Das letzte Mai-Wochenende 2016: Ganz Rollenspiel-Deutschland fährt auf die RPC. Ganz Rollenspiel-Deutschland? Nein, ein armer Nerd-gegen-Stephan muss am anderen Ende der Republik Medizinproduktrecht pauken ;-) Damit dieses Wochenende aber nicht ganz ohne das Lieblingshobby auskommt, habe ich ein weiteres und auch mal wieder recht langes Indie-Interview geführt. Diesmal zum recht düsteren "Sarôsta - Das dunkle Zeitalter", welches sich aus einem Foren-Rollenspiel heraus entwickelt hat. Hallo Clarissa. Stell doch erstmal Dich selbst vor?
"Mein Name ist Clarissa, mein bevorzugter Nickname ist Lasanda. Ich bin 28 Jahre jung, verheiratet und spiele seit ungefähr 10 Jahren Pen & Paper-Rollenspiele. Vor allem "Das Schwarze Auge" hat es mir angetan. Wobei mich verschiedene Fantasie-Welten schon seit der Kindheit begleiten. Denn schon als Kind hab ich mir gerne zusammen mit Freundinnen Geschichten überlegt und später dann geschrieben. Die „Vorstufe“ zum Pen & Paper-Rollenspiel waren bei mir verschiedene Forenrollenspiele. Bei diesen geht es auch darum gemeinsam Geschichten zu erzählen, aber diese sind meist freier gestaltet und haben nur wenige Regeln. Ich hab mich dann sehr darüber gefreut als ich das Pen & Paper-Rollenspiel kennen gelernt habe. Ich spiele auch immer noch sehr gerne mit meiner Gruppe, mit der ich damals begonnen habe. Das gemeinsame Spielen hat dann irgendwann den Wunsch in mir gestärkt, ein eigenes System haben zu wollen. Was gibt es sonst noch zu sagen? Ach ja ich will mich mit meinem Rollenspiel und was dort alles dazu gehört als Autorin selbstständig zu machen."
Du arbeitest gerade an dem Rollenspiel "Sarôsta - Das dunkle Zeitalter". Gib den Lesern doch mal einen ersten Überblick.
"Das Rollenspiel "Sarôsta – Das dunkle Zeitalter" spielt auf einer eigenen Welt namens Aiara. Auf dieser gibt es zwei große kulturschaffende Völkergruppen. Zum Einen die menschlichen Völker und zum Zweiten die Chimärenvölker. Die Chimärenvölker, die allgemein als Feras bezeichnet werden, sind eine Mischung aus Mensch und Tier. Im Moment herrschen auf dem Kontinent Marsola, auf dem am Anfang gespielt wird große Unruhen. Denn die Bauern und andere einfachen Arbeiter haben es satt sich ausbeuten zu lassen. Die großen Aufstände die es in den Städten gibt, werden aber nicht nur von ihnen angezettelt. Sondern sie werden dabei vielen Magiern unterstützt. Denn für die Magier gibt es sehr strenge Gesetze wann und welche Magie sie wirken dürfen. Diese werden immer wieder verstärkt und das wurde den Magiern zu viel. Nachdem Gespräche und Verhandlungen zu nichts geführt haben, außer dass zwei der Vermittler verhaftet wurden und seit dem in einem Kerker sitzen, war es den Magiern zu viel. Sie taten sich zusammen und gemeinsam mit den Bauern fingen sie an sich gegen die Herrschenden auf zu lehnen. Ihr Ziel ist es die Herrschende zu stürzen und eigene Leute an die Macht zu bekommen. Diese sollen dann wirklich zum Wohle des Volkes handeln. Die Herrschenden haben darauf natürlich reagiert und mittlerweile ist eine Hexenjagd auf die Rebellen los getreten worden. Statt die Gesetze zu lockern werden sie noch strenger, vor allem was die Magie an geht und diese werden auch heftiger bestraft als zuvor. Gegen die Rebellen wird mit aller Härte vorgegangen und sie versuchen die Aufstände niederzuschlagen und dass die Rebellen entweder ausgerottet werden oder alle fliehen. Der verstoßene Gott Palorsk nutzt diese Situation um Hass und Zwietracht zu schüren. In so einer düsteren Zeit wächst seine Macht und es gibt viele die seinen Verlockungen erliegen. Diese nutzt er dazu die Aufstände erst recht wieder anzufachen. Er demonstriert seine Macht in letzter Zeit öfters, in dem immer wieder Städte und Dörfer von seinen Dämonen und Seuchen heimgesucht werden. Wenn das so weiter geht, wird der Kontinent bald vollständig im Chaos und im Hass versinken."
Warum hast Du Dich für diese Spielwelt entschieden?
"Eine wirkliche Entscheidung war es bei mir nicht. Ich hatte angefangen eine Welt zu beschreiben für ein Forenrollenspiel. Die jetzige Welt hat sich dann durch die Jahre daraus entwickelt. Ich muss sagen, an eine so dunkle Welt hatte gar nicht gedacht. Doch es hat sich nach und nach so ergeben. Der entscheidende Punkt war wohl der Umstieg beim Magiesystem weg von Spruchzaubern hin zu einem freien Zaubern. Denn diese Magieform braucht Gesetze, damit die Magier nicht zu mächtig werden und man sie unter Kontrolle halten kann. Bei den Beschreibungen und Ausarbeitungen hat es sich dann recht schnell ergeben, dass die Magier mit diesen ganzen Gesetzen nicht einverstanden sind und sich dagegen wehren. So ist es dann zu dieser dunklen Welt gekommen."
Welche Spielmechaniken, also beispielsweise Würfelsystem und Charakterentwicklung, werden verwendet?
"Mein Anspruch an das Würfelsystem und auch an die Charaktererstellung war, dass diese sich von anderen Systemen unterscheidet. Außerdem sollte es einfach anzuwenden sein, also dass nur eine Würfelart gebraucht wird, dass das Würfelprinzip sich bei den verschiedenen Proben nicht groß unterscheidet usw. Es wird mit 12-seitigen Würfeln gewürfelt, andere Würfel sind nicht notwendig. Bei den Proben setzt sich die Anzahl der Würfeln aus dem Talentwert und der Eigenschaft, die dem Talent zugeordnet ist, zusammen. Gewürfelt wird dann gleich oder unter 6, um einen Erfolg zu bekommen. Um so mehr Erfolge erwürfelt werden, umso besser ist die Probe gelungen. Bei der Charaktererstellung habe ich Wert darauf gelegt, das die Charaktereigenschaften des Helden Auswirkungen auf Proben haben kann. Diese können sich je nach Situation positiv oder negativ auswirken. Es wurde auf Klassen-Einteilungen verzichtet und jeder sollte die Möglichkeit haben seinen Helden das Wissen zu geben, dass er für wichtig für diesen hält. Es gibt bei mir keine Lebenspunkte, sondern einen Schadensmonitor, auf diesem wird eingetragen wenn der Held verletzt wird. Die Verletzungen haben dann auch Auswirkungen auf Proben und auf den Kampf. Dafür hab ich mich entschieden weil ich es übersichtlicher finde und weniger bürokratisch als die Lebenspunkte. Bei mir wird ein Talent mit Erfahrungspunkten und Abenteuerpunkten gesteigert. Die Erfahrungspunkte bekommt der Held wenn er das Talent erfolgreich einsetzt. Das war mir sehr wichtig, das es einen Unterschied macht, wie oft ein Talent während eines Abenteuers eingesetzt wird, ohne dass extra festhalten zu müssen. Das learning by doing-System spiegelt das gut wieder. Für das Magiesystem hab ich mir auch was besonderes einfallen lassen. Es gibt keine vorgefertigte Zaubersprüche, sondern es ist Kreativität gefragt. Das bietet einen großen Freiraum und mit der richtigen Idee kann auch ein junger Magier schon einiges ausrichten."
Kam erst die Spielwelt oder kamen erst die Regeln? Und wie weit ist die Entwicklung bisher fortgeschritten?
"Aiara, so wird die Welt in meinem Spiel genannt, hat im Laufe der Zeit eine große Wandlung durch gemacht und ist so zusagen mit mir erwachsen geworden. Ich freue mich sagen zu können dass die Entwicklung schon recht weit fortgeschritten ist. Wenn es so weiter geht wie geplant, dann werden im Jänner nächsten Jahres nicht nur das Regelwerk, sondern auch ein Abenteuerband, ein Kampagnenband, ein Buch mit 4 Kurzgeschichten und zwei Spielhilfen veröffentlicht werden. Die letzten Texte sind im Moment in der Entstehung, die meisten liegen schon als Manuskript vor und werden noch überarbeitet, bevor sie dann an die Testleser weiter gehen."
Plauder doch mal aus Entwickler-Nähkästchen: Wie entwickelt man so ein Rollenspiel?
"Das ist schwierig zu sagen, ich denke da muss jeder seinen eigenen Weg finden. Denn jedes Rollenspiel ist anders und ich denke es wird nicht jeder gleich an so ein Projekt heran gehen. Doch ich gebe euch gerne einen kleine Einblick wie es bei mir war bzw. wie ich es hätte machen sollen, dann hätte ich mir einiges an Zeit gespart. Am Anfang sollte das Sammeln von Informationen stehen und die Gedanken darüber was für ein Rollenspiel man haben will. Einen Rat den ich euch diesbezüglich geben will, achtet darauf dass ihr die verschiedenen Themen nicht in 50 verschiedenen Dokumente aufschreibt. Das hatte ich am Anfang und es war nach einer Weile ein heilloses Durcheinander. Es hilft also sehr dass Ganze mit einer gewissen Struktur anzugehen. Außerdem hat es sich bei mir bewährt eine Liste zu führen auf der steht was noch zu tun ist. Diese ist am Anfang grob in verschiedene Bereiche eingeteilt und die Prioritäten sind festgelegt. Wenn mehrere Dokumente genutzt werden, dann sollte dort eingetragen werden wie die Dokumente heißen und wo diese abgespeichert sind. Der erste große Punkt war bei mir die Welt. Wichtig ist hier, sich nicht gleich zu Anfang zu überfordern. Also bei einer Welt mit mehreren Kontinenten ist es sinnvoll sich erst einmal nur einen herzunehmen und genau auszuarbeiten. Für die anderen werden nur die wichtigsten Daten festgelegt. Es ist schon genug Arbeit einen Kontinent zu bevölkern, zu beleben und zu beschreiben. Außerdem würde es bei mir das Regelbuch sprengen, wenn ich alle 4 Kontinente ausführlich beschreibe. Dies kann später in eigenen Büchern nachgeholt werden. Das ist auch schon der nächste wichtige Punkt: Festzulegen wie umfangreich das Regelbuch und die einzelnen Bereiche darin sein sollen. Ich habe alle Informationen die ich zur Welt habe, die aber zu viel für das Regelwerk sind, anderweitig für später gespeichert. Auch bei den Regeln gilt bei mir so viel wie möglich, so wenig wie nötig. Also dass sie gut und verständlich erklärt sind, aber es sich dann nicht in 100 Ausnahmen und Sonderregeln verliert. So strukturiert wie ich es jetzt hier geschrieben habe, arbeite ich erst sein ein paar Jahren, davor war das ein ziemliches Chaos. Irgendwann hab ich dann angefangen das alles neu zu strukturieren, um einen besseren Überblick zu bekommen. Das hat auch wirklich gut geholfen, denn es war dann leichter bestimmte Sachen zu finden und festzustellen was noch fehlt. Sonst kann ich dazu noch sagen, dass es sehr viel Geduld und Durchhaltevermögen braucht, um so ein Spiel zu entwickeln. Es braucht auch eine große Liebe zum Rollenspiel und dem Bereich auf den es sich bezieht. Das wäre bei meinem z.B. der große Konflikt zwischen den Magiern und den Unterdrückten sowie dem ungefähren Mittelalter. Denn wenn das nur etwas ist, was einen nur im Moment interessiert, kann es sein, dass das Interesse weiter wandert und damit die Motivation fürs Spiel fehlt."
Wie soll das fertige Spiel mal ausschauen? Kommt ein Regelbuch? Vielleicht per Crowdfunding?
"Ja, es kommt nicht nur ein Regelwerk, sondern es sind auch schon andere Bücher in der Entstehung. Das Regelwerk wird wohl so um die 450 Seiten haben und es wird es als PDF und in gedruckter Version geben. Ich plane, dass es nach der ersten Veröffentlichung weitere Büchern geben wird. Geplant sind Bücher über die einzelnen Regionen, Spielhilfen und auch Romane. Mir ist es wichtig den Spielern die Welt gut zu beschreiben, so dass sie für diese genau so lebendig ist wie für mich. Es ist für ungefähr Dezember/Jänner geplant ein Crowdfunding zu starten. Die Kostens die dazwischen anfallen, werden von mir vorfinanziert."
Wo kann man das Rollenspiel aktuell mal antesten?
"Im Moment ist das Regelwerk in der Testphase um mögliche Schwächen und Unklarheiten zu finden und auszubessern. Auch im Moment läuft eine Online-Testgruppe auf einer Internetplattform (Link), die eigentlich da ist um DSA online zu spielen. Schaut bitte auf die Facebook-Seite (Link) von "Sarôsta – Das dunkle Zeitalter", dort gibt es Informationen dazu. Es werden auch Testleser gesucht, die sich die Texte ansehen und Feedback dazu geben. Dafür wurde eine eigene Gruppe auf Facebook (Link) eingerichtet. Eine Webseite kommt natürlich auch noch, diese hängt aber gerade noch bei demjenigen der sie mir einrichtet. Ich hoffe dass sie in ein paar Tagen dann online geht."
Was würdest du anderen Autoren raten, die auch ein eigenes Rollenspiel entwickeln wollen?
"Geduld, Geduld und nochmal Geduld haben. Gerade wenn es nicht „nur“ ein Regelwerk werden soll, sondern auch eine Welt dazu. Das ist nichts, was nur ein paar Wochen in Anspruch nimmt, sondern das kann schon eine jahrelange Arbeit werden. Natürlich kommt es auch darauf an wie viel Zeit man in die Erstellung investieren kann. Ich hatte früher zum Beispiel immer wieder größere Pausen von mehreren Monaten, so geht es natürlich nur langsam weiter. Vor ungefähr einem Jahr hab ich mich dann entschlossen dass ich das Spiel endlich fertig haben will und hab von da an mehr und vor allem regelmäßig Zeit investiert. Dann ging auch wirklich was weiter. Also auch wenn man mal einen längeren Durchhänger hat, sollte man so ein Projekt nicht aufgeben, sondern sich eine Pause gönnen und wenn die Motivation wieder da ist wieder weiter zu machen. Es lohnt sich wirklich so ein Projekt weiterzuführen und abzuschließen. Kommen wir jetzt zurück zum Anfang. Wichtig ist es, sich am Anfang Gedanken darüber zu machen, was es werden soll und die grundlegenden Sachen die einem wichtig sind festzuhalten, um so erst mal einen groben Rahmen zu haben. Es kann auch sehr hilfreich sein, sich andere Rollenspiele anzusehen, was es denn schon alles gibt und was einem in welchem Rollenspiel gut gefällt. Da kann man sich dann auch schon überlegen, was vielleicht für das eigene Regelsystem interessant sein könnte. Das soll bitte nicht als Aufforderung gesehen werden Regelsystem einfach zu kopieren. Es soll nur als Hilfe und Ideen-Sammlung genutzt werden um dann was Eigenes daraus zu machen. Generell bin ich jemand der sich gute Einfälle und Ideen, die ich habe, möglichst gleich aufschreibt, damit sie nicht verloren gehen. Wenn man das Rollenspiel in einer gewissen Epoche spielen lassen will, sollte man sich vorher natürlich ausführlich mit dieser auseinandersetzen und schauen wie historisch genau man diese übernehmen will. Bei mir wird in einer Welt gespielt die ganz grob an dem Mittelalter orientiert ist, aber historisch nicht genau ist, da es schon einige „modernere“ Sachen gibt, wie eine Druckerpresse, Heißluftschiffe und Aquädukte. Ich kann euch sagen, dass so ein großes Projekt durchaus sehr frustrierend sein kann, wenn es z.B. nicht so schnell voran geht wie man das gerne hätte. Was ich euch diesbezüglich rate ist, gebt nicht auf! Mir fehlte auch früher oft die Motivation, auch heute noch ab und an. Wenn euch das auch so geht, rate ich euch zu googeln was Autoren gegen Schreibblockanden machen. Mir haben die Ratschläge, die ich gefunden habe, durchaus geholfen. Es muss jeder selbst ausprobieren welche Methode für einen am hilfreichsten ist. Für mich war es, dass ich wirklich jeden Tag schreibe. Ob nun zum Rollenspiel oder etwas anderes, war dabei nicht so wichtig. So sollte es zu etwas ganz Alltäglichem werden um damit die Blockaden zu überwinden. Ich habe mein Projekt alleine geschrieben, wobei ich immer Leute im Freundeskreis hatte, die mir mit Rat und Tat zu Seite standen. Alles alleine zu entscheiden ist nicht einfach. Das hat mich durchaus auch gebremst, weil ich bei gewissen Regeln einfach nicht weiter gekommen bin. Es macht einem also das Leben wesentlich einfacher, wenn man jemanden hat der mit einem an dem Projekt arbeitet oder zumindest als Berater zu Verfügung steht. Denn dieser bietet eine andere Sichtweise und hat vielleicht auch ein paar Ideen oder Problemlösungen, die einem gar nicht in den Sinn kommen. Es kann natürlich auch hilfreich sein, wenn man jemanden hat der sich z.B. gut mit Statistik auskennt und einem also mit Wahrscheinlichkeiten für Proben weiter helfen kann oder einem dabei hilft, wie man die Preise für Ausrüstung vernünftig errechnet. Damit es hier zu keinem Problem kommt, sollte aber von Anfang an geklärt sein wer was für Aufgaben und Pflichten hat. Noch etwas das ganz wichtig ist, damit so ein Projekt gelingt, ist Spaß daran zu haben etwas Neues zu erfinden und tief in eine fremde Welt einzutauchen. Ich wünsche euch viel Durchhaltevermögen und Erfolg für eure Projekte und hoffe das ich euch eine Hilfe war :) So zu guter Letzt will ich noch Danke sagen an alle die das bis hier her gelesen haben ;) "
Ich danke Dir für das Interview und bin sehr auf das Rollenspielmaterial und auch die dazugehörigen Romane gespannt. PS: Das Copyright der zur Verfügung gestellten Bilder liegt bei Nebeah Falke.
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