Die der Ingame-Zeitschrift „Aventurischer Boten“ beiliegende Abenteuerreihe „Heldenwerk“ hat schon so manches gute, jedoch auch manches schlechte Werk hervorgebracht. Als nun mein guter Kumpel Nico Kammel, langjähriger DSA-Experte, über das neuste Abenteuer „Sklaven für eine Nacht“ einen überaus lesenswerten Verriss (Link) schrieb, war ich durchaus neugierig – Ist es wirklich sooooo schlecht? Das wie immer 16 Seiten umfassende und für Downloader 2,99 € (Link) kostende Abenteuer führt durchschnittlich bis meisterhaft erfahrene Helden in die, wahlweise als „Prestbeule des Südens“ oder auch „Schwarze Perle des Südens“ bezeichnete, Stadt Al'Anfa. Durch verschiedene mögliche Szenarien, beispielsweise dass sie in einem Kampf besiegt werden oder durch Betäubung, gelangen die Helden in Gefangenschaft. Auf einer al'anfanischen Sklavengaleere werden sie unter Deck gesperrt, um später in der Hauptstadt als Sklaven verkauft zu werden. Dort gelangen sie in die Hände der reichen Familie Bonareth, bei denen sich zufällig gerade ein Mord ereignet hat. Lösen sie diesen auf, wird ihnen die Freiheit geschenkt... Das in drei Kapitel aufgeteilte Abenteuer beginnt nach der Gefangennahme mit über Überfahrt auf Sklavengaleere „Schwarze Schwinge“. Hier passiert gar nicht so viel, man kann halt mit ein paar Leuten reden (die zu einem an den Käfig rankommen) und wird passiv Zeuge der Sklaverei auf dem Schiff (inklusive Kinderverkauf und optional mit Auspeitschung der Helden). Fliehen ist nur mit sehr viel Glück möglich, aber eigentlich nicht vorgesehen, denn die Helden sind mit allerlei Kontrollartefakten und Bannstaub gebunden – Welche insgesamt, wie ich das als Nicht-DSA-Kenner mittels Google recherchiert habe, schon so teuer sind dass die Sklavenhändler wohl nicht sehr gewinnorientiert arbeiten ;-) Im zweiten Kapitel werden sie auf dem Al'Anfa-Sklavenmarkt verkauft, wobei hier die Helden auch wieder mehr passive Zuschauer der Ereignisse sind. Erst im dritten Kapitel, auf dem Anwesen der Bonareth-Vapuzios, haben sie die Gelegenheit im Rahmen ihrer sklavischen Einschränkungen ausgiebiger zu agieren. Die geliebte Sklavin des bald heiratenden Sohnes Valerian wird vermisst, er vergibt den Nachforschungsauftrag an die ihm erst kurz zuvor geschenkten Sklaven/Helden. Das ist, mit Verlaub, schon ein wenig optimistisch gedacht:
Luzmino: „Hier Sohnemann, deine neuen Sklaven.“ Valerian: „Danke Papa! Hey Jungs, ich kenn euch zwar nicht, aber ich hab für euch einen supergeheimen Auftrag!“ Spieler: „Coole Sache Herr, das machen wir aber nur wenn wir freigelassen werden und all unser Zeugs zurück bekommen!“ Valerian: „Läuft Bro!“
Der Kriminalfall ist dann auch die „eigentliche“ Mission, die ganze Versklaverei drumherum ist nur erzählerisches Beiwerk (außer ein Spieler würfelt gleich zu Beginn lauter kritische Erfolge, flieht trotz der immensen Sicherheitsvorkehrungen und versucht dann seine Mitspieler zu retten, aber dann muss er halt echt gut würfeln ;-)). Blöderweise leidet dieser daran, dass das „Heldenwerk“ mit seinen 16 Seiten im Umfang stark beschränkt ist. Das dritte Kapitel umfasst zwar sieben Seiten, aber davon gehen schon 2,5 Seiten für die Charakterbeschreibungen drauf (und beispielsweise ausgerechnet der Mörder wird eher mit einem Halbsatz erwähnt) und 3 Seiten für die gelungene Schauplatzbeschreibung. Bleiben 1,5 Seiten für den Kriminalfall, welcher eher wenige Spuren und dafür ziemliches Railroading (der Geist der Ermordeten verkündet ihren Mörder) bietet. Und am Ende bekommen die Helden sogar ihre Ausrüstung zurück, denn die war im Sklavenpreis schon mit enthalten – Was die meisterhaft erfahrenen Helden ja wirklich zu einem Schnäppchen gemacht hat, wenn man bedenkt dass für die Zauberer auch noch die Ausbrennung bezahlt werden musste ;-) Nico hat in seinem Verriss ganze 1,5 von 10 Punkte gegeben, und wenn wir uns den positiven Punkt mal anschauen, dann trieft der so vor Sarkasmus, dass es eigentlich 0,5 Punkte sein müssten. OK, ganz so schlecht finde ich das Abenteuer dann doch nicht, aber um es mal mit Nicos Wertungssystem zu nennen:
Was mir gefallen hat: 1. Das vollfarbige Heft ist ordentlich gelayoutet und lektoriert 2. Wenige, aber nette Zeichnungen & Villa-Karte 3. Die Villa als Handlungsort ist gut beschrieben 4. Angenehme Kürze für einen Spielabend, meine Spielgruppe hätte das Abenteuer in 2 – 3 Stunden durch (weniger als ½ h für jedes der ersten beiden Kapitel inkl. Einführung, dann nochmal 1 – 2 h für den railroadigen Kriminalfall) 5. Die Idee versklavter Helden ist generell nett... Was mir nicht gefallen hat: 5. ...aber die Umsetzung ist recht unsensibel 6. Logiklöcher in der Handlung 7. In den ersten beiden Kapiteln sind Spieler nur passive Zuschauer... 8. ...und im dritten Kapitel wird sehr gerailroadet 9. Der Kriminalfall wird viel zu kurz abgehandelt 10. Die NSCs bleiben blass bis fast unsichtbar
Hey, immerhin 4,5 von 10 Punkten, da soll noch mal jemand sagen dass ich ein DSA-Hasser wäre :-P Insgesamt kann ich also als Fazit verlautbaren, dass „Heldenwerk 9: Sklaven für eine Nacht“ (Link) definitiv nicht sooooo schlecht ist, aber noch ein ganzes Eckchen Nachbearbeitung durch den Spielleiter benötigt. Vermutlich wird deswegen angegeben, die Komplexität wäre für den Meister hoch ;-) Warum die Komplexität jedoch für die Spieler ebenfalls mit hoch angegeben wird, wo sie doch zwei Kapitel lang fast nur zuschauen und dann sehr linear durch den Kriminalfall geführt werden, erschließt sich mir nicht ganz?