Von André Wieslers gecrowdfundeten Mystery-Comedy-Roman war ich ja nur mittelmäßig angetan und vergab nur eine solide 68%-Wertung. Durch diese Buchbesprechung wurde Jakobina darauf aufmerksam und schrieb die nunmehr zweite Literatur-Gastrezension in diesem Jahr. Danke dafür! Mal schauen, ob sie mir widerspricht ;-)
Protektor - Monsterjäger mit Minderwertigkeitskomplex
Mir wurde bereits nach ein paar Kapiteln der Beruf des Autors deduktiv bewusst: Stand-Up-Comedian. (Kein Scherz, meine Vermutung wird am Ende des Buches durch sich fragwürdig anbiedernde Eigenwerbung bestätigt.) Mit wahlweise infantilen Kleinjungenwitzen bzw. heruntergekommenem Altherrenhumor kalauert man sich durch das Programm. Vorgetragen hätte das durchaus einen gewissen Reiz. Geschrieben hingegen, lässt einen die Sprachwahl (die allzu bemüht, zu angestrengt lustig klingt, um natürlich zu wirken) bald zurück. Dem Autor fehlt das Publikum einer Lesebühne. Die raren beißend ironischen Momente, die sich dadurch auszeichnen, nicht von der Hauptperson als solche hervorgehoben/reflektiert/kommentiert zu werden, bilden allerdings eine erfreuliche Ausnahme.
Das Konzept ist einfach und war schon vor ihm erfolgreich: Ein pseudo-sympathisch-gehaltener Loser (Klaus Holger in diesem Falle - bereits der Name ist an Herkömmlichkeit kaum zu überbieten) kommt an einem Punkt in seinem tristen Leben an, wo ihm nichts mehr geblieben ist: Seinen Job als Informatiker hat er eigenverschuldet verloren, mit ihm ebenso seine finanzielle Unabhängigkeit; die Freundin hat ihn verlassen, genau wie seine Dignität. Doch die unverhoffte Wendung lässt nicht lange auf sich warten. Nach einer mysteriösen Begegnung mit einer attraktiven Unbekannten (dem "feuchten Traum" eines jeden Mannes) beginnt die eigentliche Handlung: Klaus' neues Leben im Rahmen seiner neuen Berufung als Protektor - Beschützer vor allgegenwärtigen, dunklen Mächten - wie uns im Titel des Buches bereits verraten wird. Man wird vom Autor derart oft auf den Versagerstatus des Protagonisten und dessen vermeintliche Nerdigkeit hingewiesen (die für das eingeweihte Publikum einen Großteil des Reizes verliert, da quasi jeder Nerdhinweis für Unkundige entwirrt wird), dass aus anfänglicher Sympathie im besten Falle eine bemitleidende Empathie erwächst; für einen abgewrackten Typen, der keinerlei Selbstwertgefühl besitzt, scheinbar auch noch nie besaß.
Aberwitzige Geschehen werden in überschaubaren Kapiteln beschrieben. Das ist kurzweilig, unter Vorbehalt amüsant und unterhaltsam gehalten, wäre da nicht der unbändige Drang des Autors, jegliche Szenen durch Klaus' Gedankengänge zu erklären, einzuordnen, regelrecht zu sezieren und dem Leser damit den Raum für eigene Empfindungen und Überlegungen zu nehmen. Gestreckt wird das Ganze mit mehr oder minder passenden Flashbacks, in denen der Protagonist auf frühere, zusammenhanglose Situationen seiner Jugend zurückblickt, die mich ein ums andere Mal kurzzeitig den Blick für das Hauptgeschehen verlieren ließen.
Das Ende kommt nicht unerwartet, für Klaus auch nicht etwa einfach, aber insgesamt doch etwas schnell daher, was zeigt, dass ich meine Zeit durchaus gerne mit diesem jovialen Nonvaleur verbrachte, der jedoch zu blass, zu simpel blieb und es letztendlich leider nicht schaffte, mich zu überzeugen. Versöhnlicher blicke ich allerdings auf seinen Sidekick: Die Kuh ist schlechterdings großartig, obwohl oder eben weil ihr eine Sprechrolle verwehrt blieb!