Ich habe zu Beginn des Jahres in einem Halbsatz erwähnt, dass ich mich 2016 mal ganz unverbindlich mit dem Thema LARP (Live Action Role Playing) auseinandersetzen wollen würde. Und genau für solche Interessenten wie mich hat der „Zauberfeder Verlag“ das Buch „LARP: Einstieg in ein phantastisches Hobby“ veröffentlicht (und mir dankenswerterweise als Rezensionsmaterial zur Verfügung gestellt). Hier sollen die typischen Einsteigerfragen beantwortet werden: Was erwartet mich? Wo muss ich hin? Was ziehe ich an? Wie finde ich meinen eigenen Spielstil? Na mal schauen, ob ich nach der Lektüre schlauer geworden bin... Nach einem sehr detaillierten, ganzseitigen Inhaltsverzeichnis, einem kurzen Vorwort und einem Glossar geht es dann auch schon los. Zuerst einmal mit einer ganz groben Einführung, die man so auch der interessierten Schwiegermama vorlegen könnte. Besonders interessant in diesem Kontext sind da zweifelsohne die drei Seiten Abhandlung, warum man eigentlich LARP spielt. Wirklich nachvollziehbar und gut erklärend geschrieben – Den komplett Hobby-fremden Personen, denen ich diesen Text vorlegte, erschien diese „Nerd-Spielerei“ gleich ein wenig sinnvoller ;-) Dann folgt ein langer, gelegentlich etwas trockener, aber trotz dessen sehr informativer Abschnitt über LARP-Theorie. Beginnend mit den verschiedenen Rollen (Orga, NSC etc.) befasst sich ein Drittel des Buches mit den Spielschwerpunkten (Abenteuer-Con, Ambiente-Con etc.), den Gefahren, dem Recht (z.B. Minderjährige auf Cons) und den Genres. Bei letzterem Punkt werden dabei zwar alle möglichen Varianten, vom populären Vampir-Gerne bis hin zu Steampunk, vorgestellt. Allerdings arg kurz und man merkt dem Buch auch stark an, dass es sich primär Fantasy-LARPs widmet. Das ist einerseits verständlich, so gibt das Buch selbst in einer Statistik an dass 84 % aller Veranstaltungen zu diesem Genre gerechnet werden. Andererseits mindert dies für Interessenten der anderen Genres natürlich den Nutzen des Buches. Beispielsweise, in meinem Bekanntenkreis sind einige „Vampire Live“-Spieler und hier in der Region scheinen auch die Postapokalypse-Spieler stark vertreten zu sein. Die können nun vermutlich mit Schwertkampf und Tunika-Nähanleitung eher wenig anfangen ;-) Aber ich greife schon vor. Denn jetzt kommen erst mal die Regeln: Kurz eingegangen wird auf den Unterschied zwischen DKWDDK (Du kannst, was du darstellen kanst) und punktbasierten Regelwerken, dann geht es auch schon mit kurzen Regelübersichten beispielsweise zu Schwertkämpfen, Zauberei und Giften los. Das ist alles durchaus verständlich und nachvollziehbar beschrieben, allerdings wurde mir von erfahreneren LARPern erklärt dass manche Regeln (beispielsweise Gifte über Geschmäcker darstellen) nur bei ganz bestimmten Veranstaltungen in dieser Form erlaubt sind. Und man sich wohl keine Freunde macht, wenn man mal plötzlich jemanden das Essen versalzt (symbolisiert Gift) weil man glaubt das wäre auf jeder Veranstaltung so üblich... Dann geht es langsam ans Eingemachte: Vier Seiten beschäftigen sich nochmal genauer mit LARP-Kämpfen und dann kann es eigentlich auch schon losgehen mit der ersten Con. Das letzte und umfangreichste Kapitel „Vorfreude – Dein erstes LARP“ ist dann für die Spiele gedacht, die nun total angefixt sind und loslegen wollen. Hier findet man konkrete Tipps zur Unterbringung, zur Verpflegung, zu den möglichen Kosten und zur Anmeldung. Sind diese Dinge alle geklärt, wird es richtig praktisch: Denn natürlich braucht man erst mal einen eigenen Charakter. Auf 8 Seiten, für dieses Buch also enorm viel, werden hierzu Grundüberlegungen angestellt sowie praktische Tipps und Anregungen gegeben. Dann folgen noch Abschnitte über die richtige Ausrüstung bis hin zu Nähvorlagen für eine einfache Bauernkleidung. Und jetzt sind die vollfarbigen 72 DIN-A4-Seiten auch schon durchgelesen. Und zwar relativ rasch, was einerseits an den gut geschriebenen Texten liegt, andererseits aber auch an den zahlreichen äußert sehenswerten Fotografien denen viel Platz eingeräumt wird. Autorin, Layout und Lektorat haben gut gearbeitet, trotzdem muss ich drei Kritikpunkte anbringen: Erstens, und ich gebe zu das klingt jetzt arg pingelig, aber mich hat es wirklich gestört: Punkte und Kommas sind so klein, dass man sie auf dem sepia-pergament-bräunlichen Hintergrund gern mal übersieht. Zweitens, dass mitunter die persönliche Meinung der Autorin Ina Dahm stark durchschimmert. Über die nicht universell anwendbaren Regeln hab ich schon geschrieben. Aber auch einem absoluten Einsteiger gleich eine Viertages-Con zu empfehlen ist zumindest mutig und der starke Fokus auf passende Ausrüstung (mit Iglu-Zelt und schwarzer Nicht-Mittelalter-Hose stehst du voll als N00b da) wirkte auf mich schon ein wenig abschreckend. Drittens, und das ist mein größter Kritikpunkt: Auf dem Umschlag wird beworben, dass das Buch mir dabei hilft einen ganz eigenen Spielstil zu finden. Und das hat es leider mal gar nicht getan :-( Vielleicht hatte ich da ja falsche Erwartungen (so ein paar Schauspieltipps wären echt cool gewesen) aber außer „wenn du anfängst, spiele einen Anfängercharakter“ und „du musst dich an gewisse Fantasy-Klischees halten“ kam da leider dann doch nicht viel... Fazit: Fassen wir also den Verlauf des Buches kurz zusammen: Erst lernt man was LARP eigentlich genau ist, dann gibt es einen theoretischen Überblick. Es folgen ein paar spezielle Regeln und Vorbereitungstipps, zum Schluss ist man soweit sich seinen eigenen Charakter zu erstellen und gleich noch das passende Gewand zu nähen. Darf man von einem auf Einsteiger ausgerichteten Buch eigentlich mehr erwarten? Eigentlich nicht. Didaktisch macht „LARP: Einstieg in ein phantastisches Hobby“ alles richtig. Der Aufbau ist sinnvoll, die Texte sind verständlich, die vielen Fotos machen Lust auf mehr. 19,90 € für ein Softcover ist möglicherweise schon grenzwertig, aber durch die professionelle und hochwertige Aufmachung akzeptabel. Jedoch, man muss es nochmal hervorgehoben erwähnen: Das Buch fokussiert sich sehr stark auf das Fantasy-Genre. Einsteigern, die sich genau dafür interessieren, sei dieses Buch ans Herz gelegt.
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