Die „Einsamer Wolf“-Reihe gehört mit über 10 Millionen verkauften Exemplaren zu den erfolgreichsten Solo-Spielbuchserien der Welt. Nachdem bereits Swen Harder das Universum mit „Echos des Mondsteins“ erweitern durfte (und dabei Serien-Erfinder Joe Dever locker an die Wand schrieb ;-)), veröffentlicht der Lizenznehmer „Mantikore Verlag“ nun das Kurzabenteuer „Die Jünger der Finsternis“ aus der Feder von Alexander Kühnert. In diesem 120 Abschnitte umfassenden, 48-seitigen Solo-Spielheft übernimmt man die Rolle der jungen Tessa. Diese wurde als Kriegsweise von dem Orden der Kräuterdruiden aufgenommen; nun soll sie für den Ordensoberen Savadron dessen jugendlichen Sohn Ralain nach Sonnental zur Renaturierung der Finsteren Länder eskortieren. Widerwillig übernimmt Tessa diese schwierige Mission. Der Spieler muss sich nun, spielbuchtypisch, nach ungefähr jedem zweiten bis dritten Abschnitt für eine Handlungsoption entscheiden. Der linke oder der rechte Weg? Angreifen oder Ergeben? Spezialfähigkeiten einsetzen oder auf das Schicksal vertrauen? Außerdem muss man sein Inventar verwalten sowie gelegentliche Kämpfe ausfechten. Kommt es zu einem Kampf, verrechnet man die eigene Kampfstärke mit der Kampfstärke des Gegners. Dies bestimmt den Kampfquotient, welcher die Stärke eines Angriffs darstellt. Beispielsweise, wenn Tessa gegen einen gegnerischen Handlanger einen Kampfquotient von +2 hat, dann verliert der Gegner bei einer gewürfelten 1 (dem schlechtesten Ergebnis) immerhin 4 Ausdauerpunkte, man selber aber 5. Bei einer gewürfelten 5 sieht es schon erfreulicher aus: Der Gegner verliert 8, man selber nur 2 Ausdauerpunkte. Beim bestmöglichen Ergebnis, der 10, verliert man selber nix, der Gegner aber 14 Ausdauerpunkte. Je größer der Kampfquotient ist, egal ob positiv oder negativ, umso dramatischer werden die Schäden: Bei +11 reicht schon eine gewürfelte 8 für den sofortigen Tod des Gegners, umgekehrt hat man bei -11 schon bei einem Würfelergebnis von 2 das Spielbuch vorzeitig mit dem Heldentod beendet. Ansonsten stirbt Tessa wenn die Ausdauer auf 0 fällt. Was mir gar nicht so selten passiert ist, da die Protagonistin dieses Solo-Spielheftes eben nicht der Halbgott-ähnliche Einsame Wolf ist: Sie muss lediglich mit einer Kampfstärke von 15, einer Ausdauer von 27 und jeweils nur einer von drei Überlebensfähigkeiten und Kräuterkenntnissen auskommen. Außerdem gibt es gelegentliche Abschnitte, in denen ein Zufallswurf das weitere Schicksal bestimmt - Das gehört zwar zur Reihe dazu, ist meiner Meinung nach aber der größte spielerische Kritikpunkt, da man keine Einflussmöglichkeit (außer Schummeln ;-)) hat. Die in ca. einer Stunde durchgespielte Geschichte ist dabei recht linear und vorhersehbar, jedoch auch nicht schlechter als das was Altmeister Joe Dever so auf Papier gebracht hat – Oh weh, dieser Satz wird einen Shitstorm auslösen :-P Aber immerhin motiviert sie den Spieler durchgehend, an keiner Stelle habe ich mich gelangweilt. Dabei schafft es der Autor Alexander Kühnert, seine Protagonistin trotz des begrenzten Umfangs soweit glaubhaft darzustellen, dass man ihre Handlungsmotivation nachvollziehen kann. Die wenigen Nebencharaktere, gerade auch der Handlungsmotivator Ralain, bleiben dafür recht blass – Aber wie gesagt, ich sehe ein, dass man in 120 Abschnitten keine große Epik erzählen kann. Dafür hat mir der Schreibstil gut gefallen, er liest sich flüssig und ist gut lektoriert. Auch die generelle Aufmachung, vom Titelbild über die Illustrationen bis hin zum Satz, ist gelungen. Zum Preis von 4,95 € kann man da echt nicht meckern. Fazit: Das Kurzabenteuer „Die Jünger der Finsternis“ (Link) reiht sich würdevoll in die „Einsamer Wolf“-Reihe ein. Da man es auch ohne Vorkenntnis der Solo-Spielbuchserie spielen kann, gibt es von mir sowohl für Einsteiger als auch Veteranen eine Kaufempfehlung.