Letzte Woche hatte ich die großartige Chance, einem meiner besten Freunde Andreas nebst Frau Anita das Hobby Rollenspiel näherbringen zu können. Bei unserem letzten Treffen hatte ich davon erzählt und sie wollten sich das gerne mal anschauen und ausprobieren. Um sie unkompliziert ins Hobby starten zu lassen, versuchte ich das Abenteuer speziell auf ihre Bedürfnisse anzupassen…
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Zuerst suchte ich nach einem passenden Abenteuer. Nicht zu lang sollte es sein (max. 2 Stunden, denn als frisch gebackene Eltern müssen sie früh ins Bett ;) ), mit einer ins sich stimmigen abgeschlossenen Geschichte und einer möglichst großen Bandbreite an rollenspieltypischen Szenen (Ermittlung, Gespräche, Kampf etc.). Genau auf diese Anforderungen passend, wählte ich das Szenario „Humanitäre Hilfe“ aus dem aktuellen Shadowrun-Abenteuerbuch. Da Magie, Fabelwesen und SciFi-Cyberpunk eine etwas gewöhnungsbedürftige Mischung sind und die 5. Edition von „Shadowrun“ auch nicht gerade den einfachsten Einstieg verspricht (ja, ich höre schon die Fanboys aufjaulen, aber es gibt wirklich unkompliziertere Systeme!), verortete ich die Geschichte in der realen Gegenwart. Als Spielsystem wählte ich das „Wushu“-System, welches ich für Einsteiger als besonders geeignet empfinde: Je genauer ein Spieler seine Handlung beschreibt, umso mehr Würfel bekommt er. Das fördert das kreativere Ausspielen der Szene, denn ein „Ich will den Keller durchsuchen und schalte dafür das Licht an, nehme dann meine Lupe und suche nach Schuhsohlenabdrücken unter der Fensterbank“ klingt wesentlich stimmiger als „Ich gucke halt mal“ :)
Für meine beiden Spieler entwickelte ich schon zwei passende Charaktere: Einen FBI-Agenten, der natürlich besonders gut im Ermitteln und Schießen war, dafür aber Angst vor Krankheiten hat. Und eine Seuchenschutzexpertin, die natürlich Medizin/Erste Hilfe perfekt beherrscht, dafür aber Angst vor Gewalt hat. So waren die Rollen dann verteilt und ein Zusammenspiel beider Charaktere zur erfolgreichen Absolvierung der Mission notwendig. Diese drehte sich darum, dass in einer kleinen amerikanischen Küstenstadt plötzlich zahlreiche Menschen an einer gefährlichen Variante des Hanta-Virus erkrankten (eine Infektionskrankheit, die durch Rattenkot übertragen wird). Glücklicherweise wurde ein Gegenmittel in einem Forschungszentrum entwickelt, in welches jedoch eingebrochen wurde. Und natürlich hatten es die Einbrecher auf das Gegenmittel abgesehen!
Nach einer kurzen Besprechung im FBI-Hauptquartier und gegenseitiger Vorstellung ging es dann auch schon los. Die beiden Helden starteten ihre Ermittlungen in dem Forschungszentrum, welches jedoch verwüstet und verlassen war. Sie durchsuchten das Gebäude bis hin zum Medikamentenschrank, wo sämtliche Medikamente (auch die besonders wertvollen Betäubungsmittel) mutwillig zerstört auf dem Boden lagen. Nur vom Gegenmittel fehlte jede Spur. Ein paar erfolgreiche Ermittlungsproben später konnten die Spieler dann Fußabdrücke von Militärstiefeln sichern, woraufhin sie anfingen an eine Regierungsverschwörung zu glauben. Mitten in den schönsten Verschwörungstheorien wurden sie dann von einem Wachmann aufgestöbert, den sie erstmal verhafteten und befragten. Er erzählte, dass alles medizinische Personal im Stadtkrankenhaus bei der Behandlung der Kranken half und so erstmal niemand den Einbruch bemerkte. So entschlossen sich die Spieler, als nächstes im Stadtkrankenhaus das Personal zu befragen. Nebenbei stellten sie fest, dass ein seltsamer fauliger Geruch in der Luft lag.
Also war das Stadtkrankenhaus die nächste Station der Ermittler. Ob der zahllosen Infizierten hatte das Personal natürlich nicht viel Zeit, nach einigen Befragungen kam aber heraus dass die ersten Symptome fast zeitgleich mit dem Besuch zweier Archäologen in der Stadt auftraten. Die wären wohl im einzigen Hotel der Stadt abgestiegen und seinen auch lange nicht mehr gesichtet wurden. Also gingen die Ermittlungen dort weiter: In den beiden Hotelzimmern keine Spur von den beiden Archäologen, dafür aber auf dem Computer ein Expeditionstagebuch und eine Landkarte. Beide verwiesen auf eine Insel direkt vor der Küste, auf der es wohl mal ein Indianerdorf gegeben haben muss ehe deren Einwohner durch die Krankheiten der Städter dahingerafft wurden. Und genau dort wollten sie am Tag ihres Verschwindens auch hin…
Mit einem Boot ging es dann auf die Insel, wo die Spieler schnell die Leichen der Archäologen fanden und einige Meter weiter eine Lichtung. Dort hatte eine Indianer-Miliz mehrere Schneekanonen in Richtung der Stadt gerichtet, welche mit Rattenkadavern gefüttert wurden. So gelangten die infektiösen Keime über die Luft in die Stadt. Auch der gestohlene Impfstoff stand in Sichtweite. Da sich die Indianer-Miliz nicht verhaften lassen wollte, folge als Höhepunkt der Geschichte noch eine zünftige Schießerei, aus welcher die Spieler siegreich hervor gingen. Und dann waren auch schon 2 Stunden Spielzeit rum.
Das Feedback der beiden Spieler auf ihr erstes Rollenspielabenteuer war durchaus gut: Andreas zeigte sich gar richtig begeistert, während Anita bemängelte dass es zu viele Ermittlungen und zu wenig Action gab. Für das nächste Mal werde ich da also ein noch „railroad-igeres“ Abenteuer mit mehr Ballereien nehmen. Was sowohl den Spielern als auch mir auffiel war, dass ich die Geschichte nicht ganz konsequent zu Ende gedacht hatte: Eigentlich sollte es ja darum gehen, dass die militanten Indianer sich für die Ausrottung durch Krankheit vor einigen Jahrhunderten rächen wollten. Und zwar, indem sie eben auch mit einer biologischen Waffe angriffen. Bis hierhin war das auch schlüssig, nur warum haben sie dann das Gegenmittel nicht gleich zerstört? Stattdessen solch einen Umstand, die schweren Kisten mit dem Boot auf die Insel mitzuschleppen? Gut, das war erzählerisch notwendig damit die Spieler dann die Infizierten retten können, aber logisch war’s nicht :-(
Auch nicht so gut wie erhofft kam das „Wushu“-System an. Klar, es war wirklich supereinfach zu erklären. Aber obwohl die Spieler es sehr gut benutzten und die Szenen dadurch detailliert beschrieben, fühlten sie sich ein wenig gegängelt: Immerhin wollten sie ja immer unbedingt die größtmögliche Anzahl Würfel haben. Für das nächste Mal denke ich wäre ein anderes System besser, vielleicht „Savage Worlds“? Außerdem fiel mir auf, dass „Wushu“ mit Schießereien auf offenem Feld nicht wirklich Sinn macht, da es darauf hinaus läuft dass jeder Spieler jede Runde sagt „Ich gehe in eine gute Schussposition, ziele genau und schieße dann."! Gefreut habe ich mich dafür aber sehr, dass die Spieler überraschend gut ihre Charaktere ausgespielt haben und konsequent in der Rolle blieben (besonders was ihre Ängste betraf) und auch kreative Lösungen (Zimmer der Verdächtigen verwanzen etc.) brachten.