Mittlerweile sind ja selbst Superhelden aus der zweiten Reihe Teil des popkulturellen Mainstreams geworden. Wie Spiderman zu Spiderman wurde, Batman zu Batman, Hulk zu Hulk – Das weiß mittlerweile jedes Kind, selbst wenn es nicht jeden Cent in Comic-Hefte steckt ;-) Und auch wenn diese Serien ab und zu mal neu aufgelegt werden, sie sozusagen neu erfinden, wagen sie doch seltenst mal den Ausbruch aus der eingefahrenen Entstehungsgeschichte. Der Comic-Autor P.M. Kapello, welchen ich schon kürzlich in einem spannenden Interview (Link) hatte, wagt nun genau das. Gelingt dieses Vorhaben? Der Inhalt dieser „Nullnummer“ (nicht qualitativ gemeint :-P) ist hierbei rasch erzählt: Im Ghetto von New York City begleitet die Geschichte den Jugendlichen Simon, welcher erst seinen Stiefbruder besucht und dann bestiehlt, um später mit seinen Freunden abzuhängen und schließlich auf einen mysteriösen Brillenverkäufer zu treffen. Klingt jetzt nicht wirklich spannend? Ist es auch nicht im Sinne einer klassischen, dreiaktigen Handlung, vielmehr ist es die Aufzeigung all des enthaltenen Potentials: Diese Preview-Version stellt viel zahlreiche mögliche Superhelden und -schurken vor, deutet sogar ihre späteren Superkräfte in Form von Wesenszügen und Eigenschaften an. Beispielsweise ist eben jener Simon einer flinker Klettermaxe, der für Youtube-Klicks immer gefährlichere Stunts vollbringt – Klettern für die beziehungsweise mit der Kamera, na, an welchen Superhelden erinnert das? Der Chef-Muskelberg vom Fitnessstudio ist eigentlich ein ganz lieber Typ, aber wenn er sich aufregt und seine Medikamente nicht nimmt, wird er zum cholerischen Berserker – Na, erkannt auf wen das anspielt? Und die kleine Blondine Chloe wird von niemandem beachtet, ist für die Leute quasi unsichtbar... Ohne jetzt der ultimative Comic-Experte zu sein, habe ich schon beim ersten Durchlesen sicher ein Dutzend potentieller Superhelden entdeckt :-) Wichtig hierbei ist, dass diese „realistischeren“ Origin-Storys natürlich niemals die „echten“, markenrechtlich geschützten Namen verwenden ;-) Außerdem ist es interessant, dass es im Gegensatz zu vielen klassischen Superhelden-Comics kein starres schwarz/weiß-Schema gibt, sondern die Charaktere alle mehr oder minder grau gefärbt sind. Auch die Sprache ist realistischer, gerne auch mit Schimpfwörtern. Ansonsten wirkt aber alles an „The real Revengers“ wie bei den großen Vorbildern, gerade auch im Hinblick auf Dynamik, Layout und Design, man würde auf den ersten Blick nicht merken dass es sich nicht um das Projekt eines Comic-Giganten handelt. Wobei ich persönlich mit dem grafischen Stil nur eingeschränkt warm geworden bin: Während die Zeichnungen gut gelungen sind, wirkt die Kolorierung auf mich ein wenig zu glossy, ich musste mehrmals unwillkürlich an Porzellan-Puppen denken :-P Trotz diesem kleinen Kritikpunkt jedoch meinen größten Respekt an die Macher! Die 1,99 € für die digitale, 21-seitige Preview-Version habe ich für so ein sympathisches Indie-Projekt gerne ausgegeben (gibt's in deutsch (Link) und englisch (Link), auch bei einem großkapitalistischen Online-Buchhändler (Link) ;-)). Fazit:: „The real Revengers #0“ bietet weniger eine klassische Story als vielmehr ein eher lose zusammenhängendes Schaulaufen potentieller Superhelden. Hier ist mächtig viel Potential drin, ich bin auf die erste „reguläre“ Ausgabe gespannt!
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