...hab ich mir gedacht, nachdem ich den unterdurchschnittlichen ersten Teil der digitalen "Der dunkle Fürst"-Solo-Spielbuchreihe ausprobiert hatte. Aber ich bin ja weder nachtragend noch voreingenommen, sodass ich dem zweiten Teil eine faire Chance gab mich zu überzeugen...
Mit einem Preis von 2 € (sowohl die Kindle-Variante als auch das .pdf direkt vom Verlagsshop) ist es etwas teurer als die erste Ausgabe, bietet dafür aber mit 170 Abschnitten immerhin 40 mehr. Die Seitenzahl ist laut Amazon von 60 auf 81 angewachsen, diesmal fehlen aber leider Bilder. Geschrieben wurde dieses Solo-Abenteuer wieder von Sebastian Witzmann, dem Schöpfer der Spielwelt. Gut, jetzt sind die nüchternen Fakten abgefrühstückt, jetzt mal ran an den Inhalt :-)
"Unter den Augen der Göttin" knüpft am Ende des Vorgängers an (ab hier Spoilerwarnung!) und führt die Geschichte rund um den dunklen Fürsten fort: Die Heldengruppe aus dem Spieler und der ebenso schönen wie tödlichen Alina hatte im ersten Teil ein paar Verschleppte befreit und will nun das berühmte "Juvios-Fest" in der Kleinstadt Felsbrunn feiern. Natürlich erwartet den Spieler hier nun keine ausgedehnte Kneipentour, sondern es gilt eine Verbrechenswelle zu stoppen. Und man kann sicher sein, dass der dunkle Fürst da irgendwie mit drinsteckt ;-)
Gut, die Geschichte ist jetzt wieder nicht so superkomplex geraten, schon weil der städtische Bösewicht relativ rasch klar wird (auch wenn die ein oder andere falsche Spur gelegt wird). ABER dafür ist dieses Mal die Umsetzung ausgesprochen gut gelungen. Zum Einen sind die Texte durchgehend umfangreicher und beschreibefreudiger, die Spielwelt erscheint lebendiger. Langsam entwickle ich gar so etwas wie Sympathie für Alina, wo sie mir im ersten Teil noch komplett egal war. Zum Anderen gaukelt mir das Spiel nicht nur eine im Vergleich mit dem Vorgänger größere Vielfalt an Handlungsverläufen vor. Nein, endlich habe ich das Gefühl dass meine Handlungen zumindest im kleinen Rahmen eine Konsequenz haben.
Beispielweise kann ich am Anfang die Stadt durchforsten und im Rahmen der Möglichkeiten eines Spielbuches frei begehen. Was ich dort dann mache (z.B. Dinge kaufen, Infos sammeln) und auch wie ich mich verhalte (z.B. bin ich großzügig oder geizig) hier irgendwie und irgendwann eine nachvollziehbare Konsequenz. Dafür gibt es jetzt mal, nachdem ich den Vorgänger so sehr kritisiert habe, ein dickes Lob an den Autor!
Ich will jetzt gar nicht zu viel über die Geschichte schreiben, weil ich sonst zu viel spoilern würde, aber lasst mich noch anmerken dass sie mich durchgehend motiviert hat. Und durch die Menge an Handlungsoptionen (man kann im ersten Durchlauf gar nicht alles sehen und vielleicht sogar nicht im zweiten) war ich wirklich dazu motiviert, die Geschichte mehrmals zu spielen um verschiedene Aspekte der Stadt und die möglichen Enden kennenzulernen. Was ich höchstens noch erwähnen sollte ist, dass "Unter den Augen der Göttin" zwar eine in sich geschlossene Handlung bietet (Befreiung der Stadt von der Verbrechenswelle), es aber schon Grundsteine für weitere Episoden legt. Wenn also die kommenden Teile dieses Niveau halten oder gar nochmal solch einen Qualitätssprung nach vorn machen, dann regt sich in mir tatsächlich Vorfreude.
"Es kann nur besser werden..." hab ich nach dem ersten Teil gedacht und nun bin ich froh, dass ich doch nochmal die 2 € investiert habe :-D Gab ich dem ersten Teil noch mehr als gnädige 2 Sterne (nach Amazon--Kundenwertungssystem) sind diesmal die 4 Sterne redlich verdient!