Nach wie vor ist das WildWest-Genre (nicht nur bei Comics) sehr beliebt. Es kommen regelmäßig neue Bände auf den Markt, da wird es immer schwieriger aus der Masse hervorzustechen – Doch die im renommierten Augsburger Kleinverlag „Bunte Dimensionen“ veröffentlichte Graphic Novel „Angela“ beweist, dass gute Autoren dem Setting noch immer neue Aspekte abtrotzen können. Die kleine Angela führt ein ganz wundervolles Leben mit ihren liebevollen Eltern Joyce und Virgil. Doch diese Idylle wird zerstört, als die Jugendliebe ihrer Mutter wiederkehrt: Der entflohene Sträfling und Revolutionär Jason ist nach 12 Jahren zurück und möchte mit Joyce ein neues Leben als Goldschürfer beginnen. Doch die Wiedersehensfreude ist kurz, denn plötzlich taucht auch noch Virgil auf. Es kommt zum Streit, am Ende liegt Angelas Vater tot im Schnee... Jahre später hat Angela zwar Jason als ihren (Zieh-)Vater akzeptiert, doch echtes Vertrauen kann sie nicht aufbauen. Erst recht nicht, als ein schmieriger Knastbruder aus Jasons Vergangenheit auftaucht, um ihn zu einem gewieften Zugüberfall zu überreden. Doch auf Drängen von Mutter Joyce, die das entbehrungsreiche Leben als Goldschürferin satt hat, nehmen Jason und Angela an dem Raubzug teil... Dem Autoren-Duo Daniel Pacqueur und Olivier Vatine (wobei letzterer auch die Zeichnungen beisteuerte) gelingt es, mit „Angela“ auf gerade einmal 56 Seiten eine große WildWest-Story mit all den Elementen zu erzählen, die da halt so reingehören: Eine Familiensaga über Lust & Verlust, einen spannenden Raubzug, blut- & bleihaltige Gewalt sowie die vergebliche Suche nach dem schnellen Geld und persönlichen Glück. Dabei zeichnet sich die gut durchdachte Geschichte neben der sexy Titelheldin besonders dadurch aus, dass die wichtigen Nebenfiguren allesamt zwar nicht tiefgründig, wohl aber ambivalent charakterisiert werden. So ist es beispielsweise ausgerechnet die liebevolle Mutter Joyce, die den zögernden Jason förmlich dazu zwingt, entgegen seinem Willen an dem Raubzug teilzunehmen. Einzig Angela, wenn sie auch im Mittelpunkt der durchweg spannenden Geschichte steht, nimmt sich – bis auf einen entscheidenden Moment – bei der Charakterisierung etwas zurück. Sie ist die meiste Zeit eh kaum mehr als ein Opfer der Umstände – Allerdings ein äußerst wehrhaftes „Opfer“ ;-) Die Zeichnungen hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck: Einerseits sind sie wunderbar dynamisch (der großartige Zugüberfall!) und auch sehr stilsicher koloriert, andererseits aber mitunter grob. Wie immer ist das aber Geschmackssache – Anders als die Druckqualität von „Bunte Dimensionen“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), welche ganz eindeutig gut gelungen ist :-) 15 € für ein 56 Seiten starkes Hardcover gehen voll in Ordnung. Fazit: „Angela“ (Link) gehört zu den besten WildWest-Comics, die ich bisher gelesen habe. Komprimiert auf gerade mal 56 Seiten ist hier alles drin, was in so eine spannende WildWest-Geschichte reingehört :-D
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