Es gibt einige Dinge & Ereignisse, die in meiner Jugend an mir vorbei gegangen sind. Nicht immer bin ich darüber froh, aber bei einem Thema dann aber doch: Mutproben! Egal ob Ladendiebstähle, Klippensprünge oder eben Einbrüche in Spukhausruinen – Zum Glück war mein bester Kumpel, der Blognamensgeber Stephan, ein ziemlich vernünftiger Mensch, der solch einen Quatsch gelassen hat (und entsprechend auch nicht von mir verlangte). Immerhin die letztgenannte Mutprobe kann ich nun aber am Rollenspieltisch gefahrlos nachholen, denn „Pegasus Press“ (die mir mutigerweise ein Rezi-Muster zur Verfügung stellten) hat ein jahrzehntealtes Turnier-Abenteuer als überarbeiteten Grusel-OneShot übersetzt und publiziert. Na dann schauen wir mal, ob ich alter Angsthase überhaupt mutig genug für „Die Mutprobe“ bin...
Es ist mal wieder Reformationstag, aber das wissen die amerikanischen Jugendlichen in den 80er Jahren eh nicht, denn die feiern lieber Halloween. Und was eignet sich für so ein Grusel-Fest besser, als mal in einem sagenumwobenen Spukhaus zu übernachten? Angetrieben von ihrem spöttischen Mitschüler Roger, welcher sozial etwas verwahrlost und deswegen immer wieder brutal ist, wagt sich eine Kindergruppe (die vorgefertigten Charaktere sind zwischen 10 und 13 Jahre alt, man kann sich aber auch selbst jemanden mit ebenfalls im Buch befindlichen Kinderregeln basteln) auf das verlassene Grundstück. Das ist für sich genommen bereits gruselig und auch lebensgefährlich, weil hier allerlei Todesfallen wie einstürzende Decken, ungesicherte Brunnen und bissige Ratten auf die Kinder warten. Aber zu allem Überfluss haust im Keller auch noch eine kinderfressende Hexe, welche auch noch ein paar Zombies unter ihrer Kontrolle hat...
„Die Mutprobe“ ist prinzipiell ein richtig feines Abenteuer. Die Thematik an sich und der Schauplatz sind gruselig, zudem erfordern die kindlichen ProtagonistInnen eine ganz andere Vorgehensweise (da kann man in dem Alter halt nicht einfach mal so eine Schrotflinte mitbringen... okay, in den USA vermutlich schon 😉). Dabei bleibt das Abenteuer an sich recht einfach gehalten, sodass auch „Cthulhu“-Neulinge hier gut zurecht kommen dürften. Denn anstatt langwierig zu recherchieren und Sozialspiel zu betreiben, wird man direkt in die Geschichte hineingeworfen. Dann erforscht man sechs kleine "Dungeons" (die jeweilige Etage und das Außengelände), um wichtige Hinweise und hilfreiche Gegenstände zu Sammeln. Außerdem wird man gelegentlich durch verschiedene Schockeffekte wie Rattenangriffe, Irrlichter und herabfallende Blumentöpfe erschreckt – Wobei der Grusel-Level immer weiter ansteigt, denn die Keller-Hexe wird sich ihrer Sache immer sicherer und setzt beispielsweise immer mehr magische Hilfsmittel ein, um der Kinder habhaft zu werden.
Dabei kann man „Die Mutprobe“ durchaus als „normal-gruseliges“ Abenteuer spielen, welches Jugendliche, die älter sind als die vorgefertigten Charaktere, in ihrer geistig-moralischen Entwicklung nicht beeinträchtigen sollte – Das im Text immer mal wieder genannte „ab 12“ ist vielleicht etwas optimistisch, aber andererseits geht es da ja um amerikanische Jugendliche, die haben da drüben in den USA ja ein anderes Verständnis von Dingen, die für Kinder in Ordnung sind 😜 Es finden sich für die Spielleitung über die 80 Seiten verteilt aber auch zahlreiche Hinweise, wie man brutalere „ab 18“-Elemente einstreuen kann. Und apropos Spielleitung, die bekommt hier eine ganze Menge Material an die Hand – Meines Erachtens nach sogar zu viel, vor allem in Hinblick darauf, dass das mal ein Turnier-Abenteuer war. Nun ist zwar schön, dass (etwas übertrieben) quasi jeder einzelne Holzbalken und jeder Ziegelstein beschrieben wird, aber man muss dann doch ziemlich viel Text für so ein kurzes Abenteuer durchackern. Da wäre, wenn man schon so ein dickes Büchlein publiziert, noch eine stichpunkthafte Zusammenfassung aller relevanten Hinweise/Gegenstände/Gegner je Raum sinnig gewesen, wie man es z.B. bei vielen „Private Eye“-Abenteuern findet.
Aber davon mal abgesehen finde ich keine weiteren Kritikpunkte. Zum Kampfpreis von 14,95 € gibt es ein spannendes Kurzabenteuer mitsamt angepasster Regelerklärung, welches über einen ganzen Abend hinweg (oder während eines typischen Convention-Zeitslots) für gruseligen Spielspaß sorgt. Daher auch ein positives...
Fazit: Das Abenteuer „Cthulhu: Die Mutprobe“ (Link) ist zwar umfangreicher geschrieben, als es sein müsste, aber davon abgesehen bekommt man hier einen zwar simplen, aber doch sehr spaßigen Grusel-OneShot (mit der Option auf brutalen „ab 18“-Horror).