Aktuell fährt der Hype-Zug durch Deutschland: Sowohl Comic-Blogs als auch szenefremde Medien (z.B. Zeitschriften und Kulturradio) begeistern sich für den neusten Genie-Streich des kreativen Tausendsassas Brian K. Vaughan. Dazu gab es zwei renommierte „Eisner-Awards“ (Beste neue Serie, Bester Zeichner) - Da muss ich doch auch auf den Hype-Zug aufspringen! Tue ich aber nicht... Zugegeben, den Namen Brian K. Vaughan verbinde ich persönlich noch immer mit dem damals ebenfalls gehypten „We Stand On Guard“ (Link), was sich letztendlich als unlogische und brutale Durchschnittsaction herausstellte – Welche in ihrem Genre zwar durchaus gut war, aber, gemessen an den aufgebauten Erwartungen, doch enttäuschte. Entsprechend unenthusiastisch näherte ich mich also den „Paper Girls“... Aber um es gleich mal vorweg zu nehmen: Eine solche Enttäuschung ist diese Graphic Novel nicht :-D Aber worum geht es überhaupt? Die „Paper Girls“ sind vier 12-jährige Mädchen, welche sich als Zeitungsausträgerinnen Nacht für Nacht etwas Geld dazuverdienen. Erin ist noch recht neu in der Branche und gerät während des „Höllenmorgen“, dem Morgen nach Halloween, mit ein paar herumstreunenden Teenagern aneinander. Durch Zufall kommen ihr die drei Paper Girls KJ, Tiffany und Mac zu Hilfe, wobei gerade die Letztgenannte unter den Zeitungsausträgerinnen eine emanzipatorische Legende ist, war sie doch das erste Paper Girl der Stadt. Zum Schutz vor weiteren marodierenden Teenagern schließen sich die Mädchen zusammen, nur um in das Abenteuer ihres Lebens zu stürzen... Denn erst wird ihnen ein wertvolles Walkie-Talkie geraubt, dann finden sie ein Raumschiff und schließlich werden sie Zeuge der Entrückung (welche Teil eines mutmaßlich biblischen Kampfes zwischen Alt und Jung ist), vor dem sie in einer Zeitmaschine fliehen... Der „Paper Girls“-Auftaktband, welcher die ersten fünf Hefte der Reihe umfasst, wird mit jedem Kapitel abgedrehter – Irgendwann jagen Flugsaurier mit himmlischen Gottesenkeln darauf sündige Teenager :-D Bei all dieser Abgedrehtheit bleibt man als Leser noch etwas unbefriedigt zurück, da man sowohl zur rasch voranschreitenden, mit Symbolen aufgeladenen Geschichte als auch zu den Protagonistinnen zu wenige Hintergrundinformationen bekommt. Bei der Geschichte ist das sicher dem Konzept und dem viele Ausgaben überspannenden Handlungsbogen geschuldet (man glaubt zu wissen, hier schimmere Brian K. Vaughans Erfahrung mit „Lost“ durch). Aber durch die fehlende Tiefe der Protagonistinnen fühlen sich die Hauptfiguren (ausgenommen Mac) noch relativ austauschbar an – Ich weiß aber, die Charaktere werden in den folgenden Ausgaben noch vertieft, und ich weiß auch, dass die Story noch viel viel abgedrehter wird ;-) Lobend hervorheben muss ich die hervorragende Atmosphäre des Auftaktbandes. Nicht nur, dass man sich durch die vielen Anspielungen und Hommagen direkt in die späten 80er zurückversetzt fühlt. Auch lebt die Geschichte von der sich rasch aufbauenden, dann immer weiter eskalierenden Spannung und Bedrohung. Einen großen Anteil daran haben die tollen, gelegentlich ein wenig an Pop Art erinnernden Zeichnungen von Cliff Chiang sowie die stimmige Kolorierung von Matt Wilson – Schon beeindruckend, wie gut hier trotz weniger Gesichtsdetails Emotionen rübergebracht werden :-) Den Zeichnungen angemessen ist auch wieder die Druckqualität vom „Cross Cult“-Verlag (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte). Der Preis von 22 € für ein 144 Seiten umfassenden Hardcover geht in Ordnung. Fazit: „Paper Girls“ (Link) ist ein wirklich guter Serienauftakt, in dem unglaublich viel Potential schlummert. Den ganzen Hype drumherum verstehe ich zwar beim besten Willen nicht, jedoch glaube ich schon, dass hier eine richtig gute Mystery-Reihe auf uns zukommen könnte :-)
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