Heute wird es mal Zeit für eine echte Mammutaufgabe: „Der Gesang der Strygen“ zählt nicht nur zu den ältesten Comic-Serien des kleinen Augsburger Verlags „Bunte Dimensionen“, sondern auch zu den umfangreichsten. Auf mittlerweile 17 Bände in drei Zyklen bringt es die Urban-Mystery-Reihe, an deren abschließenden 18. Band aktuell gearbeitet wird. Wie zu erwarten befasst sich die erste Rezension mit dem Auftakt-Zyklus, welcher aus den ersten sechs Bände besteht. Grob gesagt handelt dieser erste Zyklus vom Zusammenfinden der Protagonisten und ihren gemeinsamen Ermittlungen zu geheimnisvollen Flügelwesen, welche die Macht bis in die höchsten Sphären von Politik und Wirtschaft an sich gerissen haben…
1. Im ersten Band Schatten (Link) wird auf den US-Präsidenten, während er einen Geheimstützpunkt besucht, ein Anschlag verübt. Das Schlimmste kann zwar gerade so durch eine mysteriöse Frau abgewendet werden, doch verliert Sicherheitschef Kevin Nivek trotzdem seinen Job. Das will er nicht akzeptieren, deshalb versucht er seiner Geliebten Melly Chapman – welche als Gerichtsmedizinerin das einzige Todesopfer des Anschlags untersuchte – einige Geheimnisse zu entlocken. Bevor er Melly richtig dazu drängen kann, wird er auch schon von Agenten verfolgt… Die mysteriöse Frau heißt Debrah Faith und ist so eine Art Söldnerin, welche ihrerseits Nachforschungen anstellt. Des gemeinsamen Ziels wegen bietet sie Kevin eine Zusammenarbeit an – Aber kann man ihr trauen?
2. Auch Melly hat eigene Nachforschungen angestellt, doch bekam ihr das gar nicht gut: Als sie das einzige Todesopfer des Anschlags noch einmal obduzieren will, verfällt sie des Wahnsinns. Eingesperrt in einer Irrenanstalt, dient sie als Köder für die Fallen (Link), welche dem noch immer untergetauchten Kevin gestellt werden. Währenddessen ermittelt Debrah im Fall eines ermordeten Rüstungsmagnaten, der scheinbar auch mit mysteriösen Flügelwesen im Bunde war. Ihre Nachforschungen bringen Kevin und Debrah zum ehemaligen Professor Josh, welcher sie über die Existenz der Strygen aufklärt.
3. Langsam geht es vorwärts: Kevin, Debrah, Melly, Josh sowie dessen extra eingeflogener Kollege Graham tun sich zusammen, um gemeinsam Licht ins Dunkel zu bringen. Ihre Nachforschungen bringen sie nach Peru, genau an den Ort, an dem im vorherigen Band der Rüstungsmagnat ermordet wurde. Doch die Einheimischen haben ganz und gar etwas dagegen, dass man wegen ihrer Verbindungen mit den Strygen herumschnüffelt… Zeitgleich entschließt sich der US-Präsident seinen Ex-Sicherheitschef Kevin wieder zurück ins Boot zu holen – Allerdings nicht, weil er ihm wieder vollkommen vertraut, sondern um ihn unter Kontrolle (Link) zu haben!
4. Die Ermittlungen gehen weiter, wobei jeder auf seine ganz eigene Art vorgeht: Kevin nutzt seine wiedergewonnen Regierungskontakte, Debrah sprengt eine ganze Menge in die Luft und Melly, Josh & Graham versuchen okkulte Experimente (Link).
5. Die Truppe ist schon fast am Ziel und versucht ihre Gegner nun in die Enge zu treiben: Mit einem investigativen Zeitungsartikel soll die Öffentlichkeit über den Einfluss der Strygen informiert werden. Auch der Präsident wird beschuldigt, der daraufhin versucht alle Spuren (Link) zu verwischen – Und auch über Leichen geht…
6. Zeit für das Zyklus-Finale: Um den Strygen Einhalt zu gebieten, arbeitet das Team widerwillig mit dem Militär zusammen. Bei einer Geheimoperation im brasilianischen Dschungel soll der Ursprung der Strygen ausgekundschaftet werden. Dabei müssen die Protagonisten erfahren, dass die Existenz (Link) der Strygen enger mit dem Menschen verbunden ist, als ihnen lieb sein sollte…
Der erste Zyklus der Urban-Mystery-Reihe „Der Gesang der Strygen“ überzeugt mit einer unterhaltsamen, oft temporeichen Handlung, welche den Spannungslevel fast kontinuierlich hochhält. Hier sind besonders die immer mal wieder wechselnden Allianzen zu nennen, bei denen man sich nie ganz sicher sein kann, ob diese Zweckbündnisse nicht doch eher ins Verderben stürzen :-) Lediglich an ein, zwei Stellen macht die Geschichte dann doch mal einen Schlenker zu viel (beispielsweise ist die Peru-Reise, die ca. ein Drittel des dritten Bandes ausmacht, für den letztendlichen Erkenntnisgewinn doch arg lang ausgefallen), aber das ist bei sechs Bänden zu je 48 Seiten verschmerzbar. Nicht ganz so verschmerzbar sind da eher einige fast schon an Deus ex Machina erinnernden Handlungswendungen, welche teils doch arg bemüht wirken. So etwa gleich zweimal im Abschlussband: Erst ist das Auffinden des supergeheimen Strygen-Verstecks so billig, dass man sich fragt, warum da nie jemand vorher draufgekommen ist? (Lösung: Das Nest könnte ja da sein, wo man die Strygen am häufigsten gesehen hat :-P) Und dann erscheint die rettende Protagonistin einfach mal so mitten im Dschungel per Fallschirm, wo sie vorher noch am anderen Ende der Welt war. Klar, Debrah ist schon eine Superdupersöldnerin (bei deren Fähigkeiten ich mich nicht wundern würde, wenn sie in späteren Bänden noch als übernatürlich entlarvt werden würde…), aber da war schon arg viel Glück und Zufall dabei. Was ärgerlich ist, denn auch wenn es sich natürlich um einen trashig-pulpigen Monsterverschwörungscomic handelt, war „Der Gesang der Strygen“ doch in sich recht nachvollziehbar und logisch… Apropos Debrah. Hier verschenkt der Autor massiv erzählerisches Potential, weil sie für eine so umfangreiche Geschichte erstaunlich flach ist :-( Außer dass sie mindestens so kampfkompetent wie 007 ist und mit Vorliebe mitunter unpraktische Lack-Leder-Latex-Kleidung trägt, erfährt man eigentlich nichts über sie. Schade, denn all die anderen Hauptfiguren (Kevin, Melly, Josh) werden durch ihre jeweiligen persönlichen Konflikte und Probleme wesentlich interessanter für die LeserInnen. Aber gut, hier handelt es sich nun auch nicht um ein komplexes Charakterdrama, sondern um knallige Mystery-Action. Und die wird wirklich hervorragend umgesetzt, da hat der Zeichner sehr gute Arbeit geleistet :-) Nebenbei hat er einige wirklich coole Popkultur-Referenzen eingebaut, indem Nebencharaktere sich an Schauspielern bzw. ihren berühmten Rollen orientieren. Ab dem fünften Band wechselt übrigens der Kolorist, was den Look merklich moderner, aber auch ein wenig austauschbarer macht. Aber das ist wie immer Geschmackssache. Die Druckqualität vom Comicspezialisten „Bunte Dimensionen“ (welche mir dankenswerterweise Rezensionsmuster zur Verfügung gestellt haben) ist von gewohnter Qualität, sodass 13 € je 48seitigem Hardcover voll in Ordnung gehen. Fazit: „Der Gesang der Strygen: Zyklus 1“ (Link) ist nicht nur die umfangreichste Comic-Reihe von „Bunte Dimensionen“, sondern von allen bisher rezensierten Urban-Mystery-Reihen auch noch die coolste :-D Wer auf trashig-pulpige Monsterverschwörungen steht sollte unbedingt mal reinlesen!
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