Wenn ich in meinem ersten Jahr als Rollenspieler etwas gelernt habe, dann dass es eine riesige Anzahl von hochklassigen Werken abseits der großen Namen aus den großen Verlagen gibt (DSA + D&D, ich schiele in eure Richtung ;-)). Und damit herzlich willkommen zu meiner lang geplanten und nun endlich startenden Interviewserie über Indie-Rollenspiele. In dieser Artikelreihe möchte ich den Autoren die Gelegenheit bieten, ihre Werke vorzustellen. Und wie es sich gehört, wird die Premiere mit einem echten Knaller gerockt!
Der Name Jürgen Mang sagt vielleicht nur wenigen Lesern etwas, von seinem wohl bekanntesten Werk "SpacePirates" (Link) sollten aber schon viele Rollenspieler gehört haben. Mit "Lite" (Link) hat er ein neues Universal-Regelwerk in der Entwicklung, über welches er mit mir gesprochen hat.
Hallo Jürgen. Magst Du dich den Lesern bitte kurz vorstellen?
"Mein Name ist Jürgen Mang, ich bin mittlerweile auch schon Mitte 30 und wohne im beschaulichen Ulm. Ich spiele seit etwa 20 Jahren Rollenspiele und entwickle seit über 10 Jahren auch meine eigenen. Meine Brötchen verdiene ich in der EDV-Branche und wenn ich in meiner Freizeit nicht an meinen Rollenspielen schreibe bin ich mit Freunden unterwegs oder verschlinge Bücher. In Foren bin ich meist unter dem Nick „jcorporation“ unterwegs."Kannst Du deine neuste Entwicklung bitte kurz vorstellen? Was macht es im Vergleich zu anderen Systemen besonders?
""Lite" ist ein einfaches, schnelles und erzählerisches Rollenspiel. Es ist genreunabhängig, bietet aber fertige Adaption für viele Settings. "Lite" basiert auf dem Regelwerk von "SpacePirates". Zuerst sollte es nur die "SpacePirates"-Regeln genreunabhängig abbilden, aber in der Entwicklungszeit hat sich der Kernmechanismus weiterentwickelt und das ganze Spiel ist noch erzählerisches geworden. Ein Charakter bei "Lite" passt leicht auf ein A5 Blatt und ist in wenigen Minuten erstellt. Der Probenmechanismus von "Lite" basiert auf der Frage "Was will der Charakter erreichen?". Es wird bei jedem Konflikt nur einmal gewürfelt und dann anhand der liegenden Erfolge und Misserfolge die Handlungen erzählt. Ich nenne das Konfliktszenen und es ist für mich die logische Fortentwicklung des Konfliktlösungsansatzes. Der Mechanismus besitzt Elemente aus "Fate", "Universalis" und "Fiasco"."Um mal ganz von vorn zu beginnen: Wie kamst Du auf die Idee, ein eigenes Rollenspiel zu entwickeln?
"Angefangen hat es mit moderner Ausrüstung für "Cyperpunk 2020" um die Technik darin etwas moderner zu gestalten. Irgendwie kam ich dabei auf den Trichter mein eigens, besseres "Cyberpunk 2020" zu schreiben. Es wurde ein klassischer Heartbreaker, der auch nie fertig wurde. Aber ich hatte am Schreiben gefallen gefunden und mit "Das Weltenbuch" (Link) auch eine andere Idee. Ein klischeehaftes Fantasysetting auf einer Buchdoppelseite sollte es werden. Die Idee für "SpacePirates" kam mir dann mitten in der Entwicklung vom "Weltenbuch" und sollte eigentlich nur ein kleines Nebenprojekt werden, ist aber dann zum größeren und bekannteren Projekt geworden, was wohl auch daran lag, dass ich das Interesse an klassischer Fantasy verloren habe."Was hat Dich zu diesem speziellen Setting gebracht? Und hast Du die Regeln gezielt darauf hin entwickelt, oder kamen erst die Regeln?
"Ich habe gar keine Ahnung mehr, wie ich auf die Idee mit der Buchdoppelseite oder auf "SpacePirates" kam. Bei allen Rollenspielen (außer natürlich "Lite") kam zuerst das Setting und danach die Regeln. Ich bin ein Verfechter von "System matters" und versuche Regeln zu schreiben die Settingeigenheiten abbilden und das passende Spielgefühl vermitteln sollen. Deswegen gibt es bei "Lite" auch ein Kapitel dazu, wie man es an Settings anpasst."Meine persönliche Lieblingsfrage: Plaudere doch mal aus dem Entwickler-Nähkästchen. Wie kann ich mir die Entwicklung eines Rollenspiels so vom Arbeitsablauf und Arbeitsaufwand vorstellen?
"Ich glaube da hat jeder seinen eigenen Arbeitsablauf. Ich fange immer damit an die Ideen niederzuschreiben, am Anfang recht unstrukturiert und sehr lückenhaft, oft auch nur Stichwörter um es später dann auszuformulieren. Diese Basis strukturiere ich dann langsam und formuliere die Texte aus und ergänze sie. Dabei achte ich darauf, dass ich es möglichst schnell für mich spielbar bekomme um dann auch möglichst schnell eine Testrunde zu spielen, auch wenn ich in der dann noch vieles improvisieren muss. Ich teste viel, verarbeite das Feedback und teste wieder und die Schleife drehe ich solange, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Anschließend arbeite ich an der Form und der Formulierung der Texte. Der Arbeitsaufwand ist nicht zu unterschätzen. Für "Lite" habe ich zwei Jahre gebraucht um es fertig zu bekommen und das ist ein Büchlein mit 70 Seiten."Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand? Und wie ist die Resonanz der Spieler?
""Lite" ist quasi fertig und druckreif. Momentan schreibe ich an Abenteuern und Settings für "Lite" um noch ein paar mehr Testspielrunden auf die Beine zu stellen. Die Resonanz der Spieler ist vorwiegend positiv. Der Konfliktszenenmechanisumus, ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. "SpacePirates" ist ja schon in der 2. Version erschienen und ich habe dafür auch einige Zusatzbände veröffentlicht.Wie wird die Zukunft aussehen? Kommt eventuell sogar eine gedruckte Version?
""Lite" wird zur RPC 2015 als Softcover erscheinen. Die Zukunft wird für "Lite" dann vor allem sofort spielbares Material bringen. Abenteuer, ausgearbeitete Kurzsettings, etc. Für "SpacePirates" wird neben der 2. Auflage des Grundregelwerks noch einen Sammelbande mit Abenteuern und einen Sammelband mit allen Themenheften und SP:Insidern für die RPC gedruckt."Ich danke herzlich, dass Du die Zeit für ein Interview nehmen konntest und wünsche weiterhin viel Erfolg! Das Bildmaterial kam mit freundlicher Genehmigung des Autors von www.jcgames.de (Link).