Der umtriebigen „Runequest-Gesellschaft e.V.“ haben Oldschool-Rollenspieler nicht nur die deutsche Übersetzung von „RuneQuest 6“ (Link) zu verdanken, sondern auch die Veröffentlichung von allerlei Quellen- und Erweiterungsbänden. Mit „Abenteuer in Meeros“ erschien zudem der erste Abenteuerband, welcher zusammen mit dem Spielleiterschirm verkauft wird. Also genau das richtige Bundle für angehende Spielleiter wie mich :-) Na mal gucken, ob das was taugt... Beginnen wir gleich mal mit dem Spielleiterschirm. Dieser ist aus dickem, stabilem Karton gefertigt und hat die Größe von drei queren DIN-A4-Seiten. Die Vorderseite bietet ein stimmungsvolles Bild einer vierköpfigen Heldentruppe, welche im Mondschein sowohl von Monstern als auch von magischen Soldaten bedroht wird. Das Motiv scheint mir passend gewählt, bringt es doch genau die Atmosphäre rüber, die ich mir beim „RuneQuest 6“-Spielen so vorstelle. Aber natürlich kommt es bei einem Spielleiterschirm eher auf die inneren Werte beziehungsweise die Rückseite an ;-) Insgesamt vierzehn schwarz-weiße Tabellen geben eine Übersicht über die Schwierigkeitsgrade, Bewegungsweiten im Vergleich, Auswirkungen der Erschöpfung, den differenzierten Widerstandswurf, die Auswirkung von Rüstung und auf die Bewegungsweite, dem Gestalten von Zaubersprüchen, der Schadensminderung, den Zusatzeffekten des Angreifers und des Verteidigers, der Anzahl der Zusatzeffekte, situationsbedingten Modifikationen im Nahkampf, der ersten Hilfe, situationsbedingten Modifikationen im Fernkampf und der Anpassung an Größe und Entfernung an. Also alles recht kampflastige Informationen, aber die Kämpfe sind in „RuneQuest 6“ ja auch ein kleinwenig komplexer und regellastiger als stinknormale Fertigkeitsproben :-P Die zwei „Abenteuer in Meeros“, welche das 48 Seiten umfassende Softcover-Heft enthält, können auch als Mini-Kampagne gespielt werden und dienen dabei beide als Einführung in dieses Rollenspiel. Dabei haben sie eine unterschiedliche Ausrichtung:
- In „Meeros nach dem Fall“ müssen die Spieler ein klassisches Detektivabenteuer lösen. Inhaltlich knüpft es an die Saga von Anathaym aus den Beispielen des Grundregelwerks an. Ich finde, das ist eine schöne Idee :-) Eben jede Anathaym steht jetzt unter dem Verdacht, die Stadt Meeros verraten zu haben, weil Intriganten gefälschte Beweise vorlegen. Als sie zum Tode verurteilt wird, erschüttert ein gewaltiges Erdbeben die Stadt, sodass sie fliehen kann. Die Spieler werden nun angeheuert, um ihren Namen wieder reinzuwaschen... Das im zerstörten Meeros spielende Abenteuer bietet einen klassischen, mit gelegentliche Herausforderungen (Kämpfe, Fallen ausweichen, etc. - man soll ja alle Spielmechanismen kennenlernen ;-)) aufgelockerten Detektivplot, welcher aus dem Abklappern der drei bereits bekannten Verdächtigen besteht. Bei jedem findet man Indizien, die alle zusammengenommen die Intrige aufdecken könnten. Die Betonung liegt hier allerdings auf „könnten“, denn wäre ich der Richter, würde mich diese wilde Theorie nicht überzeugen :-P Denn Beweisstücke sind recht rar, lediglich eines ist wirklich aussagekräftig, und dieses geht laut Abenteuer verloren wenn die Spieler nicht gleich unlautere Methoden (Einbruch beim Verdächtigen) nutzen sondern erst mal höflich verhören. Hier muss der Spielleiter im Zweifel von vorgegebenen Skript abweichen. Im Zweifelsfall schlägt das Abenteuer mit einem vierten Zeugen beziehungsweise Tatverdächtigen (schwierig das zu beschreiben, ohne zu spoilern) eine Notfalllösung vor, lässt den Spielleiter dann aber mit „gegebenenfalls improvisieren“ zurück – Was einen (System-)Anfänger-Spielleiter wie mich im Zweifelsfall durchaus überfordert. Insgesamt also im Rohzustand eher mittelprächtig, da muss man als Spielleiter durchaus noch ein wenig Arbeit reinstecken, wenn man Anathayms Todesurteil nicht aufgrund einer wilden Theorie aufheben will ;-) - Das zweite Abenteuer trägt den Namen „Sariniyas Fluch“, spielt einige Jahre zuvor und ist ein interessantes Reiseabenteuer rund um die Eskorte eines Händlers, welcher in einem alten Tempel seinen Fluch aufheben will. Man reist übers weite Meer und durch den gefährlichen Dschungel, um dann festzustellen, dass der Tempel doch nicht so verlassen ist wie gedacht... „Sariniyas Fluch“ bietet wieder eine ganze Menge an Gelegenheiten, um die Regeln von „RuneQuest 6“ zu erlernen. Es gilt sowohl soziale Herausforderungen (z.B. eine Meuterei) zu meistern als auch Kämpfe zu bestehen, Fallen auszuweichen sowie den Dschungel und den Tempel zu erkunden. Da der eigentliche Handlungsverlauf recht übersichtlich und linear ist, kann man es in der niedergeschriebenen Form durchaus auch als kurz(weilig)e Einführung in das Hobby Rollenspiel allgemein nutzen. Erfahrenen Spielleitern werden aber auch Inspirationen für umfangreichere Abenteuer gegeben.
Beide Abenteuer präsentieren ihre Handlung recht unspektakulär in langen Texten, die eher selten durch Bilder oder auch beispielsweise Stichpunkte aufgelockert werden. Da man sich wichtige Informationen heraussuchen muss, bedarf es im Angesicht des Umfangs gerade für Einsteiger-Spielleiter einer überraschend umfangreichen Einarbeitung. Dafür werden sowohl die Nichtspieler- als auch die vorgefertigten Spielercharaktere übersichtlich präsentiert. Die Texte generell sind gut lektoriert und flüssig lesbar, auch die Druckqualität ist voll in Ordnung. Für das Bundle bestehend aus einem 48 Seiten umfassenden schwarz/weiß-Heft und dem dreiseitigen Hardcover-Spielleiterschirm verlangt die „RuneQuest-Gesellschaft e.V.“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) 29,95 €. Dieser Preis geht für einen publizierenden Fan-Verein in Ordnung, auch die großen Verlage verlangen für vergleichbare Produkte einen vergleichbaren Preis. Fazit: Vorneweg, für „RuneQuest 6“-Interessierte ist dieses Bundle (Link) direkt ein Pflichtkauf. Um es ein wenig aufzudröseln: Der Spielleiterschirm hat mir qualitativ und inhaltlich sehr gefallen, er ist für Einsteiger wie Profis eine gute Hilfe. Der Abenteuerband erfüllt seinen Zweck dahingehend, dass er Neueinsteigern gut hilft in die Welt und das Regelsystem einzusteigen, auch wenn es ein paar Kritikpunkte gibt.