Es ist gerade mal zwei Monate her, da habe ich den vermutlich härtesten Verriss meiner bisherigen Blogger-Karriere geschrieben: „Die Welt der 1000 Abenteuer: In den Fängen der Seehexe“ (und damit niemand auf falsche Gedanken kommt: Verrisse schreiben macht echt keinen Spaß :-(). Nun ist ein weiteres Buch dieser Reihe namens „Welt der 1000 Abenteuer: Das Vermächtnis des Zauberers“ (da wurde das „Die“ eingespart ;-)) im „Mantikore Verlag“ erschienen und dessen Chef Nicolai Bonczyk war so mutig, mir von sich aus ein Rezensionsexemplar zuzusenden. Schlimmer geht immer! Oder doch nicht? Bei „Welt der 1000 Abenteuer: Das Vermächtnis des Zauberers“ handelt es sich um ein weiteres Spielbuch aus der Feder von Jens Schumacher (Link). Es ist eine überarbeitete Neuauflage des 2009 erschienen Originals, welches wohl das meistverkaufte deutsche Spielbuch aller Zeiten sein soll und sogar eine türkische Übersetzung bekommen hat. Gratulation dafür :-) Aber mal zum Buch an sich: In diesem übernimmt man die Rolle eines jungen Schmiedegehilfen, der zur Rettung des Fantasy-Königreichs Konduula auserkoren wurde. Naja, zumindest fast, denn der fette Vetter Bolko glaubt dass die Prophezeiung auf ihn zutrifft und besteht darauf mitzukommen. Und so beginnt der Spieler zusammen mit Bolko eine gefährliche Reise, um drei Teile eines zerbrochenen Zauberstabes zu finden. Denn nur wenn man diese Bruchstücke zusammensetzt, gibt es genug magische Energie um die Schutzbarriere rund um das Königreich wieder aufzuladen, damit kein Feind sie durchdringen kann. Die Suche nach den vermissten Zauberstabteilen führt den Spieler dann durch das gesamte Königreich: Angefangen von dem finsteren Wald von Kwalm, der vernebelten Stadt Sloggart über den von einem Drachen besetzten Berg Bror, die Alven-Stadt Alvona, einem Dracula-Schloss, dem Schlamm-Hügelland bis hin zum magischen Eisberg-Plateau von Ann'Tonn kommt man richtig viel rum und wird mit einer ganzen Menge Fantasy-Klischees konfrontiert. Dadurch, dass man aber an jedem Ort ein kleines Abenteuer erlebt, dabei aber das große Ziel nicht aus den Augen lässt, bleibt man jedoch bis zum Ende hin motiviert. Der Rollenspiel-Aspekt bleibt dabei wieder recht gering: Man kann sich zu Beginn eine von fünf Spezialfähigkeiten aussuchen, welche bei bestimmten Situationen eine weitere Spieloption bietet. Wobei ich den Eindruck hatte, dass manche Fähigkeiten wesentlich häufiger zum Einsatz kommen (Tiersprache, vielleicht noch Vorahnung... Den Rest hätte ich höchstens einmal gebraucht). Außerdem darf man noch das rudimentäre Inventar verwalten, das war es dann aber auch schon. Kommt es zu einer Probe, muss man wieder das Schicksal befragen, also zufällig eine Rune antippen. Entweder hat man halt „Du bist tot“ ausgewählt oder „Weiter geht’s auf Seite XY“ - Das ist noch immer frustrierend, weil absolut glücksabhängig. Allerdings muss man sich diesmal nicht mit so vielen tödlichen Szenen auseinandersetzen, weil man diese recht gut umgehen kann. Im Prinzip gilt das Motto: „Egal was Bolko machen will, mach das Gegenteil!“ :-P Und außerdem wurde das schreckliche und überaus frustrierende Kampfsystem komplett gestrichen – Danke dafür! Und wo wir gerade das Thema Bolko haben. Der schafft es problemlos, sofort den Hass des Lesers auf sich zu ziehen. Eigentlich jammert er die ganze Zeit nur rum oder er macht dumme Sachen – Aber wie gesagt, dank ihm weiß man immer, was man nicht tun sollte, sodass mich das ein wenig mit ihm versöhnt hat ;-) Als zweite Begleiterin stößt im Handlungsverlauf die Alve Kjara hinzu, welche hilfreiche Informationen liefert, aber ansonsten genau so blass bleibt wie alle anderen Nichtspielercharaktere und Gegner. Dafür werden die verschiedenen Handlungsorte zumeist so ausführlich beschrieben, dass man sich die Szene vor seinem geistigen Auge gut vorstellen kann. Auch muss man dem Autor ein Lob aussprechen für seinen Versuch das Spielbuch mit ein wenig Abwechslung aufzupeppen. Beispielsweise gerät man bei einer Flucht unter Zeitdruck und darf sich nur zwei Sekunden für eine Entscheidung Zeit lassen, muss einen Drachen beim Rätsel-Duell besiegen und gegen einen Dämonen beim „Tic Tac Toe“ gewinnen. Für ein Spielbuch (Link), welches von Thematik und Sprache her ganz klar auf Jugendliche ausgerichtet ist, macht „Das Vermächtnis des Zauberers“ sehr viel richtig. Es ist fordernd, aber fair (bis auf die glücksabhängigen Schicksalsbefragungen/Proben) und ausreichend spannend, um den Leser bis zum Ende zu motivieren. Auch die Aufmachung ist gelungen, mit gutem Lektorat und ansehnlichen Illustrationen. Der Preis von 11,95 € für ein 292 Seiten starkes Taschenbuch mit insgesamt 250 Abschnitten ist daher in Ordnung. Fazit: Schlimmer geht immer? Diesmal nicht! „Welt der 1000 Abenteuer: Das Vermächtnis des Zauberers“ macht sehr viele Dinge besser als das gescholtene „Die Welt der 1000 Abenteuer: In den Fängen der Seehexe“. Es ist fairer, spannender und abwechslungsreicher :-) Insgesamt betrachtet ein typischer 3,5er / 5, wobei man aus Sicht der jugendlichen Zielgruppe bedenkenlos auf 4 aufrunden darf. Danke Nicolai für deinen Mut, mich nochmal mit der „Welt der 1000 Abenteuer“ zu konfrontieren ;-)