Unter dem Label „Splitter Double“ (Link) bringt der renommierte „Splitter Verlag“ immer mal wieder in sich abgeschlossene, aus zwei Ausgaben bestehende Mini-Sammelbände heraus. Der neuste Zuwachs dieser Sonderreihe ist das Sherlock/Cthulhu-Crossover „Sherlock Holmes: Die Chroniken des Moriarty“, dessen thematischer Mischmasch für mich jetzt schon zu den mutigsten Story-Experimenten des Jahres zählt. Aber zahlt sich dieser Mut auch aus?
Obwohl nicht so gekennzeichnet, ist auch dieser Band Teil der französischen „Sherlock Holmes“-Fantasyreihe, welche den Meisterdetektiv beispielsweise mit Zeitreisenden oder im aktuellen Fall mit dem Cthulhu-Mythos in Berührung kommen lässt. Dabei nimmt er direkten Bezug auf die Ereignisse in „Sherlock Holmes & das Necronomicon“ (Link). In diesem versuchte der ewige Gegenspieler Moriarty mit Hilfe des Necronomicons über Sherlock zu triumphieren, nur um am Ende selbst in einer von den großen Alten regierten Paralleldimension dahinzuvegetieren. Doch anstatt aufzugeben, lernt er seine übernatürlichen Kräfte zu kontrollieren, um anschließend zurück in die reale Welt zu fliehen... Das dort erlittene Leid hat ihn jedoch verändert: Anstatt mit den neu gewonnenen Kräften ein letztes Mal gegen Sherlock anzutreten, nutzt er sie stattdessen, um gemeinsam mit alten und neuen Verbrecher-Verbündeten alle verbliebenen Exemplare des Necronomicons zu vernichten. Diese befinden sich jeweils im Besitz von allerlei verrückten Bösewichten, die ihren mächtigsten Schatz natürlich nicht einfach so herausrücken wollen ;-)
Was für eine Umstellung! Der langjährige Oberbösewicht ist plötzlich ein geläuterter Weltenretter! Es hat kurz gedauert, bis ich mich daran gewöhnt und mir zudem ergoogelt hatte, was in den Vorgängerbänden passiert war - Dann jedoch macht dieser Doppelband trotz der eigentlich etwas dünnen, gelegentlich konfus erzählen „Vernichte alle Necronomicons“-Story richtig Spaß. Wie gesagt, Moriarty ist jetzt ein Weltenretter, aber seine Methoden sind noch immer eines echten Fieslings würdig :-P Aber nach Jahren in der qualvollen Paralleldimension kauft man ihm durchaus ab, dass er einfach nur die Welt retten will. Zudem sind die widerspenstigen Besitzer der letzten verbliebenen Necronomicon-Ausgaben böse genug, dass man ihnen Moriartys Methoden gönnt – Allein die Szene, in der er mit Hilfe der alten Götter ein kultistische Opferung verhindert, ist Grund genug diesen Comic zu lesen :-) Der Namensgeber der Reihe, welcher auf dem Titel auch in den größten Lettern gedruckt wurde, nämlich Sherlock Holmes, kommt diesmal aber nur am Rand vor. Dabei entbehrt es hier durchaus einer gewissen Ironie, dass Moriarty, dessen Pläne sonst immer von Sherlock vermasselt werden, es diesmal schafft, die Pläne von Sherlock zu durchkreuzen (auch wenn es nur darum geht, dass Sherlock einen wegstecken will ;-)) - Das ist dann aber auch der einzige Lacher in dieser düsteren, ernsten Geschichte, die neben brachialer (Zauber-)Action und bedeutungsschwangeren Dialogen vor allem auch mehrere einordnende Rückblenden enthält, welche das Gesamtbild der Geschichte, besonders auch wenn man den Vorgänger kennt, vervollständigen. Deswegen kann ich nur dringend des Verständnisses wegen empfehlen, zuerst den Vorgängerband zu lesen :-)
Die Präsentation ist dank oft düsterer, aber immer irgendwie trübselig wirkender Bilder sehr stimmungsvoll und atmosphärisch. Gefällt mir gut, da gibt es nichts zu meckern. Wie immer habe ich auch nichts zu meckern über die Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), sodass der Preis von 19,80 € für ein 96 Seiten starkes Hardcover vollkommen in Ordnung geht.
Fazit: Ich gebe zu, ich war in Unkenntnis des Vorgängers doch recht skeptisch, ob dieser Sherlock/Cthulhu-Mischmasch funktionieren würde, gerade auch da der Namensgeber ja nur am Rande auftaucht. Daher ist nun die Überraschung umso größer, dass „Sherlock Holmes: Die Chroniken des Moriarty“ (Link) dieses Crossover-Experiment souverän und atmosphärisch dicht gemeistert hat :-)