Einer unserer beiden Themenvorschläge beim diesjährigen RPG'n'more-Podwichteln (Link) war ja „Propaganda“ (Link, ca. Minute 73). Und diese gibt es natürlich immer schon im (pop-)kulturellen Bereich, beispielsweise ganz historisch mit dem „Rolandslied“, welches den fehlgeschlagenen Sarazenenfeldzug von Karl dem Großen über 4002 zehnsilbige Verse in 291 Strophen zu einem epischen Vorab-Kreuzzug umgedeutet wurde. Und um genau diesen Sarazenenfeldzug geht es in der zweibändigen Comicreihe „Die Chroniken von Roncesvalles“. Der fränkische König Karl der Große, eigentlich schwer beschäftigt mit der Zwangschristianisierung der Sachsen, erhält im Jahr 777 eine Botschaft aus dem islamisierten Spanien: Die rebellierenden Statthalter mehrerer Städte erbitten ihre Unterstützung beim Aufstand gegen den Emir von Córdoba. Karl, immer begeistert von neuen Möglichkeiten seinen Machtbereich auszudehnen, zieht daher 778 mit zwei Heeren in den Süden. Weit kommen sie nicht, denn der Statthalter von Saragossa hat nun doch keine Lust mehr auf Befreiung a.k.a. Zwangschristianisierung und lässt einfach die Tore zu. Für eine erfolgreiche Belagerung reichen die Vorräte und das Kriegsmaterial nicht aus, doch da kommt Roland eine Idee... Roland steht, so verrät es der Titel dieses Bandes, mit seinen Heldentaten im Vordergrund – Wenn ihn nicht das Rolandslied verklärt hat, dann macht es jetzt auf jeden Fall dieser Comic :-P Dieser ist wieder so ein typisch franko-belgischer Geschichtsschinken, wie man dutzendfach kennt: Die Orte, Personen und Jahre verfliegen quasi im Sekundentakt, ohne dass tiefgründiger auf sie eingegangen wird. Ein (in diesem Fall beeindruckend stilsicherer) Bilderrausch, welcher die nicht-geschichtsbewanderten Lesenden jedoch alleine lässt. Aber wir leben in modernen Zeiten, ein bisschen Wikipedia hilft bereits ungemein weiter ;-) Aber sind wir ehrlich, niemand kauft sich „Die Chroniken von Roncesvalles“ als Geschichtsbuch, sondern weil es einfach wunderhübsch ist und geile Mittelalter-Schlachten bietet – Fans von Zack Snyders Film-Ästhetik, und da zähle ich mich auch zu, wird hier ganz warm im Schlüpper :-P Bereits nächsten Monat erfahren wir, wie das Rolandslied ausgeht, denn schon dann wird der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) den abschließenden zweiten Band veröffentlichen. Mal schauen, ob sich der der Autor & Zeichner Juan Luis Landa eher an diesem propagandistischen Machwerk orientiert oder (darauf deutet es bereits in diesem Band hin) an der historischen Realität... Ich freue mich jedenfalls auf den Abschlussband, denn insgesamt hab ich ein eher positives Fazit für „Die Chroniken von Roncesvalles #1 Die Legende von Roland“ (Link). Klar, man muss sich vorher schon mal bei Wikipedia informieren, um überhaupt zu verstehen was da passiert. Dafür ist das aber der wunderschönste, stilsicherste Mittelalter-Comic seit vielen Jahren!
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