Eine Anthologie zum Thema Weiblichkeit, bei der Brüste stets der entscheidende Dreh- & Angelpunkt der Kurzgeschichten sind – Das klingt so abstrus, das kann doch gar nix werden (okay, zumindest nichts mit Niveau). Aber immerhin hat es die Comic-Kurzgeschichtensammlung „7 Frauen“ von Autor & Zeichner Olivier Pont bis in den renommierten „Splitter Verlag“ geschafft, also kann das Konzept wohl doch nicht so schlecht sein? Die sieben kurzen Episoden dieser Anthologie (okay, eigentlich ist das der falsche Begriff, da eine Anthologie ja mehrere Autoren voraussetzt – aber die Kurzgeschichten lesen sich so unterschiedlich, dass man schon glauben könnte, es wäre mehr als ein Autor am Werk gewesen ;-)) befassen sich mit unterdrückten oder zumindest eingeschränkten und eingeengten Frauen jeglichen Alters, welche sich gegen alle Widerstände in irgendeiner Art und Weise freikämpfen – Sei es, dass sie einfach nur ihre Brüste offen zeigen, oder auch, dass sie diese nicht mehr offen zeigen. Okay, das klingt wirklich immer abstruser, aber glaubt mir, es lohnt sich :-)
1. Die erste Geschichte handelt von der jungen Schülerin Chloé. Diese ist körperlich noch ziemlich unterentwickelt und wird daher von den pubertierenden Brüste-Trägerinnen mal ignoriert, mal gemobbt. Am Ende rächt sie sich jedoch dadurch, dass sie mit dem Schulschwarm schläft, an dem eigentlich die anderen Mädels interessiert sind. Okay, ich verstehe schon, dass das jetzt so ein Body-Positivity-Ding ist, aber die intendierte Moral ist zumindest diskutabel – Und in genau dieser Tonart geht es dann bei der zweiten Episode weiter... 2. Über die Zeit der Schulschwärmereien ist Mathilde schon lange hinaus, sie ist gefangen in einer spießigen Ehe zur Zeit der 68er-Bewegung. Also verlässt sie Mann und Kinder, um erst eine lesbische Affäre zu beginnen und dann bei öffentlichen Protesten ihre BH's zu verbrennen – Mann und Sohn sind geschockt, die Tochter inspiriert. 3. Ging es zweimal sozusagen darum, die Brüste auszupacken, geht es nun darum, sie wieder einzupacken ;-) Alison ist eine für ihre freizügigen Auftritte gefeierte Schauspielerin. Nun möchte sie sich plötzlich nicht mehr auf ihre Brüste reduzieren lassen, sondern auch mal angezogen bleiben – Was, ob ihres bisherigen Werdegangs, sowohl von ihren Kollegen (bei denen sie einen einschlägigen Ruf hat) als auch der Klatschpresse nicht ernst genommen wird. Darum entschließt sie sich notgedrungen, ihre Karriere hinter sich zu lassen und nochmal von vorne anzufangen. 4. So attraktiv wie Alison war auch mal die kräftige Sylvia - Zumindest für ihren Mann. Aber das ist acht Jahre her, nun vergnügt er sich lieber mit einer jüngeren, schlankeren Geliebten. Aber Sylvia will kämpfen, doch als ihr dies nicht gelingt, erstickt sie ihn beim Sex unter ihren Fettmassen – Ich lass das jetzt einfach mal unkommentiert stehen ;-) 5. Fanny gibt ihr Debüt als Nacktmodell für einen Kunstkurs. Statt Geld möchte sie einfach nur ein paar der Zeichnungen, um sich an ihren bald nicht mehr makellosen Körper zu erinnern. Eine sehr unspektakuläre, aber (das kann ich aus meiner beruflichen Erfahrung sagen) auch sehr realitätsnahe Geschichte. 6. In der nordafrikanischen Savanne flieht die junge Elikya vor ihrem Ehemann. In der Wüste kommt sie nicht weit, doch ein Junge eines anderen Dorfes rettet sie und päppelt sie wieder auf. Für ihn sind ihre Brüste die Inspiration zu einer heidnischen Schnitzerei, welche den Regen in das von Dürre geplagte Dorf bringen soll. 7. Zuletzt berichtet Fleur von ihrer Arbeit als erfolgreiche Dessous-Verkäuferin. Sie geht dabei so intensiv auf ihre Kundinnen ein, dass sie irgendwann zu Freundinnen werden. Und die hat sie auch bitter nötig, als plötzlich ihr Laden abfackelt...
Brüste sind das vordergründige Thema dieser Comic-Anthologie, um sie drehen sich die einzelnen Geschichten. Entsprechend häufig und prominent werden sie dargestellt. Ehrlich, ich habe noch nie so viele Brüste in einem Comic gesehen, nicht einmal beim dafür wesentlich prädestinierteren „Sonnenstein“ (Link) ;-) Aber hier dienen sie nicht als voyeuristischer Blickfang, sondern sie stellen vielmehr ein Symbol der mal unterdrückten, mal entfesselten Weiblichkeit dar. Über die nie plakativ erzählten Geschichten, welche übrigens immer in irgendeiner Art und Weise hoffnungsvoll enden, können und werden die LeserInnen sicherlich noch lange nachdenken und vielleicht auch diskutieren – Gerade bei Chloé, Mathilde und besonders Sylvia habe ich ob der Moral mindestens verwundert die Augenbraue hochgezogen... Autor Olivier Pont war ja auch zugleich der Zeichner, das hat er weitestgehend gut hinbekommen. Der Grafikstil passt hervorragend zu den Geschichten, lediglich mit den Gesichtern (die teilweise eher wie Emojis wirken) werde ich einfach nicht warm. Aber das ist Geschmackssache, genauso wie der gesamte Comic... Der wurde übrigens in gewohnt guter Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat) veröffentlicht, welcher für 120 Seiten im Hardcover 19,80 € verlangt. Fazit: "Feministische Busen-Anthologie" beschreibt „7 Frauen“ (Link) einerseits treffend, wird aber der inhaltlichen Tiefe und der teils diskutablen Moral dieses Ausnahmewerks andererseits gar nicht gerecht. Ich bin jedenfalls begeistert :-)
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