Wenn die meisten Menschen drei Wünsche frei hätten, würde neben dem obligatorischen Reichtum und vielleicht noch dem Weltfrieden sicherlich auch die Unsterblichkeit ganz oben auf dem Wunschzettel stehen. Aber wäre das wirklich so wünschenswert? Eher nicht, finden zumindest die Protagonisten dieses „The Old Guard“-Sammelbandes, welcher die ersten fünf US-Ausgaben enthält. Die in sich abgeschlossene, aber noch viel Platz für Fortsetzungen lassende Geschichte ist rasch erzählt: Immer wieder gibt es Menschen, welche über die Gabe der Unsterblichkeit verfügen. Warum genau sie mit dieser Gabe gesegnet (oder, wie sich rasch herausstellt, verflucht) sind, wissen sie zwar nicht – Wohl aber, dass sie damit nicht alleine sind. Über Traumvisionen fanden Andy, Nicky, Joe und Booker zueinander, sodass sie sich irgendwann im Verlauf der letzten paar Jahrhunderte zusammentaten und eine unschlagbare, weil unsterbliche, Söldnertruppe gründeten. Für den freischaffenden Agenten Copley sollen sie diesmal entführte Mädchen im Südsudan befreien, doch entpuppt sich diese Mission als Falle: Ein mächtiger Industrieller hat es auf die Truppe abgesehen, um an das Geheimnis ihrer Unsterblichkeit zu gelangen. Verkompliziert wird das Ganze, als der Gruppe eine neue Unsterbliche in ihren Träumen erscheint. Und dann scheint es auch noch einen Verräter in den eigenen Reihen zu geben… Wie gesagt, die grundlegende Handlung und deren Verlauf ist wirklich rasch erzählt und alles andere als überraschend: Hinterhalt, Neurekrutierung, Eingewöhnung, Befreiung. Aber sieht man mal hinter die blut- und bleihaltige Fassade, kommen wirklich interessante Figuren zum Vorschein. Gerade die Anführerin Andy, welche mit vielen tausend Jahren die meiste Lebenserfahrung besitzt, wird in verschiedensten Graustufen charakterisiert: Einerseits ist sie die taffe, brutale Söldnerin und Anführerin, andererseits aber unter ihrem emotionalen Schutzpanzer eine an ihrer Gabe verzweifelnde, tieftraurige Frau. Auch der Neu-Unsterblichen Nile wird in diesem Sammelband viel Platz eingeräumt, ihr anfänglicher Unglaube, ihre Emotionen und ihre langsame Akzeptanz der Gabe wirken vollkommen nachvollziehbar. Gegen diese beiden starken Hauptfiguren treten die restlichen drei Protagonisten sowie besonders aber die Antagonisten deutlich zurück, was man dank der rasch vorwärts drängenden, furios inszenierten Geschichten aber kaum mitbekommt. Die ersten paar Seiten musste ich mich noch an die ziemlich groben Zeichnungen und die teils minimalistische Kolorierung gewöhnen, dann jedoch entwickelte dieser atmosphärische Bilderreigen einen wahrhaften Sog – Ein weiterer Pluspunkt eines ohnehin schon tollen Sammelbandes :-) Ebenfalls ein Pluspunkt ist die wie immer großartige Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), welche den Preis von 24,80 € für 184 Seiten (inkl. Bonusmaterial) akzeptabel erscheinen lässt. Fazit: „The Old Guard #1 Erstes Gefecht” (Link) ist ein furios inszenierter Action-Thriller, der nicht nur von seinen tollen Zeichnungen, sondern auch von den interessanten ProtagonistInnen getragen wird. Ich bin sehr gespannt, wie diese Geschichte weitergehen wird!
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