In den letzten paar Monaten habe ich ja nun schon gleich zwei Graphic Novels (nämlich „Der Krieg von Cathrine“ (Link) und „Ein Sack voll Murmeln“ (Link)) rezensiert, in denen französische Kinder aufgrund ihres jüdischen Glaubens vor der den Nazis fliehen mussten. Interessant war bei beiden Geschichten, dass sie trotz ähnlicher Ausgangslage doch jeweils eine ganz eigene Stimmung und einen eigenen erzählerischen Fokus fanden, sodass beide Bände nebeneinander ihre Daseinsberechtigung hatten – Wobei natürlich jeder Comic, der über Nazis aufklärt, eine Daseinsberechtigung hat! Mit „Die Insel der Gerechten“, wie die vorherigen beiden Graphic Novels ebenfalls beim österreichischen Autogestionsverlag „bahoe books“ erschienen, erscheint (etwas zynisch formuliert) nun schon die dritte Variante der gleichen Ausgangslage. Und da stellt sich natürlich die Frage, ob auch diese Geschichte einen eigenen erzählerischen Fokus und eine eigene Stimmung findet? Sascha lautet der Name des jüdischen Jungen, der diesmal im Fokus der Geschichte steht. Wobei, das ist eigentlich gar nicht richtig, er dient eher als eine Art „McGuffin“, um den herum die verschiedenen Prota- & AntagonistInnen handeln. Suzanne und Henri Cohen, seine Eltern, wollen mit ihm im Jahr 1942 nach Palästina auswandern. Doch kurz vor ihrer Abreise kommt es zu einer Razzia, bei der Henri angeschossen und gefangen genommen wird, während Suzanne und Sascha bei einem korsischen Fischer unterkommen. Doch auch in Korsika sind sie vor den willfährigen Handlangern des Vichy-Regimes (und damit vor den Kollaborateuren mit Nazi-Deutschland) nicht sicher. Suzanne wird verhaftet, sie entkommt jedoch und schlüpft mit Sascha in dem kleinen Dörfchen Canari unter. Dort sind sie nicht die einzigen jüdischen Flüchtlinge, denn der zivile Ungehorsam und auch die Resistance sind stark – Doch ein Verräter in den eigenen Reihen und ein übermäßig pflichtbesessener Kommissar bringen die beiden immer wieder in Gefahr... Ziviler Ungehorsam, teils auch bewaffneter Widerstand, in einer eingeschworenen Dorfgemeinschaft im Kampf gegen das Unrecht – Der Buchtitel „Die Insel der Gerechten“ passt einfach ganz hervorragend! Doch tatsächlich bereichert ein weiterer Aspekt die Geschichte, welcher beispielsweise in „Der Krieg von Cathrine“ nur quasi nebenbei kurz angedeutet wurde: Aktive Befehlsverweigerung. Denn einer der wichtigsten Protagonisten hier ist der Präfekt der Insel, welcher sich immer mehr um den Schutz von Suzanne und Sascha kümmert und dabei auch seine Karriere aufs Spiel setzt. Das mag nicht ausschließlich selbstlose Gründe haben, denn eine gewisse romantische Komponente spielt zweifelsohne eine Rolle, aber seine Taten sprechen für sich. Damit ist der Präfekt die ambivalenteste und damit auch interessanteste Figur dieses Buches – Was zugegeben aber auch nicht schwer ist, denn viele Figuren sind doch recht eindimensional charakterisiert. Das mindert aber nicht die Lesefreude, denn „Die Insel der Gerechten“ besticht durch eine stets bedrohliche Stimmung (man spürt quasi, dass jede Figur hier ein großes Risiko eingeht), welche durch schöne Illustrationen und eine stimmige Kolorierung erreicht wird. Also eine tolle, wenn auch mit 80 Seiten etwas knappe Graphic Novel, für welche „bahoe books“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) glatte 19 € haben möchte. Fazit: „Die Insel der Gerechten“ (Link) hat im Vergleich zu den anderen beiden oben in der Einleitung genannten Titeln nicht nur einen eigenen erzählerischen Fokus und eine eigene Stimmung gefunden; sie ist im Vergleich auch noch die beste der drei Graphic Novels!
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