Ein Gespenst geht um in Europa... Okay, bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen: Eigentlich ist es ein Zombie. Und er geht auch nur in meiner Nerd-Bubble herum, dafür aber dort mit ordentlich viel Aufmerksamkeit ;-) Denn die beliebte Buch-Reihe „Zombie Zone Germany“ bekommt ein offizielles Rollenspiel, mit dem man dann selbst vor dem sicheren Tod fliehen kann... Bis zum Release ist es gar nicht mehr lang, daher werden seit einem Jahr auf Cons & Messen fleißig Solospielbuch-Sammelboxen verkauft. Und weil ich mit meiner weltberühmten (Un-)Geschicklichkeit eine solche auf der Leipziger Buchmesse zerstört habe, kam ich vom schlechtem Gewissen geplagt dann nicht umhin, auch eine käuflich zu erwerben. Und weil sich die Buchmesse ja bald jährt, wurde es mal Zeit, die Box auszupacken :-)
Und für knapp 15 € enthält die Box auch ordentlich Material, neben dem Solo-Spielbuch (148 Seiten bzw. 213 Abschnitte) sind 4W20, ein handgeknüpftes Armband, zwei Charakterbögen, verschiedenes Promo-Material und sogar ein Bierdeckel (mit Spielfunktion) enthalten. Das alles in einer Pappbox, bei der ich laut Insider-Informationen nicht der einzige war, dessen Grobmotorik gewütet hat :-P Aber kommen wir mal zum Inhalt: „Zombie Zone Germany“ handelt von einem Deutschland, dass die Grenzen wieder hochgezogen hat. Allerdings nicht, damit keiner mehr rein kommt (Sorry not Sorry an die blau-braunen Idioten), sondern damit keiner mehr raus kommt. Denn 2020 kamen die Zombies – Und wer von denen noch nicht gefressen wurde, darf nun in einem deutschlandweiten Freiluftgefängnis seine Survival-Skills auspacken.
Und hier setzt das Solo-Spielbuch „Der letzte Band“ an: Deutschlands Infrastruktur ist zusammengebrochen, auch das Internet ist noch ein Stückchen schlechter als heutzutage, also gibt es keinerlei Unterhaltung mehr. Darum fangen die Leute wieder an zu lesen, beispielsweise die zwölfteilige Fantasy-Romanreihe „Die Legenden von Eziria“. Größer und besser als „Game of Thrones“, wie das bekannte Vorbild jedoch ohne Abschlussband. Aber weil Literatur für manche eine Sucht ist, der man nachgehen muss, treibt einen die Hoffnung auf den letzten Band (der am Tag des Zombie-Ausbruchs auf einer örtlichen Lesung vorgestellt werden sollte) aus dem Haus. Hinein in eine von (wandelndem) Tod und Verwüstung geschundene Großstadt, bei der hinter jeder Ecke eine Zombie-Horde lauert...
Und dann klappert man nacheinander die entsprechenden Literatur-Hotspots ab (Bibliothek, Buchladen, Nerd-Freundin), bevor man eines von 17 verschiedenen Enden erlebt... Das ist, sind wir mal ehrlich, jetzt nicht unbedingt episch. Aber es ist einerseits unterhaltsam, weil teils überraschend humorvoll und meta-popkulturell geschrieben, und andererseits ein gut verständlicher Einstieg in das „Zombie Zone Germany“-Regelwerk. Denn für einen eigentlich leichtgewichtigen Zombie-Survival-Slasher kommen die Spielregeln recht hartleibig daher: Proben werden mit 3W20 gewürfelt, wobei man die Würfelergebnisse kumuliert, um einen aus drei Attributen kombinierten Zielwert zu unterbieten. Mit Wissen und Spezialfähigkeiten bekommt man Boni, mit dem Moralwert zusätzliche gute oder schlechte Würfel. Auch die gesamten Kampfregeln auszuführen wäre jetzt ein wenig zu umständlich, zumal sie in diesem Solo-Spielbuch bereits abgespeckt wurden; aber mit verschiedenen Trefferzonen und Schadensarten sowie Angriffswerten wie „2/3S+1/3G +W“ wirkte das spielmechanisch alles ein wenig umständlich. Ungefähr so, als würde man DSA spielen :-P Und damit will ich die „Zombie Zone Germany“-Regeln nicht schlechtreden, denn die funktionieren ja gut, aber irgendwie konnte ich dieses humorvoll-leichtgewichtige Horror-Abenteuer nicht in Einklang bringen mit dem ernsthaften, „realistischen“ Regelwerk. Da die Buch-Reihe aber aus den Federn von vielen verschiedenen Schreibenden stammt, gibt es vermutlich nicht wenige Geschichten, die eben genau dieses vom Regelwerk intendierte Spielgefühl vermitteln.
Fazit: Selten war ich über meine Grobmotorik so glücklich ;-) Denn wenn ich die Spielbox am Messe-Stand nicht zerstört hätte, hätte ich sie mir vermutlich nicht gekauft. Aber so habe ich wirklich eine kleine Indie-Perle entdeckt, beziehungsweise das Versprechen auf eine Indie-Perle, denn das Solo-Spielbuch „Der letzte Band“ (Link) ist ja quasi nur eine Demo-Version des bald kommenden Regelwerks. Wer nun auch Interesse hat, muss aber schnell sein, denn von der Sammelbox sind nur noch wenige Exemplare (Stand letzter Woche 13 Stück, Link) vorhanden, die man direkt beim Verlag ordern kann. Zumindest die eigentlichen Solo-Spielbücher wird man aber weiterhin auf Cons & Messen erwerben können. Und das sollte man auch tun, denn für dann knapp 10 € bekommt man einen kurzen, aber guten ersten Eindruck des „Zombie Zone Germany“-Rollenspiels.