Mit großer Macht kommt große Verantwortung, oder so ähnlich? Jedenfalls war „Bunte Dimensionen“ so mutig, mir bereits einen Monat vor Veröffentlichung den zweiten „Resilienz“-Band zuzusenden. Und stellt euch vor, ich würde jetzt den übelsten Verriss schreiben – Ob der kleine Augsburger Verlag dann genau so den Bach runter geht wie das „Resilienz“-Europa des Jahres 2069? Die Chancen auf einen Verriss stehen aber schlecht, denn vom Auftaktband „Totes Land“ (Link) zeigte ich mich damals ja ungewöhnlich begeistert – Und ich kann mir kaum vorstellen, dass Augustin Lebon als Autor und Zeichner in Personalunion jetzt so krass abbauen wird ;-) Aber worum geht es denn überhaupt? Europa ist 2068 nur noch ein ödes, ja fast schon wüstenähnliches Stück Brachfläche, in dem der Großkonzern „Diosynta“ mit literweise Herbiziden das Nötigste an Pflanzen anbaut. Damit ihm da keiner in die Quere kommt, besitzt er mit dem I.S.K. sogar eine eigene Privatarmee, welche die eigenen Produktionsstätten schützt und gleichzeitig auch noch rebellische Aktivitäten verhindert. Und mit solchen Aktivitäten ist nicht nur so etwas Offensichtliches gemeint wie beispielsweise die immer wieder angreifende Terrorgruppe „Die Söhne Gaias“, sondern auch schon so subversives Verhalten wie das Bewirtschaften eines eigenen Gartens! Die Eltern von Adam sind solche gemeingefährlichen Kleingärtner, welche auf einem weit abgelegenen Bauernhof eine grüne Oase geschaffen haben. Doch dieses private Glück reicht ihnen nicht, denn als Mitglieder des titelgebenden „Resilienz“-Netzwerkes versuchen sie die Bevölkerung über das Konzept des Eigenanbaus aufzuklären. Als jedoch eine Mission schief geht und sie dabei sterben, übernimmt Adam mitsamt seiner Lebenspartnerin Agnès diese Aufgabe. Nicht sehr erfolgreich, denn bereits beim ersten Aufeinandertreffen mit den I.S.K.-Rekrutiertrupps wird er gefangengenommen und für die landwirtschaftliche Unkrautbekämpfung zwangseingezogen. Doch mit seiner rebellischen Art eckt er schnell an, sodass seine einzige Hoffnung darin besteht, mit seiner Kollegin und Kurzzeit-Liebelei Ellen einen Fluchttunnel aus der „Diosynta“-Gefängnisstadt zu graben... Und das klappt dann tatsächlich, sodass sich Adam, Agnès und Ellen zu Beginn dieses zweiten Band im Untergrundzug des Netzwerkes wiederfinden. Tagelang werden sie verhört, denn die „Resilienz“ kann keinesfalls riskieren, dass „Diosynta“ ihren geheimen Stützpunkt findet. Aber offensichtlich wird nicht gründlich genug gearbeitet, denn alsbald formiert sich eine I.S.K.-Eingreiftruppe. Adam, der selbst unter Verdacht steht, will den Verräter auf eigene Faust finden. Doch ganz bei der Sache ist er nicht, da er mit Agnès und Ellen eine Art Liebesdreieck bildet. Schade, denn so hat die I.S.K. genug Zeit, um das naturbelassene „Resilienz“-Paradies anzugreifen... (Eh jetzt irgendwer rumheult: Das ist kein Spoiler, man muss sich einfach das Titelbild angucken :-P) Wie schon im Auftaktband erzählt Lebon seine Geschichte wieder äußerst vorwärtsdrängend, manche Szenen wirken dadurch sogar gehetzt. So wirkt die Auflösung der Spionage-Ermittlung etwas zufällig und das „Liebesdreieck“ kommt fast schon aus heiterem Himmel – Oder Ellen ist einfach so gut im Bett, dass dies einfach mal Adams langjährige Gefühle zu Agnès überstrahlt ;-) Davon abgesehen versteht man aber rasch, was auf dem Spiel steht, und entwickelt spätestens in diesem Band deutliche Sympathien für das „Resilienz“-Netzwerk (und sogar die „Die Söhne Gaias“-Terrorgruppe!) sowie die vom Autor intendierte Antipathie gegen „Diosynta“ beziehungsweise den großindustriellen Nahrungsmittelkomplex und seine politischen Verbündeten. Gerade das große Finale des Bandes, in dem die friedliche Verteidigung des Stützpunktes eskaliert, wühlt die Lesenden emotional auf und weckt unschöne Erinnerungen beispielsweise an die gewaltvollen Räumungen des Hambacher Forsts und des Dörfchens Lüzerath. Lebon liefert hier erneut eindrückliche Szenen, welche „Resilienz“ qualitativ weiterhin an die Spitze des „Bunte Dimensionen“-Portfolios setzen. Fazit: „Das verratene Tal“ (Link) hat mich begeistert, also machen wir es kurz: Stand heute, nach 2 von 4 Bänden, ist „Resilienz“ (Link) die beste Comic-Reihe des Verlags!
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