Anfang Januar 2014, also vor genau einem Jahr, durfte ich unter der Leitung meines Kumpels Christian das erste Mal ein „richtiges“ Rollenspiel erleben und so war es natürlich des Jubiläums wegen selbstverständlich, dass ich diesen Januar wieder in seiner Runde sitzen würde :-) Diesmal leitete er sein erklärtes Lieblingssystem „Kult“… Und um diesen Text mal mit einem richtig schlechten Wortspiel zu Beginnen: Das war ein echter KULT-urschock ;-) Es handelt sich um ein W20-Horrorrollenspiel im sogenannten „Splatterpunk“-Setting (wieder ein neues Wort gelernt!). Die dystopische 90er Jahre-Welt ist hier nur eine Illusion, sie verbirgt den Blick vor… Ach keine Ahnung, irgendwas düsteres Übernatürliches, ich hab nicht lang durch Christians limitierte Faksimile-Neuauflage aus dem Hause Ulisses geblättert. Mehr Infos gibt es auf verschiedenen Fan-Seiten (Link). Die Hardcover-Neuauflage ist von durchaus beeindruckendem Umfang (der Magie-Erweiterungsband „Ok-Kult“ ist mit drin), in Schwarz-Weiß gehalten und nur geringfügig bebildert. Die dafür enthalten Texte sind jedoch wirklich gut gelungen und vermitteln passend die überaus düstere Stimmung. Wirklich nichts für Zartbesaitete - Also nix für mich :-( Die Regeln sind jedenfalls relativ schlank, mit einem W20 werden Proben unterwürfelt. Je besser/schlechter der Wurf, umso besser/schlechter das Ergebnis. Natürlich gibt’s auch Vor- und Nachteile (fand ich, bei meinem SC mit heftigen Phobien & Paranoia ziemlich stark) und all den anderen Rollenspielkram ;-) Die Regeln waren jedenfalls rasch soweit im Kopf, dass wir loslegen konnten… Die Geschichte handelte von 5 Freunden, die in ihrer Jugend ganz schöne Rüpel waren. Einmal haben sie es dann wohl übertrieben, denn einer von ihnen lief auf der Flucht vor einem offensichtlich magisch begabten Penner vor einen Laster und meldete sich nun, 20 Jahre später, aus dem Jenseits zurück. Die Spur führte nach Prag in ein verlassenes Hotelzimmer, zu einem Schließfach am Flughafen (wo ein Tagebuch drin war) und in eine mehr als zwielichtige Jazzbar, in der offensichtlich okkulte Dinge vor sich gingen. Soweit hatten meine Mitspieler es bei ihrer letzten Spielrunde geschafft (bei der ich wegen einem Dust-Turnier (Link) nicht dabei sein konnte), nun stieß ich dazu: Beim Spieletreff vorgestern startete die Handlung mit meiner Ankunft auf dem Prager Flughafen, da ich als Sportler Wilhelm Wiener (zugegeben, die Namenswahl war nicht kreativ) wegen einem Turnier nicht schon einen Tag zuvor mit den Freunden zusammen reisen konnte. Ich ließ mich also auf den neusten Stand bringen und wir berieten die weitere Vorgehensweise. Der mehr als zwielichtige Jazzbarbesitzer hatte uns geraten, wir würden unseren verstorbenen Freund wiedertreffen wenn wir uns nachts zu einer bestimmten Adresse im Prager Ghetto einfinden würden. Wir nutzen den angebrochenen Tag also, um uns auf teils sehr kreative Art für die Nacht auszurüsten (Waffen, Verpflegung, etc.) und um schon mal das betreffende Gebäude zu oberservieren. Tagsüber wurde es von einigen zwielichtigen Typen bewacht, aber nachts konnten wir problemlos hinein. Es war vollkommen leer, aber im Keller trafen wir auf einen ziemlich verwesten Okkultisten (welcher, wie uns später auffiel, genau wie der Penner vom Tag des Unfalls aussah), der uns anbot uns in die Hölle zu schicken. Von dort habe unser Freund uns nämlich angerufen, als kurzzeitig das Höllentor geöffnet war. OK, das klang alles dubios, aber letztendlich ließen wir sein dunkles Ritual zu und fanden uns in eben jener Hölle wieder. Die war allerdings auf den ersten Blick ganz anders, als man die sich so landläufig vorstellt: Statt Feuer gab es eine 1:1-Kopie des heutigen Prag, nur in wesentlich steriler und mit blutrotem Himmel. Wir wachten sogar genau in dem Raum des Hauses auf, in dem wir vorher unsere Reise ins Jenseits begonnen hatten. Wir suchten das Haus erstmal ein wenig ab, aber bis auf einen Raum der aus der berühmten Meckelschen Sammlung (Link) stammen könnte war hier nichts zu holen. Also weiter, die bekannten Orte abklappern. Allerdings gab es im Jazzclub und auch im Hotel nichts Weiterführendes zu finden. Anders beim Schließfach im Flughafen, wo unsere Charaktere vermeintliche Stückchen unseres Freundes in Glibbersoße fanden. Das war schon ziemlich eklig… Dann wurde es aber richtig verrückt: Auf unserer Prag-Karte waren 5 Orte eingezeichnet, die wir nacheinander abklapperten. Dort fanden dann öffentliche Opferungen statt, von denen wir zwei verhindern konnten (und die Anderen beschreibe ich lieber mal nicht, wegen Splatterpunk und so). Mit den geretteten Opfern versteckten wir uns, wurden aber von riesigen Höllen-Maschinen-Wesen entdeckt und mussten nach aussichtslosem Widerstand erneut fliehen. Irgendwann kamen wir dann auf die Idee, dass man wohl mit den okkulten Zeichen aus den Tagebuchaufzeichnungen unseres Freundes und den seltsamen Zeichen an den Opferungsstellen was anfangen könne. Wir ließen ein Portal zurück zur „realen“ Welt öffnen und flohen hierdurch mitsamt eines der beiden geretteten Opfer (dem Sohn des Jazzclubbesitzers, wie sich später herausstellte – Wir dachten es wäre unser Freund gewesen), während das andere Opfer als Beschwörerin zurückblieb (der Mutter des Kindes, wie wir auch erst später erfuhren – Und fast hätte sie uns getäuscht und wir wären dageblieben…). Wir gingen dann zum Jazzclub und dessen Besitzer, erfreut seinen Sohn wieder zutreffen, klärte einige offene Fragen (wir hatten gar keine Chance, unseren Freund zu retten, denn wir sollten ja seinen Sohn retten – ganz großer Schwindel!) und ließ uns im okkulten Hinterzimmer unseren verstorbenen Freund zumindest nochmal in der Hölle „anrufen“. Fertig :-D OK, vermutlich liest sich das jetzt ein wenig verwirrend und ganz ehrlich, ich bin auch nach zwei Tagen ziemlich verwirrt… Christian hat das Abenteuer jedenfalls phantastisch geleitet, mit Musik und Geräuschen, waren ein paar echte Gänsehautmomente dabei und man merkte wie die Stimmung immer angespannter wurde – Aber ich hab in der Beschreibung so einige Szenen ausgelassen, die ich lieber wieder aus meinem Kopf verdrängen will :-( Erinnert sich jemand wie mich die Con-Runde „Call of Cthulhu“ aus dem seelischen Gleichgewicht geworfen hat? „Kult“ schaffte das noch viel besser! Ich kann jetzt vollkommen verstehen, warum Christian so ein großer Fan dieses Spielsystems ist und warum auch die limitierte Neuauflage rasch ausverkauft war und nun nur noch zu Sammlerpreisen gehandelt wird. Ich persönlich bleibe dann aber doch lieber in der harmlosen Rollenspielwelt von „Star Wars: Am Rande des Imperiums“ und Vergleichbarem, wo ich Abends beruhigt einschlafen kann ;-)
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