Zwei Dinge mag ich besonders: Rollenspiele, klar, aber auch gutes Essen. Wenn man das also miteinander verbinden kann, wie zuletzt etwa bei der großartigen DORP-Rezeptsammlung „Kochen für die Meute“ (Link), dann bin ich Feuer und Flamme 😉 Aber ich bin auch immer leicht skeptisch, denn nicht zum ersten Mal habe ich hier ein Merchandise-Produkt vor mir liegen. Diesmal zum wahnsinnig erfolgreichen D&D-Actualplay „Critical Role“, welches dem Hobby nicht nur einen riesigen Boom bescherte (Link), sondern die Fans auch mit allerlei Comics, Gesellschaftsspielen und sogar einer gerade frisch verlängerten Amazon-Trickfilmserie das Geld aus der Tasche zieht... Ob die 34,90 € für das 194 Seiten starke Hardcover eine gute Investition sind?
Was direkt auffällt: „Rezepte aus Exandria“ ist ein ziemlich hochwertiges Kochbuch. Zahlreiche schmackhafte Essensfotos, ein rustikal-stylisches Design und nicht zuletzt atmosphärische Fluff-Texte (u.a. Rezept-Anekdoten & Regionalbeschreibungen) hinterlassen sofort den Eindruck, dass der „Zauberfeder Verlag“ (der verschiedenste Merchandise-Bücher, auch zum Thema Kochen, im Portfolio hat und der mir zudem dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) hier keine seelenlose Cashcow publizierte, sondern ein Kochbuch triefend vor Herzblut.
Aber bekanntermaßen kommt es ja weniger auf die Präsentation an, sondern vielmehr auf die Rezepte. Davon gibt es 60 Stück (wobei sich manche in verschiedene Teil-Rezepte aufteilen, sodass man je nach Zählweise am Ende ein paar mehr oder weniger hat), welche sich thematisch auf die verschiedenen Regionen von Exandria aufteilen. Geschmacklich ist hier alles dabei, vom süßen Cocktail mit ordentlich Alkohol bis hin zu einem ziemlich dicken Batzen Lachs oder einem fleischigen Orgasmus 😉 Lediglich die Fans von tier(leid)freien Mahlzeiten müssen etwas zurückstecken, aber das war bei Fantasy-Mittelalter-Rezepten, gerade mit einem sehr amerikanischen Einschlag, irgendwie erwartbar. Und wo wir gerade beim „amerikanischen Einschlag“ sind: Vorurteile über die amerikanische Kalorien-Freude gibt es ja zuhauf – Und dieses Kochbuch ist nicht dafür geeignet, diese Vorurteile irgendwie zu entkräften 😜
Denn es gibt nicht wenige Gerichte, bei denen man beim Lesen denkt „Okay, das Rezept ist altbekannt, aber für eine Familienportion noch ein halbes oder ganzes Kilo Käse drüberstreuen hat noch niemandem geschadet!“ – Der Spaghetti-Klassiker „aglio e olio“ bekommt beispielsweise nochmal 360 Gramm Ricotta-Frischkäse obendrauf, die Knoblauch-Pommes werden mit einem halben Pfund Knobi-Mayonnaise verfeinert (generell mag man in Exandria sehr gern Knoblauch, aber das passt, denn ich mag das auch) und der laut Fluff-Text für Vegan-Essenden gedachte Couscous darf sich über 115 Gramm Butter freuen... Aber sind wir ehrlich, Fett ist ja der Geschmacksträger Nummer 1, also sind die Gerichte auch entsprechend lecker! Nicht nur beim Lesen der Rezepte, sondern besonders auch beim Anschauen der Fotografien lief mit vielfach das Wasser im Mund zusammen. Also ab in die Küche!
Das Nachkochen gestaltete sich weitestgehend einfach. Die Rezepte sind Schritt für Schritt solide erklärt, da sollten die meisten Durchschnittsrollenspielenden eigentlich problemlos mithalten können. Etwas einschüchternd ist aber gelegentlich die Zutatenliste, die oft umfangreicher ist, als ich sie von vergleichbaren Nerd-Kochbüchern wie eben „Kochen für die Meute“ gewohnt bin. Das soll prinzipiell kein Kritikpunkt sein, aber durch das Layout beziehungsweise die Unterteilung der Rezepte muss man beim Kochen manchmal mehrfach umblättern, was mit fettigen Kochfingern immer etwas ungünstig ist. Gerade weil man hier ein hochwertiges Hardcover vor sich liegen hat, bei dem jeder Fettfingerabdruck eine Schande ist... Ausgesprochen lobenswert ist dagegen der Zutaten-Index am Ende, welcher zu einer entsprechenden Zutat jeweils die passenden Rezepte angibt. So hab ich etwa die oben genannten Knoblauch-Spaghetti viel schneller gefunden, als wenn ich mich an die teils wilden Fantasy-Rezeptnamen hätte erinnern müssen 😉
Fazit: „Rezepte aus Exandria“ (Link) ist ein gutes Kochbuch, nicht nur für Fans von „Critical Role“ oder allgemein „Dungeons & Dragons“, welches durch seine schöne Präsentation besticht. Während einer Diät sollte man hier aber nicht reingucken, da die Rezepte eher hochkalorisch angelegt sind.