so, wie es war 😉 Das Prinzip ist also recht simpel, aber das muss es auch sein, damit daraus eine spannende und bei aller Phantastik doch nachvollziehbare Geschichte entsteht. Denn es gibt zwar viele Menschen, die ihren Wunsch direkt in der allerersten Sekunde äußern – was letztlich zu apokalyptischen Szenen führt – aber eben auch andere, die sich ihren Wunsch aufsparen, um damit auf den perfekten Zeitpunkt zu warten. Oder sie erleiden eine Entscheidungsparalyse und sind somit gar nicht in der Lage, überhaupt einen Wunsch zu formulieren... Aber wozu das alles? Haben die Dschinns einen durchdachten Plan? Sind sie einfach nur altruistisch? Oder machen sie sich einfach nur einen Spaß aus dem ganzen Chaos, immerhin reduziert sich die Weltbevölkerung im Verlauf der Geschichte drastisch...
Der primäre Handlungsort der Geschichte, die sich letztlich über mehrere Jahrhunderte erstreckt, ist dabei eine schäbige Kneipe. Hier hatte der Barbesitzer die geniale Idee, sich zu wünschen, dass all die anderen Wünsche eben jene Kneipe nicht betreffen – So schafft er einen Zufluchtsort für eine gerade zufällig anwesende Schicksalsgemeinschaft, etwa eine erfolglose Rockband, eine durch Verlust & Alkohol zerstörte Familie sowie eine in freudiger Erwartung befindliche, von fiesen Verbrechern erpresste Kleinfamilie... Es ist unglaublich interessant zu sehen, wie diese ganz unterschiedlichen Figuren mit der neuen Situation umgehen und wie sie im Verlauf der Jahre auch nach Lösungen suchen, um nicht für immer in der zwar sicheren, aber eben auch langweiligen Kneipe bleiben zu müssen. Diese im Anbetracht der Apokalypse glaubwürdigen Charakterentwicklungen, teilweise auch das Coming-of-Age der jüngeren Figuren, macht den eigentlichen Kern dieser Graphic Novel aus, die man beim uninformierten Durchblättern für einen ziemlich gut gezeichneten, etwas düsteren Superhelden-Comic halten könnte. Aber „Eight Billion Genies“ ist so viel mehr, weshalb ich mich auch nicht scheue zu behaupten, dass „Panini Comics“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben) hier eines der großen Highlights des Comic-Jahres 2024 publiziert hat!
Fazit: Von Anfang bis Ende ist „Eight Billion Genies“ (Link) ein phantastisches Gedankenexperiment, welches verschiedenste Genres wie Superhelden, Coming-of-Age & Apokalypse hervorragend miteinander vermischt!