„Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI“ war eine der großartigsten Mystery-TV-Serien der 90er Jahre. „30 Days of Night“ war immerhin ein passabler Vampir-Horrorfilm. Thematisch durchaus überschneidend, veröffentlicht der „Cross Cult“-Verlag nun in Deutschland einen lang erwarteten Crossover-Comic. Da stellt sich natürlich die Frage, ob diese Mischung auch aufgeht? Ihr neuster Fall führt die FBI-Agenten Dana Scully und Fox Mulder in die nördlich des Polarkreises gelegene Kleinstadt Wainwright. Diese wird von einem mysteriösen Massenmord erschüttert: Unweit einer Art Massenkarambolage wurden 16 geköpfte, ausgeblutete Leichen an einen Mast aufgehangen. Während sich das ungleiche Duo über den Fall uneins ist – Ärztin Scully versucht natürlich krampfhaft alles rational zu erklären, während Verschwörungstheoretiker Mulder sogleich an Vampire denkt – muss es auch noch mit anderen Ermittlern um die Zuständigkeitsgebiete rangeln... Viel zu spät kommen sie einem bis in die Vergangenheit reichenden Geheimnis um verschollene Expeditionen auf die Spur, da hat der Angriff der Vampire schon längst begonnen. Diese richten durch die langanhaltende Dunkelheit nördlich des Polarkreises nahezu ungehindert ein Schlachtfest unter den Bewohnern an, selbst das FBI und russische Spezialtruppen können sie scheinbar nicht aufhalten... Die Handlung des 144-seitigen Comics konzentriert sich primär auf die beiden Hauptfiguren Scully und Mulder, gelegentlich macht sie aber auch einen kleinen Schlenker zu den Vampiren oder den Nebenfiguren. Während Letztgenannte vornehmlich als Stichwortgeber fungieren, um die Handlung voran zu treiben, arten die Vampir-Szenen zumeist in wilde Metzelorgien aus. Dies ist der düsteren, bedrohlichen Stimmung des Comics zwar zuträglich, jedoch lassen die Antagonisten so auch jegliche Motivation vermissen. Obwohl sie intelligent kommunizieren können und einen großen Plan haben, wirken sie daher eher wie trieb- und instinktgesteuerte Tiere. So bleibt das Interesse des Lesers leider nur auf die beiden Protagonisten beschränkt. Diese unterhalten dann aber wirklich gut mit einer spannenden Gesprächsdynamik – Hier stimmt, wie schon in der TV-Serie, einfach die Chemie. Mein persönlicher Favorit ist dabei eine Obduktionsszene, in der Scully im höchsten Maß professionell einen Vampir seziert und versucht dessen ungewöhnliche Anatomie mit menschlichen Krankheiten rational zu erklären (die Schilddrüse ist schuld ;-)), während Mulder von der Seite her stichelt dass man doch schon längst wisse dass es sich um Vampire handelt :-) Über den gesamtem Comic verteilt finden sich ein paar solcher Highlights, welche es aber auch in ihrer Gesamtheit nicht schaffen, die dünne Story bis hin zum doch recht unbefriedigenden Ende zu tragen. Immerhin kann man den Comic so aber auch ohne Vorwissen lesen. Was den Leser, abgesehen von der großartigen Lizenz, dann aber doch bei der Stange hält ist die wirklich bedrohliche, eisige Atmosphäre. Sowohl durch die Geschichte mit der allgegenwärtigen Vampir-Bedrohung als auch besonders durch die kontrastreichen Bilder. Bis auf leichte Schwächen bei den Gesichtern sind diese durchweg schön und dynamisch gezeichnet, zudem sehenswert koloriert. Die Druckqualität ist, wie beim „Cross Cult“-Verlag (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) üblich, wieder sehr gut und dem Preis von 25 € für das Hardcover angemessen. Fazit: Trotz Story-Schwächen: Die Mischung geht tatsächlich auf! Wer atmosphärisch gelungenen Vampir-Horror mag oder generell Fan der Lizenzen ist, kann bei „Akte X / 30 Days of Night“ (Link) durchaus zugreifen.
Tags