Letztes Wochenende, auf der "Main Würfel Con", kam ich eher zufällig mit dem Filmteam "Virtuosity Pictures" (Link) in Kontakt, die dort ihre Rollenspiel-Filme anboten. Der Rest ist Geschichte: Eine DVD wechselte den Besitzer, der Film begeisterte mich, ein Interview wurde vereinbart :-) Hallo Julia und Christoph. Stellt Euch doch bitte erstmal vor.
Julia: "Ich bin Julia aus Himmelstadt,…" Christoph: "…Christoph, aus Würzburg. Das war jetzt ein wenig lasch, oder? (lacht) Aber ich fürchte, wir sind ganz normale Leute. Haben beide Vollzeitjobs und in unserer Freizeit drehen wir Filme. Verrückt, oder? Wenn man die ganze Arbeit bedenkt. Aber Filme sind eben unsere große Leidenschaft, sowohl gucken als auch selbst drehen."
Stellt bitte "Virtuosity Pictures" vor.
Julia: "'Virtuosity Pictures' ist unsere Filmschmiede. Den Namen benutzen wir von Anfang an, seit 2000, glaub ich. Uns war wichtig, dass unsere Projekte unter einem "offiziellen" Namen laufen und dann auch zugeordnet werden können. Wir beide sind quasi der Kopf des Ganzen, ein festes Team gibt es so gesehen sonst nicht. Wir fragen dann jedes Mal bei Freunden und Bekannten herum, wer Lust hätte, bei dem aktuellen Projekt dabei zu sein und viele beteiligen sich erfreulicherweise regelmäßig und mit viel Engagement."
Ihr habt mit "Die Kobold Quest" (Link zum kompletten Film) einen meiner Meinung nach ganz hervorragenden Film gedreht, der sogar ausgezeichnet wurde. Stellt doch den Film bitte mal vor.
Christoph: "Oh, vielen Dank für das Kompliment. Wir hören immer gerne, dass der Film gut ankommt und wir offenbar auch das Thema gut eingefangen haben." Julia: "In dem Film geht es um eine Pen&Paper-Rollenspielgruppe, die sich abends trifft, um gemeinsam zu spielen. Aber wie das bei solchen Runden nun mal ist, machen die Spieler natürlich alles, nur nicht, was der Meister gerne möchte. Und neben den Szenen am Spieltisch, switcht die Handlung dann auch immer in die InGame Welt, wo die Spieler dann ihre Charaktere verkörpern."
OK, genug der Vorstellung. Rollenspiel-Filme sind ja doch eher selten, wie kam es dazu?
Christoph: "Wir waren früher selbst aktive Rollenspieler und haben natürlich, wie jeder, in unseren eigenen Spielgruppen genug Quatsch erlebt. Und oft denkt man sich “Das war jetzt so skurril, lustig oder absurd, das müsste man glatt aufschreiben.” Dann tauchte irgendwann "The Gamers" im Internet auf, der alle Rollenspieler angesprochen hat - uns eingeschlossen. Eben weil er genau diese Situationen eingefangen hat, und der Film so charmant und authentisch gemacht war. So kamen wir dann auf die Idee, auch einen Film über eine Heldengruppe zu machen." Julia: "Mittlerweile gibt es ja schon drei Rollenspielfilme von uns. Unser Erster war noch sehr unausgereift. Wir hatten einfach noch nicht so viel Erfahrung wie heute und daher zählt der Film eher zu denen, die man gerne in der Schublade lässt. Aber in den Kobold floss dann die geballte Erfahrung der vorhergehenden Projekte, was man auch deutlich sieht, wie wir finden."
Da passt natürlich die Frage: Was habt ihr gespielt? Und spielt ihr immer noch?
Julia: "Unser System war immer "Das Schwarze Auge" mit dem Regelwerk 3. "Die Kobold Quest" ist auch an DSA angelehnt. Nicht vordergründig, aber genug, dass DSA-Spieler die Andeutungen verstehen. Allerdings spielen wir seit Jahren nicht mehr aktiv. Wir treffen uns vielleicht ein, zwei Mal im Jahr für eine Nostalgie-Runde. Dann macht es uns aber immer noch so viel Spaß wie früher."
Wie läuft so eine Produktion ab, von der Idee bis zum fertigen Film?
Christoph: (lacht) "Okay, das ist wirklich eine sehr weitreichende Frage, aber ich versuche mal, mich so kurz wie möglich zu fassen. Zuerst ist da die "Idee". Man wird inspiriert oder hat ein Thema, das einen gerade beschäftigt, und das man gerne szenisch umsetzen möchte. Dann überlegt, wie und was man eigentlich erzählen will, erschafft die Figuren, schreibt ein Drehbuch. An dem wird dann solange gefeilt, bis man das Gefühl hat, es ist bereit verfilmt zu werden. Das dauert manchmal, in der Regel überarbeiten wir unsere Drehbücher mehrfach, bis es ans Werk geht. Anschließend Darsteller und Crew suchen, Termin, Drehplanung, und der Dreh selbst. Der macht natürlich am meisten Spaß, ist aber auch sehr anstrengend, mental und körperlich. Wenn man alles im Kasten hat, dann kommt die Post-Produktion. Die wird gern unterschätzt, weil sie für Außenstehende unsichtbar geschieht. Schnitt, Animation, Musik, vielleicht nochmal etwas nachvertonen. Bis zur Premiere vergeht da eine Menge Zeit. Bei der Kobold Quest ging die Zeitspanne vom Drehbuch bis zur Premiere über ein Jahr. Im April war der Dreh, drei oder vier Tage, denke ich, und im Oktober schon die Premiere. Wir haben buchstäblich bis zum Tag davor an dem Film gearbeitet."
An welchem aktuellen Projekten arbeitet ihr?
Julia: "Wir haben eine Idee, die uns sehr gut gefällt. Was die Geschichte angeht, ist aber noch nichts entschieden und bis zum ersten Drehbuchentwurf wird es wohl noch ein wenig dauern. Wir arbeiten gerade daran. Aber sicher ist, dass der Film im aktuell recht populären Endzeit/Zombie-Genre spielen wird." Christoph: "Und wir haben noch ein älteres Projekt, das wir gerade wieder aufgenommen haben und parallel bearbeiten. Da kommt dann nochmal was aus dem Bereich Fantasy."
Jetzt habt ihr mich angefixt, ich will ein berühmter Schauspieler werden :-) Daher meine ganz uneigennützige Frage: Kann man sich daran irgendwie beteiligen?
Julia: "Natürlich! Wenn es passt, immer gerne. Wir sind ständig auf der Suche nach Leuten, die Lust haben bei einem unserer Projekte mit zu machen. Für gewöhnlich arbeiten wir mit einer recht kleinen Truppe, da ist jede helfende Hand willkommen." Christoph: "Sobald wir mit einem Projekt soweit sind, suchen wir die Leute, die wir noch brauchen. Da lohnt es sich, unsere Facebook-Seite und die Homepage im Auge zu behalten, da erfährt man es als erster. Wir sind auch dankbar für jede Hilfe, denn um einen Film erfolgreich zu produzieren, sind wir natürlich auch auf auf das Engagement und die Unterstützung angewiesen, gerade im Low/NoBudget Bereich. Jedes Projekt war nur mit viel Herzblut des dahinter stehenden Teams möglich."
Habt ihr Tipps & Tricks für Nachwuchs-Filmschaffende?
Christoph: "Nehmt euch für den Anfang nicht zuviel vor. Wenn ich zurück denke, hätte ich gerne mit Kurzfilmen angefangen, vielleicht drei bis vier Minuten. Mit wenigen Darstellern. Wir haben gleich zu Beginn in Hollywood-Format geträumt und uns viel zugemutet. Es gibt nichts Frustrierenderes als festzustellen, dass man sich übernommen hat. Setzt euch erreichbare Ziele, aber scheut auch keine Herausforderung. Man sollte sich immer fragen "Schaffe ich das, was ich möchte, in der geforderten Zeit mit meinen verfügbaren Mitteln." Heutzutage ist man da als Nachwuchsfilmer enorm im Vorteil. Es gibt so viel, was jetzt einfach so zur Verfügung steht. Gute, erschwingliche Kameras, sogar Handys machen mittlerweile passable HD-Video-Aufnahmen. Es gibt endlos viele Tutorials, Special Effects für kleines Geld, im Prinzip lässt sich heute auch im Heimbereich nahezu alles realisieren. Habt keine Angst davor, Fehler zu machen. Und dreht eine Szene, die euch nicht gefällt, immer und immer wieder, bis sie so geworden ist, wie ihr euch es vorgestellt habt. Nur dann sieht der Zuschauer auch das, was ihr ihm zeigen wolltet."
Man munkelt über ein geplantes Würzburger Filmfestival. Habt ihr exklusive Informationen?
Julia: Im Grunde bist du auf dem aktuellen Stand. Wir haben ja auf der "Main Würfel Con" eine Umfrage gestartet. Wir wollen das vorhandene Interesse für so eine Veranstaltung ausloten und was die Würzburger darüber denken. Wir haben auch schon erste Kontakte zu einem lokalen Kino hergestellt, das als Veranstaltungsort in Frage käme. Wir müssen sehen, was realisierbar ist. Wir würden uns sehr freuen, wenn es klappt, aber zum aktuellen Zeitpunkt ist es nur eine Idee."
Ich bedanke mich herzlich für das Interview und gebe zugleich noch meine Bewerbung als neuer Hauptdarsteller ab ;-) Und jetzt nochmal ernst: Die Umfrage zum Würzburger Filmfestival läuft noch eine Woche, es gibt sogar was zu gewinnen. Deshalb bitte alle Interessenten hier (Link) abstimmen!!!
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