Normalerweise haben ja (Comic-)Bücher keine Altersfreigabe, wie man sie beispielsweise von Videospielen und Filmen kennt. Wenn dann aber der „Splitter Verlag“, der ja öfters mal Comics für Erwachsende publiziert, freiwillig einen fetten „ab 18“-Aufkleber auf die Einschweißfolie pappt, dann ist das weniger eine Warnung als vielmehr ein Versprechen – Oder ist es doch nur Marketing? Der 80 Seiten starke Comic spielt an der Ostfront im Winter 1916. Handlungsort ist ein Waisenhaus, verlassen im Nirgendwo, welches noch drei verbliebene Bewohner beheimatet: Zum einen Ophilia und Otto, zum anderen Maurice. Letzterer ist der herrische Sohn der ehemaligen Anstaltsführung, welcher die Geschwister mit Gewaltandrohungen herumkommandiert. Er hat einen unbedingten Überlebenswillen, der auch vor Grausamkeiten nicht zurück schreckt: Nahrung zu finden ist in diesen schwierigen Zeiten nahezu unmöglich, also lässt er Ophilia und Otto auf die Jagd gehen. Und zwar nicht auf die Jagd nach Wild, sondern nach versprengten Soldaten, die dann unversehens im Kochtopf landen! Während Ophilia ihr Schicksal als Maurices Lakaiin klaglos erträgt, da zumindest bereits ihre Seele gestorben ist, begehrt Otto immer wieder auf. Mut zugesprochen bekommt er dabei von einem ganzen Heer an Puppen, welche ein Eigenleben entwickeln, nachdem sie menschliche Augen bekommen... Okay, auch nach meiner kurzen Beschreibung sollte bereits klar sein, dass „Mit leeren Augen“ ein waschechter Horror-Comic ist. Ein sehr stilvoll gezeichneter noch dazu, wenn man sich denn nicht an den teils brutalen Szenen stört. Ist das „ab 18“-Label vom „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) also verdient? Naja, hier sehe ich einen direkten Zusammenhang mit der Tatsache, dass ausgerechnet Kinder die Kannibalen sind; wenn aber 16-jährige Comic-Fans mal reinblättern, werden sie bei altersgerechter geistiger Reife vermutlich auch keinen psychischen Knacks bekommen ;-) Nun kann ich ja bekanntermaßen nichts mit dem Horror-Genre anfangen. Trotzdessen muss ich aber zugeben, dass mich „Mit leeren Augen“ irgendwie in seinen Bann gezogen hat. Die zwar vorhersehbare, aber (angesichts der Tatsache, dass Kinder die ProtagonistInnen sind) überraschend schonungslose Geschichte weiß im Kombination mit den wirklich atmosphärischen Zeichnungen gut zu unterhalten, dazu hat die Story genau die richtige Länge. Zu meiner eigenen Überraschung habe ich als Horror-Hasser also ein positives... Fazit: „Mit leeren Augen“ (Link) ist brutal, aber auch brutal gut!
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