Mein Besuch auf dem „21. Internationalen Comic-Salon Erlangen“ vor zwei Wochen (Link) hat mir wieder einmal eindringlich verdeutlicht, zu was für großartigen zeichnerischen Leistungen deutsche Comic-Kreative fähig sind. Aber nicht alle schaffen den Durchbruch... Katrin Gal dagegen hat es geschafft, denn ihre vierteilige „Radius“-Reihe erscheint seit einigen Jahren beim „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise auch beim 3. Band ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte). Diese wurde bisher von der deutschsprachigen Blog-Landschaft nahezu euphorisch aufgenommen, auch wenn ich das zumindest beim Auftaktband (Link) noch keineswegs nachvollziehen konnte. Aber schon Band 2 (Link) zeigte definitiv in die richtige Richtung, sodass ich natürlich nach mehreren Jahren Wartezeit sehr gespannt war, ob der dritte Band qualitativ weiter anziehen würde...
 

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Vielleicht noch einmal zu Beginn eine kleine Rekapitulation der bisherigen Geschehnisse: Die Menschheit hat einen neuen Planeten besiedelt, der aber in der Mitte durchgebrochen ist. Auf der oberen Seite leben die arischen Adeligen, aber der unteren das ethnisch diverse Proletariat. Mit einem Virus wollte der Norden den Süden dezimieren, aber am Ende war das eine ziemlich dumme Idee, weil die Überlebenden plötzlich für Cybertechnologie empfänglich waren und daher als Cyborgs eine Rebellion starteten. Aber noch kann sich der Adel in Sicherheit wiegen, denn die Spezialeinheit „Hellhounds“ (wie immer die Besten der Besten der Besten) ballert stur alles nieder, was nicht arisch genug aussieht. Eine solche Mission schlägt dann zu Beginn dieser Comic-Tetralogie aber fehl – Das als Protagonist fungierende Alpha-Team verliert nicht nur einen Mann, der Anführer Tom wird zusätzlich noch schwer verletzt und kommt noch dazu mit einer schwarzen Flüssigkeit in Kontakt. Und diese verändert buchstäblich sein ganzes Leben!
 

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Der dritte Band, diesmal 136 Seiten stark, geht die Sache deutlich ruhiger an. Statt ausufernder Action-Szenen gibt es diesmal viele Hintergrunddialoge, da allerlei Vorgesetzte, Familienmitglieder und sogar konkurrierende Offiziere natürlich den maximalen Nutzen aus der prekären Situation zu ziehen. Viel wird über statt mit dem verletzten Tom gesprochen, was diesem aber ganz gut in den Kram passt, dass er eigentlich selbst nicht so richtig weiß, was mit ihm los ist. Scheinbar hat ihn sein Unfall nämlich genetisch-technisch verbessert, was in so einer cyborgfeindlichen Welt natürlich nicht gern gesehen wird 😜 Mit Hilfe eines befreundeten Rebellen und seiner misstrauischen Teamkollegen Tank macht er sich also auf die Suche nach der Wahrheit - Und die ist natürlich schmutzig und reicht bis in die höchsten Adelsränge.
 

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Reflection“, so der Titel des dritten „Radius“-Bandes, erfindet das Rad nicht neu. Die handelnden Figuren hat man ebenso schon woanders gesehen wie auch die zentralen Plot-Points & Story-Twists. Aber das muss ja kein Makel sein, solange man als Comic-Fan gut unterhalten wird. Und tatsächlich hat mich Katrin Gal wieder bei der Stange gehalten, denn am Ende möchte ja doch wissen, wie der ganze Kram jetzt ausgeht 😉 Zugegebenermaßen ist es aber nicht die Handlung, die mich an der „Radius“-Reihe interessiert. Nein, meine Begeisterung gilt einzig und allein den Zeichnungen – Das ist alles so stylisch, so atmosphärisch, so cool: da kommt richtiges Cyberpunk-Flair auf! Und damit gehört Katrin Gal zu den wenigen Künstlerinnen und Künstlern (andere Beispiele wären Nicola Scott & Stjepan Šejić), bei denen es mir fast egal ist, worum es eigentlich geht, solange es einfach nur gut aussieht. Und damit ist eigentlich auch schon klar, wie meine Schlussworte ausfallen werden, daher springen wir direkt zum...

Fazit: Nein, ich kann auch nach dem dritten Band noch nicht nachvollziehen, warum so viele andere Comic-Bloggende diese SciFi-Cyberpunk-Reihe in den Himmel loben. Aber, und das muss man deutlich anerkennen, seit dem inhaltlich arg schwachen ersten Band geht es mit der Reihe kontinuierlich aufwärts. Der neuste Band „Radius #3 Reflection“ (Link), der deutlich als narrativer Mittelteil erkennbar ist, lässt die Geschichte mit großen Schritten in Richtung Zielgerade voranschreiten und hält damit mein Interesse aufrecht. Zudem sind die Zeichnungen über alle Zweifel erhaben, also sollten SciFi-Fans allein schon aus Comic-Patriotismus zuschlagen 🙂

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