Nachdem ich kürzlich die Gelegenheit hatte, das neuste Werk von Felix Münter "Kaisersturz" zu rezensieren und sein nächstes Buch bereits auf meinem Nachttisch liegt, war es eigentlich nur Formsache dass ich den begabten und preisgekrönten Jungautoren mal zum Interview bitte. Neben ein paar Fragen zum Autorenberuf allgemein und den heißesten Lesetipps fürs Weihnachtsfest konnte ich ihm sogar einige Spoiler zur "Imperium von Westrin"-Trilogie entlocken :-D Hallo Felix, schön dass Du die Zeit gefunden hast. Stell Dich doch bitte zu Beginn den Lesern vor.
"Klar. Meine Name ist bekannt, in diesem Jahr bin ich dreißig geworden. Geboren bin ich in Dortmund, wo ich auch lebe. Studiert habe ich seinerzeit einmal „angewandte Sozialwissenschaften“ – das klingt total aufgebläht, ist aber eigentlich nichts anderes als Soziale Arbeit. Vor einigen Jahren habe ich dann eine Weiterbildung zum Notfallseelsorger gemacht. Beides sind jedoch Felder, in denen ich gar nicht mehr so aktiv arbeite. Eigentlich bin ich seit Jahr und Tag in der Erwachsenenbildung unterwegs, dort in den Bereichen Sozialwissenschaften, Lerntheorie, Psychologie und Psychotraumatologie. Was gibt es sonst noch? (Immer noch) nicht verheiratet (aber seit fast 8 Jahren in einer Beziehung), keine Kinder. Vielschreiber und leider Wenigleser. "
Was hat dich dazu bewogen, Autor zu werden? Und wann hast Du damit angefangen?
"„The Rising“ war das erste Buch, vielmehr die erste Geschichte, die ich wirklich beendet habe. Geschrieben habe ich schon immer, aber wie das so ist: Irgendwann verlor ich die Lust oder es gab andere Einschnitte. Das Buch ist 2011 entstanden, als meine bessere Hälfte ein Semester in Australien verbracht hat. Ich verschickte regelmäßig Kapitel nach down under und sie hat sich gefreut. Im Grunde also eine recht private Geschichte. Irgendwann war die Story dann erzählt und das Dokument verstaubte auf meiner Festplatte. Man traut sich dann ja doch nicht sofort, zu einem Verlag zu gehen. Wieder war meine Freundin der treibende Impuls: Sie fand die Geschichte um die vier Söldner so gut, dass sie mich dazu brachte, mal Verlage abzuklappern. Und dann verlief es eigentlich (zumindest aus der Autorenperspektive) ganz traumhaft: "Mantikore" (Link) war der erste Verlag und hatte auch sofort Interesse. Bis 2014 hat es dann leider gedauert, weil ich beruflich in einer Umstellung war, die eine intensive Auseinandersetzung mit dem Manuskript unmöglich machte."
Bei Deiner Produktivität liegt die Frage auf der Hand: Macht Du das mittlerweile hauptberuflich?
"Nein. Ich habe immer noch einen regulären „Brot&Butter-Job“, wie man so schön sagt. Man sagt, dass man ab dem zehnten Buch etwa darüber nachdenken kann, es hauptberuflich – oder auch in Teilzeit – zu machen. Nun, ich hab erst sechs Bücher auf dem Markt ;-) Aber ernsthaft. Das Geheimnis liegt einfach in guter Organisation und Zeitmanagement. Ein bisschen Motivation gehört auch dazu. Will sagen: Wen ich nicht gerade schwerkrank bin, schreibe ich täglich zwei bis drei Stunden. Ja, auch im Urlaub. Nicht alles davon schafft es dann am Ende auch in ein Buch, aber es ist für mich eine notwendige, konsequente Auseinandersetzung mit dem, was du gerne machst. In der Regel geht das auf Kosten meines Schlafpensums. Ich schreibe v.a. Nachts zwischen 22 und 2 Uhr, muss am nächsten Morgen aber spätestens gegen 6 Uhr wieder raus. Das geht natürlich auf lange Zeit nicht gut. In wirklich aktiven Phasen ändert sich daher mein Tagesrhythmus: 5-6 Uhr aufstehen, ab 8 Uhr arbeiten, meist so bis 15 oder 16 Uhr, dann noch mal zwei Stunden Schlaf daheim vor den täglich notwendigen Dingen. Und irgendwann ist es dann 22 Uhr und du beginnst zu schreiben."
Die meisten Autoren spezialisieren sich, aber Du schreibst in verschiedensten Genres. Warum?
"Irgendwann wird mich dieser Ausspruch noch einmal einholen, aber ich glaube, ein Autor sollte eigentlich in der Lage sein, in mehr als einem Genre zu schreiben. Und ich vergleiche es auch immer mit meiner Freiberuflichkeit. Dort habe ich täglich mit ganz unterschiedlichen Leuten zu tun, auch thematisch ist kein Tag wie der andere. Ich brauche wohl die Veränderung, nichts ist für mich nerviger als starre Routine, die sich wohl einstellt, wenn man in einem Genre bleibt."
Wie bereitest Du Dich dann auf ein neues Buch vor? Kommen die Ideen spontan oder planst Du von Anfang an alles durch?
"Das ist sehr unterschiedlich. Längere Buchreihen oder Trilogien gehen nicht ohne eine wirklich stringente Planung. Ich arbeite dann einen Handlungsfaden von drei bis sechs Seiten aus, in dem ich plane, was in welches Kapitel gehört. Charaktere sind ein anderes Thema. Meist steht der Protagonist, Seitencharaktere sind aber nur in einem Satz oder in ein paar Stichworten skizziert und können sich schnell ändern. Mit Charakteren habe ich, glaube ich, die wenigsten Probleme. Meist arbeite ich mit einem wiki, um die notwendigen Informationen zu Charakteren und Schauplätzen zu ordnen, denn nichts ist schlimmer, als dein eigenes Manuskript auf der Suche nach einer wichtigen Information zu durchwühlen. Und zu guter Letzt: Berufsbedingt bin ich viel unterwegs, habe Auto- und Bahnfahrten. Vieles, von dem, was ich schreiben will, plane ich in diesen Momenten schon einmal im Kopf vor. Dann fließt es, sobald man daheim am Rechner sitzt."
Kommen wir zu Deinem aktuellen Buch "Kaisersturz". Magst Du darüber kurz was erzählen?
"Aber sicher. Es ist mein erster Ausflug in das Genre. Und ich muss eingestehen, dass ich letztes Jahr um diese Zeit wahrscheinlich niemandem geglaubt hätte, der mir erzählt hätte, ich würde bald Fantasy schreiben. Auslöser war eine Übersetzung für den "Mantikore-Verlag", ein Spielbuch mit 700+ Normseiten Umfang. Wenn du dich also lange und intensiv mit dem Thema befasst, dann passiert es automatisch, dass sich deine Einstellung etwas ändert. Jedenfalls war im Januar 2015 klar, das ich Fantasy schreiben will. Ich machte einen Handlungsentwurf fertig und verschickte ihn. Zwei Tage später kam das grüne Licht und ich begann, zu schreiben."
Du hast keine generische EDO-Fantasy beschrieben, sondern eine eigene Welt erschaffen. Was hat Dich zu diesem speziellen Setting inspiriert?
"Mehrere Dinge. Wenn ich Geschichten lese, mag ich es nicht, wenn mir seitenlang eine möglichst fremdartige Kultur vorgestellt werden muss. Und ich glaube, dass es aktuell genug EDO auf dem Markt gibt. Geprägt bin ich ein bisschen vom großartigen David-Gemmell, der es ja ähnlich anging und ohne diese Elemente ausgekommen ist. Der Drang, eine Welt zu erschaffen, stammt wahrscheinlich aus fast 20 Jahren Rollenspiel. Ich habe also versucht, mich auf „Völker“ zu verlegen, bei denen der Leser recht schnell ein Bild vor Augen hat und gar nicht lange mit einer Beschreibung aufgehalten wird. Westrin erinnert quasi sofort an Byzanz, Fercino an Italien/Venedig, Al-Asmari an Arabien und die Clans – naja, an Schottland eben. Steckt sicherlich auch ein bisschen Affinität drin. Ich fand den Cocktail jedenfalls gut und darf verraten, dass er in den nächsten Büchern mit „Fantasy-Versionen“ von den britischen Inseln, den Niederlanden, Rumänien und Bulgarien und einem hauch Asien erweitert wird."
War "Imperium von Westrin" schon immer als Trilogie geplant? Und kannst Du eventuell schon ein wenig spoilern?
"Ja, von Anfang an war das so geplant. Mir war klar, wie viel Platz ich für die Geschichte brauchte – und so bin ich in die Verhandlungen gegangen. Jetzt, nachdem der letzte Satz bereits geschrieben ist, muss ich sagen, dass meine Schätzung ganz gut war, im Grunde ist es nur ein Kapitel mehr geworden, als vorher geplant. Da bin ich zufrieden. Natürlich kann ich spoilern – die Frage, ob das so zuträglich ist, bleibt dann aber ;-) Nachdem du Band 1 bereits gelesen hast kann ich ein paar Worte zu Band 2 sagen. „Exil“ (das ist immer noch ein Arbeitstitel) setzt etwa zehn Jahre nach der Handlung von Kaisersturz ein. Wie wir ja wissen, gelingt es am Ende von „Kaisersturz“, die Zwillinge vom Kontinent zu schaffen. Zehn Jahre lebten sie nun behütet und beschützt im Exil, als ihre Tarnung auffliegt und damit eine Lawine losgetreten wird. Natürlich will man sie Tod sehen, denn sie sind eine sehr reale Bedrohung. Band 2 erzählt viel mehr von Politik und Intrige, von Bündnisverhandlungen und Verrat. Es formieren sich zwei mächtige Fronten, die dann im Finale endgültig in die Konfrontation miteinander gehen werden."
Welche Tipps kannst Du als "alter Hase" aufstrebenden Jungautoren geben?
"Schreibt! Schreibt täglich! Und traut euch, eure Manuskripte anderen leuten zu zeigen. Nicht nur Freunden. Traut euch, Verlage anzuschreiben – die beißen nicht! Tut das, woran ihr Spaß habt. Aber macht es aus vollem Herzen!"
Zu guter Letzt von Dir als Experten: 3 Buchempfehlungen für Weihnachten.
"Wie gesagt. Ich schreibe viel und lese viel zu wenig. Aber grundlegend kann ich die "Drenai"-Saga von David Gemmell unumwunden jedem empfehlen (Fantasy), "Der ewige Krieg" von Joe Haldeman (SciFi) und dann „Auf eine Zigarette“ von Helmut Schmidt – aber das hat wohl rein nostalgischen Charakter."
Dann will ich Dich nicht mehr vom Schreiben abhalten und verweise interessierte Leser einfach auf deine Homepage (Link) wo man u.a. Informationen zu deinen Lesungen und dem Verlauf deiner Schreiberei finden kann.
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