Comics, die irgendwie eine Meta-Ebene einführen oder die vierte Wand durchbrechen, gibt es ja mittlerweile haufenweise. Ebenso Comics, bei denen die Kreativen selbst als Prota-/AntagonistInnen agieren oder bei denen fiktive Figuren plötzlich in der Realität auftauchen. Das alles auf die Spitze treibt jedoch die „Crossover“-Reihe, deren erster Sammelband (Link) mich damals sehr in Verzückung versetzte. Ob es so großartig weitergeht?
Eine kleine Rekapitulation der Geschehnisse: Am 11. Dezember 2017 öffnete sich in Colorados Hauptstadt Denver sozusagen das Tor zur Hölle, als plötzlich ALLE SuperheldInnen und SuperschurkInnen in die reale Welt kamen und sich sogleich auf Leben und Tod bekämpften. Für „echte“ Menschen war da kein Platz, sie mussten aus der alsbald abgeriegelten Stadt fliehen – So sie es denn rechtzeitig schafften, bevor irgend so ein Comic-Schlaufuchs auf die Idee kam, die Reste der Stadt mit einem Kraftfeld zu versiegeln, damit sich die Comic-Figuren dort dann austoben können... Dummerweise haben es nicht alle Menschen rechtzeitig rausgeschafft, sodass beispielsweise die Protagonistin Ellie nun allein klarkommen muss. Halt findet sie in ihrem Cosplay-Hobby und in ihrem Lieblingscomicladen. Doch letzterer fällt einem Brandanschlag zum Opfer, denn die meisten Menschen machen Superhelden-Comics und deren KünstlerInnen & VerkäuferInnen für die dramatischen Geschehnisse verantwortlich. Dieser Hass geht soweit, dass eine Mordserie an bekannten Kreativen die Comic-Szene erschüttert!
Und genau um diese Mordserie geht es nun in diesem zweiten Sammelband, welcher 176 Seiten beziehungsweise sieben US-Einzelhefte umfasst. Die bisherigen ProtatagonistInnen (also der von seinem christlich-fanatischen Elternhaus geprägte Brandstifter Ryan und die Cosplayerin Ellie) werden fast schon zur Nebensache, denn die Ermittlungen übernimmt das Comic-Duo Deena Pilgrim und Christian Walker – Nur wirklich eingeweihten Nerds bekannt aus der tollen Comic-Reihe „Powers“, welche in Deutschland leider nie den Erfolg bekam, den sie verdient hätte :-( Und die kommen einer abenteuerlichen Tätermotivation auf die Spur: Was, wenn gar kein Comic-Hasser all die Kreativen ermordet, sondern stattdessen eine Comicfigur ihre Schöpfer?
Auch der zweite „Crossover“-Sammelband, wieder als qualitativ hochwertiges Hardcover publiziert vom „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), erfreut Comic-Fans wieder mit zahllosen Cameo-Auftritten bekannter Comic-Figuren. Aus lizenzrechtlichen Gründen sind die weltbekannten SuperheldenInnen & Superbösewichte erneut nur angedeutet, dafür gibt es eine ganze Menge an Indie-Figuren wie beispielsweise Negan auf „The Walking Dead“. Aber damit nicht genug! Auch ihre Schöpfer, also die Comicschaffenden höchstpersönlich, bekommen hier teils die ganz große Bühne! Wer beispielsweise schon mal sehen wollte, wie Robert Kirkman zu Brei geschlagen wird, ist hier richtig ;-) Diese eine Gewaltspitze ist dann auch, neben dem Finale, die größte Actionszene dieses Sammelbandes. Denn statt Action gibt es hier vielmehr lange (Ermittlungs-)Gespräche zwischen Comicfiguren und ihren Erschaffern. Das mag für die 08/15-Gelegenheitslesenden vielleicht etwas zäh wirken, für die Fans eben jener (Indie-)Comics ist es jedoch das pure Vergnügen :-D Diese werden sich ebenso an den wieder sehr gelungenen Zeichnungen erfreuen, bei denen es auch ein paar interessante Gastkreative gab.
Fazit: „Crossover #2 Die Groschenheft-Plage“ (Link) verliert nichts von seiner Faszination, dieser Meta-Comic ist einfach großartig!