Gary Gygax, den Erfinder des ersten und international wohl auch populärsten Rollenspiels „Dungeons & Dragons“, kann man von der Wichtigkeit für die Nerd-Kultur her sicherlich in eine Reihe stellen mit G.R.R. Martin und E.W. "Gene" Roddenberry :-) Kurz vor seinem Tod gab er dem Journalisten David Kushner ein ausführliches Interview, welches die Grundlage für die Comic-Biografie „Rise of the Dungeon Master“ bildete. Finanziert durch ein Crowdfunding (Link zum Interview), hat der Phantastik-Verlag „Feder & Schwert“ nun die deutsche Übersetzung publiziert. Auf 136 Seiten werden seine wechselhafte Lebensgeschichte und die noch wechselhaftere Entwicklungs- und Publikationsgeschichte von „Dungeons & Dragons“ aufgearbeitet: Anfangs noch ziemlich planlos, findet der als leicht zwanghaft beschriebene Gygax mit dem Spielen und Entwickeln von Konfliktsimulationen erstmals eine Konstante in seinem Leben. Durch die Entwicklung des Fantasy-Tabletops „Chainmail“ und des darauf basierenden „Dungeons & Dragons“ ändert sich sein eher durchschnittliches Leben schlagartig. Denn Pen & Paper-Rollenspiele waren eine echte Marktlücke, welche sich erst in den USA, dann weltweit, rasant verbreiteten. Doch mit dem großen Erfolg des neuen Hobbys kamen auch Skepsis und Anfeindungen, welche nach dem Suizid eines Spieles und dessen Verfilmung (Link) in eine regelrechte Hexenjagd mündeten. Zudem geht Gygax's Firma und damit auch sein Vermächtnis den Bach runter, als sie finanzielle und rechtliche Fehlentscheidungen trifft... All diese Geschehnisse werden in insgesamt neun Kapiteln mal mehr, mal weniger tiefgründig thematisiert. Dabei gelingt dem Comic der interessante Kniff, dass die Erlebnisse sozusagen aus der „Rollenspielersicht“ der jeweiligen Personen (neben Gygax auch der D&D-Mitentwickler Dave Anderson und der Detektiv William Dear) erzählt werden, so als würde ihnen ein Spielleiter die jeweilige Situation beschreiben. Diese Art der Erzählung passt einfach hervorragend zur Thematik und lockert die sich rasch weglesbare Biografie auf. Wobei „rasch weglesbar“ hier gleichsam positiv wie negativ gemeint ist: Einerseits bleibt der Comic durchweg interessant (es ist halt die Biografie eines Spielerfinders und seines wichtigsten Werkes, da gibt es kein episches Dreiakt-Drama ;-)), andererseits geht er teils aber nicht so sehr in die Tiefe – Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich jetzt so viel schlauer bin, als wenn ich nur den Wikipedia-Eintrag (Link) gelesen hätte :-P Aber ein unterhaltsamer, wenn auch manchmal etwas distanzlos wirkender Comic ist natürlich viel cooler als ein staubtrockener Text; gerade auch dank den zwar eher einfachen, aber gefälligen Zeichnungen von Koren Shadmi. Diese werden dank des edlen Hardcovers inkl. Lesebändchen würdevoll präsentiert, der geforderte Preis von 27,95 € beziehungsweise 16,99 € für das PDF (Link) wird aber wohl eher nur Rollenspiel-Liebhaber ansprechen. Fazit: „Der erste Spielleiter - Gary Gygax und die Erschaffung von D&D“ (Link) ist eine sehr interessante und unterhaltsame Comic-Biografie. Trotz leichter Schwächen ist sie empfehlenswert, dank der Zugänglichkeit vielleicht sogar noch mehr für Leute, die mit den Namen Gary Gygax und „Dungeons & Dragons“ bisher nichts anfangen konnten.
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