Nachdem ich den Blog in letzter Zeit bis auf die dezente Vergrößerung der Schriftart doch ein wenig vernachlässigt habe (sooo viel Arbeit, sooo viele Tabletopturniere u.a. Europameisterschaft in Belgien (Link), eventuell bald eine etwas größere Ankündigung) will ich nun endlich mal meine HallunkenCon-Quintologie beenden. Denn das letzte meiner 5 Rollenspielabenteuer war für mich das mit Abstand eindrücklichste Erlebnis dieser Convention – "Call of Cthulhu", und zwar so intensiv dass ich drei Nächte nicht richtig einschlafen konnte ;-)
Wir waren eine Dreiergruppe, drei alte Schulfreunde die es nach dem Krieg als Sportler, Architekt und Reporterin (ich) zu dezentem Ruhm & Wohlstand gebracht hatten. Unser ehemaliger Schulfreund Erik, welcher seinerseits als international anerkannter Musikjournalist auf richtig großem Fuß lebte, hatte uns zu einem Klassentreffen in seine Villa eingeladen. Mein Charakter hieß Monika Schmitt, war eine 26jährige Reporterin und konnte aus Rollenspiel-Sicht eigentlich mal überhaupt nix ;-) Nagut, Autofahren war bei 50 %, aber das haben wir in diesem Abenteuer nicht gebraucht…
Es war also das Jahr 1954. Wir trafen uns in Eriks Villa in Berlin-Schönweide und wurden gleich vom Hausdiener Siegmund vertröstet, dass der Gastgeber leider noch beruflich unterwegs sein. So zogen wir uns alle nach einem Abendessen auf unserer Zimmer zurück und schliefen sogleich ein. Und da begannen gleich die Alpträume: Alles war vergilbt, und ein Licht zog die Träumer hin zur Bibliothek, wo sie einen gar grauslich entstellten Vorfanden und – wir wären nicht bei Cthulhu wenns nicht so wäre – natürlich auch Tentakel! Glücklicherweise sind wir dann alle aufgewacht, bemerkten aber noch die gallertartigen Reste der Tentakel an unserem Körper! Schnell abgewaschen und dann zusammengesetzt im Salon mit dem Ziel, diesen mysteriösen Ereignissen auf den Grund zu gehen. Durch eine Probe auf „Verborgenes Erkennen“ (38 % und doch geschafft!) sahen wir dann im Augenwinkel etwas aufblitzen und einen Schleimfaden, der sich bis zum Arbeitszimmer hinzog. Das war zwar laut Hausdiener Siegmund tabu, aber natürlich hielten wir uns nicht dran. Was wir darin fanden waren staubige Papiere mit Blutschrift, noch mehr Tentakel (hatte ich erwähnt, dass es um Cthulhu ging?) und brennende Kerzen, die aber kein Licht aussendeten.
Genauere Untersuchungen der Papiere ergaben, dass Erik wohl total begeistert war von der Schallplatte einer Band namens „Lords of Undercity“, welche den meisten Zuhörern aber einfach nur wie kakophonischer Krach vorkam (hier gab es dann eine Hörprobe, es war Metall-Musik, also ja, kakophonischer Krach passt ganz gut :-D ) und „Don’t mess with me, I’m the king in yellow“ heraushörbar war. Ein Poltern, dann kam der Hausdiener mit der Laterne herein, er öffnete die Vorhänge und schon verwandelte sich die gespenstische Szenerie wieder: Die Tentakel waren einfach nur Füller, die Kerzen Wassergläser, und statt Blut gab es nur normale Tinte. Irgendwie waren wir alle also schon ein wenig wahnsinnig geworden (ich hielt mich für eine tollwütige Ratte), was sich bei mir dank ziemlich misslungener Stabilitätswürfe schon bemerkbar machte. Also war der Plan, diese diabolische Schallplatte zu zerstören, doch natürlich war die plötzlich weg. Wir hörten aber in unserem Köpfen die Musik weiter und versuchten nun auf den Dachboden zu gelangen, weil es scheinbar von dort kam. Also die Treppe rauf auf den Dachboden, die Pistole des Hausdieners und die Kamera bereit gehalten für ein Pulitzerpreis-verdächtiges Foto, und einen erhangenen Mann im gelben Umhang entdeckt (aus dem natürlich ein paar Tentakel hervor lugten). Natürlich haben wir ihn näher untersucht, es war Erik. Gleichzeitig kam der Hausdiener Siegmund hoch, auch er im gelben Mantel und auch mit ein paar Tentakeln, was das Nervenkostüm noch mehr strapazierte und uns panisch auf die Tentakel feuern ließ, bevor wir ohnmächtig wurden. Als wir wieder aufwachten war zwar alles normal (außer Siegmund, der war tot, aber hatte immerhin keine Tentakel mehr), also wollten wir fliehen, wurden aber nach und nach vom König in Gelb eingeholt.
Szenenwechsel: 5 Jahre später wachen unsere Charaktere aus einer Hypnosesitzung auf. Sie befinden sich in einer Nervenheilanstalt, weil sie offensichtlich im Wahnsinn Erik und Siegmund getötet und gegessen haben (naja, zumindest ich, immerhin dachte ich ja ich wäre eine tollwütige Ratte). Der Psychologe ist scheinbar zufrieden mit unseren Fortschritten, zieht seinen gelben Mantel an und geht. Ende.
Rund 90 Minuten haben wir für diese spannende Geschichte gebraucht. Zugegeben, ich bin nicht in der Lage den Horror und die dichte Atmosphäre in diesem sehr nüchternen Text rüberzubringen. Um dem geneigten Leser aber einen Eindruck von der Qualität zu geben: Ich konnte 3 Tage lang nicht schlafen und habe noch immer die Stimme des Spielleiters im Ohr! Wirklich herausragend geleitet, meinen tiefsten Dank dafür!