Mit dem bildgewaltigen Wikinger-Epos „Viking: Das lange, kalte Feuer“ vom gefeierten Kreativteam Ivan Brandon (Text) und Nic Klein (Artwork) hat der „Cross Cult“-Verlag einen potentiellen Knaller im Programm. Doch während einer der beiden Künstler ein wahres Feuerwerk entzündet, kommt von dem anderen kaum mehr als ein laues Lüftchen... Der erste Band einer möglichen Reihe von „Viking“-Bänden führt die beiden Protagonisten Finn und Egil ein. Doch sind die beiden Brüder wohl eher Antagonisten, ziehen sie doch brutal und aus purer Lust mordend (zumindest ist, außer purem Egoismus, kein tieferer Sinn erkennbar) durch das Land, dabei eine Schneise der Verwüstung hinterlassend. Irgendwann tun sie sich zusammen mit dem verräterischen Königsvertrauten Aki, um die Prinzessin Annikki zu entführen. Klar, dass die dann auch noch gleich mit einem der Entführer rummacht. Und dann ist das Buch, nach noch viel mehr Mord und Totschlag, schon beendet... Das, ja wirklich, das war die gesamte Geschichte des 144 Seiten starken Sammelbandes der im US-Original fünf Comichefte umfassenden der „Viking“-Saga. Das Buch ist eine einzige Gewaltorgie, unterbrochen von einer Prise Intrigen und ein paar moralischen Dialogen. Dabei schafft es der Autor immerhin, die im Grunde sehr simple Story durch rasche Szenenwechsel so verworren zu gestalten, dass sich deren Zusammenhänge erst gegen Ende erschließen. Die Charaktere werden allerdings allesamt recht dürftig charakterisiert, ihre Motivationen bleiben irgendwo zwischen nebulös und schablonenhaft. Während also die Geschichte statt des angekündigten Wikinger-Epos kaum mehr als ein laues Lüftchen bietet und auf Groschenroman-Niveau hindümpelt, brillieren die Zeichnungen. Diese sind, allesamt für sich einzeln betrachtet, jeweils schon ganz gut bis hervorragend gezeichnet und wirklich atmosphärisch. Als Gesamtwerk legen sie noch mal eine ganze Schippe drauf. Denn was dem geneigten Leser dieses Artikels vielleicht schon bei der Betrachtung der Fotos aufgefallen ist: Der Zeichenstil schwankt auf jeder Seite, teilweise gar von Panel zu Panel. Das ist im ersten Moment ein wenig anstrengend und verwirrend, allerdings gewöhnt man sich dann recht schnell daran. Und so bekommt jede einzelne Szene und Situation ihre ganz eigene Stimmung und Dynamik. Meinen großen Respekt an den Künstler! Ebenfalls Respekt verdient der „Cross Cult“-Verlag (der mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) für die wie immer sehr gute Druckqualität. Auch die Haptik von Hardcover und Buchseiten ist wirklich hochwertig. So halte ich den Preis von 28 € aus materialtechnischer und zeichnerischer Sicht für vollkommen in Ordnung. Fazit: Ich will nicht lange im den heißen Brei drumherum reden: „Viking: Das lange, kalte Feuer“ (Link) ist ein sehr stylisch gezeichneter, wunderschöner Groschenroman.
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