Mittlerweile scheinen sich meine Rezensionen in der Szene ein wenig rumgesprochen zu haben, denn überraschend häufig werde ich beispielsweise von Autoren darauf angesprochen, ob ich mir nicht mal ihr Werk vornehmen wollen würde. So auch beim Fantasy-Roman „Legenden von Nuareth“, den mir Jörg Benne (Link) in die Hand drückte mit den Worten „...bin mal gespannt was Du dazu sagst!“ - Dann pass mal auf Jörg, jetzt kriegst Du die Antwort :-P
„Die Stunde der Helden“ erzählt die Erlebnisse des pummeligen Antihelden Felahar von Brickstein. Dieser, aus einem verarmten Adelsgeschlecht stammende Gerichtsschreiber, sehnt sich nach ein wenig Aufregung und zieht daher als Barde durch die kargen Nordlande, um für ein paar Münzen und ein warmes Bett heroische Geschichten vorzutragen. Eines Abends erzählt er, auf Wunsch des Publikums, von einer heldenhaften Drachenbezwingung durch drei Regionalberühmtheiten – Ohne diese auch nur zu kennen. Zufällig anwesend, sind die von den Lügengeschichten nicht unbedingt begeistert, letztendlich erlauben sie Felahar aber mal mit ihnen mitzukommen, damit er echte Helden bei der Arbeit beobachten kann... Schnell muss der Geschichtenerzähler allerdings erkennen, dass Huk, Wim und Dalagar eigentlich nur eine Bande egoistischer Söldner sind, deren ehrloses Handwerk nichts mit den ruhmreichen Taten aus seinen Geschichten zu tun hat...
Das Söldner-Trio, welches im Handlungsverlauf zu einem Sextett anwächst, erlebt verschiedene mehr oder minder kurze Abenteuerepisoden, welche erst zum Ende hin in einen recht groben, übergeordneten Handlungsrahmen eingeordnet werden können. Mitunter hatte ich den Eindruck, als würde im Roman eine (durchaus gute) Rollenspielkampagne verarbeitet werden und jedes Kapitel wäre eine Spielsitzung gewesen. Man fängt mit der Gruppenzusammenführung und einer Rattenjagd an, steigert sich dann mit der Bedrohlichkeit der Gegner (Wolfsmenschen, Geheimbund-Attentäter) und lässt die irgendwann doch zu „Helden wider Willen“ gereiften Protagonisten in einer überbordend dramatischen Endschlacht bestehen – Der gröbere Handlungsverlauf ist also durchaus vorhersehbar, genauso wie das Schicksal der allermeisten Protagonisten. Diese werden generell eher grob und stereotyp charakterisiert, auch machen sie kaum eine persönliche Entwicklung durch. Letztendlich kommt dies dem Roman aber insofern zugute, dass er durch die Episodenhaftigkeit der Handlung und die Inkomplexität der Charaktere wirklich hervorragend dazu geeignet ist, um mal nebenbei gelesen zu werden. So ein oder zwei Kapitel mal schnell vorm Zubettgehen oder auf dem Klo, um ein paar spannende Minuten zu erleben, dafür ist „Die Stunde der Helden“ wirklich perfekt geeignet :-)
Dies liegt besonders an dem überaus flüssigen Schreibstil des Autoren. Aus der Ich-Perspektive des sympathischen Antihelden Felahar von Brickstein erzählt, werden die jeweiligen Szenen selbst in hektischen Situationen sehr übersichtlich beschrieben, sodass man stets genau weiß was vor sich geht. Auch bleibt die Handlung, trotz Vorhersehbarkeit und gelegentlich zu starker Herausnahme des Erzähltempos, spannend. Hierbei muss ich besonders die erzählerische Konsequenz loben: Jörg Benne bleibt dem rauen Szenario seiner „Low Fantasy““-Welt Nuareth treu, lässt zudem Protagonisten - zuweilen noch nicht mal sehr heldenhaft - über die Klinge springen und verweigert dem Leser versöhnende Gerechtigkeit als auch ein echtes Happyend. Mutig und konsequent, das gefällt mir :-) Während es in der Nuareth übrigens durchaus Magie gibt, spielt diese im Roman keine Rolle, daher würde ich "Die Stunde der Helden" dem "Sword without Sorcery"-Genre (hab ich das grad erfunden?) zuordnen ;-)
Das 2015 im „Mantikore Verlag“ erschienene, 358 Seiten und 13 Kapitel umfassende Taschenbuch kostet 12,95 €, was ein akzeptabler Preis ist. Das Lektorat hat gut gearbeitet, auch die Druckqualität stimmt. Allerdings habe ich das Gefühl, der Drucker hätte es mit dem Bindeleim etwas zu gut gemeint – Manchmal ist weniger halt mehr ;-) Was ich mir für eine zweite Auflage, so es denn eine geben sollte, oder einen zweiten Band wünschen würde: Gerade wenn die Geschichte ein Reiseabenteuer ist, druckt das nächste Mal doch bitte eine Karte rein, damit ich mich als Leser besser orientieren kann!
Fazit: Ein sehr ordentlicher Antihelden-Roman in der vom Autor schon mehrfach ausgeschmückten „Low Fantasy“-Welt (Link) :-) „Legenden von Nuareth: Die Stunde der Helden“ (Link) hat mich wirklich gut unterhalten und sich seine Wertung von 80 % beziehungsweise glatten 4 / 5 Sternchen eines bösen Buchhändlers redlich verdient!
PS: Gern verweise ich noch auf die kostenlose Vorgeschichte (Link) zum Reinschnuppern und eine Zweitmeinung (Link) :-)