6 Jahre sind selbst im Nerd-Business eine lange Zeit, da hat man meist schon die nächste Rollenspiel- & die übernächste Tabletop-Edition herausgebracht. Über diesen langen Zeitraum haben wir uns im Podcast – es war eines unserer ersten Themen überhaupt – mehrfach mit „Heroes vs. Warlords“ befasst. Und wenn man diesen Blog hier mitrechnet, dann sogar noch viel länger, wie dieses mittlerweile fast schon „historisch wertvolle“ Entwickler-Interview (Link) aus dem Jahr 2016 beweist. Nun soll der mehrfach überarbeitete und deshalb verschobene Rollenspiel-Brettspiel-Mix bald noch einmal den Weg des Kickstarters antreten, weshalb ich von „Udo Grebe Gamedesign“ einen Prototypen zur Begutachtung bekam. Also schauen wir mal rein, ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat... 

 

Der Klarheit halber möchte ich hier noch einmal betonen, dass es sich bei diesem Artikel um einen Prototyp-Ersteindruck handelt: Ich hab alles mal ausgepackt und angefingert, die Regeln gelesen und gegen die erstbeste Person, die nicht weglaufen konnte, eine Proberunde gespielt. In der Zukunft erwartet euch dann noch ein ausführlicheres Podcast-Preview, wenn wir es in verschiedenen Konstellationen ausführlich gezockt haben :-) 

 

Okay, aber kommen wir zum eigentlichen Spiel. Das ist laut Untertitel „A Game of Fantasy & Strategy“, man kann es aber auch kurz und knapp als Brettspiel-Variante von „Heroes of Might & Magic“ beschreiben. Also man zieht mit seinen ein bis zwei Heldenfiguren durch die bisher unentdeckte Hexfeld-Landschaft der Fantasywelt Pangea, erobert dabei Ressourcen und Schätze, sammelt Erfahrungspunkte, verbessert seine Hauptstadt, vermöbelt Monster, findet Upgrades und macht natürlich die maximal drei anderen Mitspielenden fertig ;-) Dabei verkörpert jede der vier Fraktionen ein anderes Volk, welches gewisse Besonderheiten mitbringt. So sind die cleveren Amazonen beispielsweise ein Reitervolk, was im Kampf große Vorteile bringt, während die langsameren Ritter besonders robust sind. Die Barbaren dagegen geraten manchmal so in Wut, dass ihr ihre Hauptstadt einfach mit Sack und Pack mitnehmen, um woanders hin zu ziehen. Die Nekromanten dagegen besitzen gar keine eigene Hauptstadt, dafür rekrutieren sie ihre Zombie-Truppen aus gefallenen Feinden. Man merkt also schon an dieser kurzen, natürlich unvollständigen Völkervorstellung, dass sich der Spieldesigner Dirk Blech (unterstützt von dem Lieblings-Udo aller Nerds, nämlich Udo Grebe, sowie Andreas Betram) durchaus Gedanken gemacht hat, wie er eine gewisse Abwechslung ins Spielgeschehen bringt. Wobei sowieso keine Spielsitzung der vorherigen gleicht, da man ja – und das fand ich schon damals, als ich den allerersten Prototypen auf der SPIEL 2016 angezockt habe, ziemlich cool – auf zufällig generierten Spielfeldern agiert, die sich aus bis zu 20 Spielfeldteilen (welche wiederum aus je sieben Hexfeldern bestehen) zusammensetzen. Wobei 20 hier eine vorläufige Zahl ist, da sich die Anzahl vieler Spielkomponenten bei einem entsprechend erfolgreichen Kickstarter noch nach oben ändern kann.

  

Aber kommen wir mal zum Spielablauf an sich. Eine Spielsitzung geht, je nach Anzahl der Mitspielenden, über sechs bis zehn einzelne Runden. Diese setzen sich wiederum aus zehn einzelnen Phasen zusammen:

1. Zuerst wird die Initiative bestimmt, wobei man dafür – wie bei allen Proben, die nichts mit einem Kampf zu tun haben – einen W12 nutzt. 
2. Die Fraktion mit der höchsten Initiative führt nun Bewegungsaktionen aus; wobei das Terrain entscheidet, wie viele Bewegungspunkte man dafür ausgibt. Auf einen Berg zu klettern ist logischerweise kostenintensiver als durch einen Wald oder einen Sumpf zu laufen. Unter Umständen kann es hier auch zu Kämpfen kommen, da manche Felder von Monstern bewacht werden. 
3., 4. & 5. Im Uhrzeigersinn geht es dann nacheinander weiter. 
6. Anschließend werden eventuell gewonnene Ressourcen (Stein, Gold, Kristall. Holz) gleichzeitig eingesammelt. Außer beim Nekromanten, der braucht einfach nur Frischfleisch :-D Und dann wiederholen sich die Phasen 2. - 6. noch zweimal, eh es zum Abschluss der Runde geht... 
7. Nun können die frisch gewonnenen Ressourcen wieder ausgegeben werden, um die Hauptstadt mit neuen Gebäuden zu verbessern (z.B. Tavernen, Tempel & Paläste) oder um neue Einheiten (Nahkämpfer, Fernkämpfer, Kavallerie) zu rekrutieren. 
8. Anschließend wird aufgeräumt, etwa indem bestimmte Spielmarker entfernt und eventuelle Wachen ersetzt werden. 
9. Zuletzt schaut man nach, ob jemand gewonnen hat (Punktesieg oder Aufgabe), ansonsten geht es logischerweise wieder bei Phase 1 los.

 

Also im Prinzip ist das gar nicht so kompliziert, auch wenn die große Menge an Spielmaterial (“Udo Grebe Gamedesign“ ist immer noch ein CoSim-Verlag, das merkt man :-P) und vor allem das umfangreiche Regelheft (24 eng beschriebene Seiten im DIN-A4-Format – Auch hier kann der Verlag seine Wurzeln nicht verleugnen, diese systematische Strukturierung mit Unter-Unterpunkten kennt man primär aus CoSims ) etwas anderes vermuten lassen. Aber wenn man sich erst einmal eingelesen und mal eine Proberunde gezockt hat, geht das eigentlich alles recht problemlos voran. So auch die Kämpfe, die sich im Regelheft über gut 6 Seiten erstrecken und sogar Belagerungen und Erfahrungspunkte enthalten. Aber im Prinzip geht es lediglich darum, wer wann wen angreift und was die verschiedenen Würfelsymbole bedeuten. Ehrlich, wer schon mal ein anderes Brettspiel gezockt hat oder gar eine Konfliktsimulation, wird hier keine großen Probleme haben... 

 

Und damit komme ich auch schon zum Fazit: „Heroes vs. Warlords: A Game of Fantasy & Strategy“ (Link) macht spielmechanisch einen sehr guten Ersteindruck. Das funktioniert alles, das ist durchdacht, das holt man gern immer mal wieder auf den Tisch. Für einen maximalen Erfolg auf Kickstarter und damit einen Verkaufserfolg wirkt es aber noch ein wenig „roh“ – Die Regeln wirken nicht komplex (was sie sind, und das ist gut so), sondern kompliziert. Da sollte man unbedingt nochmal drüber gehen, um das Spiel – wenn man nicht nur die Hardcore-Brettspielfans und die CoSim-Bubble abholen will – noch etwas zugänglicher und damit „massentauglicher“ zu machen. Zum Spielmaterial und der generellen Präsentation von „Heroes vs. Warlords“ kann ich angesichts dessen, dass ich nur einen Prototypen hatte, aber noch nicht viel sagen. Einige Grafiken sehen jedoch schon sehr viel besser aus als die erste Kickstarter-Variante von 2018, bei anderen Punkten merkt man halt doch, dass das hier ein sehr großes Projekt eines sehr kleinen Nischenverlages ist. Ich drücke jedenfalls die Daumen, dass das vermutlich im April startende Crowdfunding ein Erfolg wird!