Die mittlerweile schon ein viertel Jahrhundert bestehende „RuneQuest-Gesellschaft e.V.“ (Link) hat letztes Jahr, nach einem erfolgreichen Crowdfunding, das Oldschool-Regelschwergewicht „RuneQuest 6“ ins Deutsche übersetzt und als ansprechendes Hardcover publiziert. Aber das war den Jungverlegern wohl nicht genug, denn sie flankieren die Veröffentlichung des Grundregelwerks noch mit einer ganzen Reihe an Erweiterungen, nämlich Quellenbüchern und Regelergänzungen. Unter all diesen Publikationen stach für mich das schlanke Heftchen „Schiffe & Schildwälle“ heraus – Einerseits, weil ich das Thema interessant fand, andererseits aber auch weil ich mich fragte ob so ein regelwütiges System wirklich noch mehr Regeln braucht... Um es kurz zu machen: Ja, braucht es :-D Bevor ich schreibe warum, möchte ich erst einmal auf den Inhalt des 32 Seiten schlanken Softcover-Heftes eingehen. Aufgegliedert ist die Regelerweiterung in zwei ungefähr gleichgroße Kapitel:
- Schiffe und Seefahrt befasst sich, wie der Name es vielleicht andeutet, mit Schiffen aller Art sowie den Dingen, die man mit ihnen anstellen kann ;-) In kurzen Abschnitten wird erst ein Überblick über die Thematik sowie deren generelle Umsetzung gegeben. Das fängt bei ganz profanen Sachen wie „Ein Schiff finden“ und „Seefahrt als Abenteuer“ an, vertieft sich dann aber ganz schnell in Regelmechanismen und Tabellen – Bekanntermaßen lieben „RuneQuest“-Spieler ja Regelmechanismen und Tabellen, davon gibt es hier eine ganze Menge :-P Und die sind natürlich auch wieder sehr detailliert, beispielsweise gibt es für Windverhältnisse unterschiedliche Ereigniswahrscheinlichkeiten, je nachdem welche Jahreszeit herrscht. Außerdem werden in diesem Kapitel 19 unterschiedliche Schiffstypen vorgestellt sowie Regeln für den detaillierten Kampf zwischen diesen. Neben beispielhaften Schiffen und zwei neuen Kreaturen (fiese Meerjungfrauen) gibt es zudem interessante Vorschläge (und natürlich die entsprechenden Tabellen, je nachdem in was für Gewässer man sich befindet :-)), was und wem die Spieler bei einer Schiffsreise begegnen können. - Zugegeben, das zweite Kapitel Schlachten und Schildwälle hat mich persönlich mehr interessiert, weil ich schon immer ein brauchbares Massenkampf- bzw. Schlachtensystem für Rollenspiele gesucht habe. Und hier habe ich es gefunden :-) Nach einer Einleitung und der Abklärung grundlegender Begrifflichkeiten geht es los mit der Vorstellung verschiedener Formationen, welche unterschiedliche Vor- und Nachteile sowie natürlich Regeln bieten. Diese Formationen bestehen aus Einheiten, welche jeweils eigene Attribute (Stärke, Moral, Kampferfahrung sowie Frontlänge & Tiefe und davon abgeleitet Schaden) besitzen und einem Befehlshaber unterstehen. Die eigentliche Schlacht unterteilt sich dann in sechs verschiedene Phasen:
1. Wahl des Schlachtfeldes 2. Persönliche Herausforderungen 3. Anfeuernde Rede 4. Kampf 5. Rückzug 6. Nachwirkungen
Diese einzelnen Phasen werden in ihrem Ablauf und mit ihren Regelerweiterungen verständlich erklärt. Für Spielleiter gibt es zudem interessante Tipps und Regeln für die Organisation einer Schlacht sowie die Einbindung der Spieler. Abgeschlossen wird das Kapitel mit zwei Seiten über Gefechtsaktionen, welche ebenso vielfältig und detailliert sind wie die Kampfstile des Grundregelwerks :-D
Die Texte sind wieder gut und verständlich geschrieben, das leider illustrationslose und nüchterne Layout ist sehr übersichtlich und die Druckqualität passt auch. Im Anbetracht dessen, dass die „RuneQuest-Gesellschaft e.V.“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) ein enthusiastischer Kleinstverlag ist, gehen die 9,95 € für 32 Seiten geballte Regeln durchaus in Ordnung. Fazit: Ich stelle die Frage vom Beginn nochmal: Braucht man noch mehr Regeln? Das muss natürlich jeder für sich selber entscheiden, ich persönlich fand die Regelerweiterungen von „Schiffe & Schildwälle“ (Link) aber sinnvoll und nützlich, falls man mit seiner Spielgruppe mal abenteuerliche Seereisen oder epische Schlachten erleben will. Dabei finden die Regelerweiterungen genau das richtige Mittelmaß, um zwar detailliert, aber sinnvoll spielbar zu sein.